Der Jahresrückblick 2023 der Aichacher Zeitung
Veröffentlicht am 06.02.2023 17:02

„Die Welt, in der wir leben, ist kein Wunschkonzert”

Eduard Oswald   am Kaminfeuer der Jungen Union Aichach-Friedberg zusammen mit ihrem Kreisvorsitzenden Florian Wurzer. 	Foto: Alfred Haas (Foto: Alfred Haas)
Eduard Oswald am Kaminfeuer der Jungen Union Aichach-Friedberg zusammen mit ihrem Kreisvorsitzenden Florian Wurzer. Foto: Alfred Haas (Foto: Alfred Haas)
Eduard Oswald am Kaminfeuer der Jungen Union Aichach-Friedberg zusammen mit ihrem Kreisvorsitzenden Florian Wurzer. Foto: Alfred Haas (Foto: Alfred Haas)
Eduard Oswald am Kaminfeuer der Jungen Union Aichach-Friedberg zusammen mit ihrem Kreisvorsitzenden Florian Wurzer. Foto: Alfred Haas (Foto: Alfred Haas)
Eduard Oswald am Kaminfeuer der Jungen Union Aichach-Friedberg zusammen mit ihrem Kreisvorsitzenden Florian Wurzer. Foto: Alfred Haas (Foto: Alfred Haas)

An die 20 jungen Frauen und Männer waren in Losingers Hofschenke gekommen, um zu hören, was das politische Urgestein der schwäbischen CSU zu sagen hatte. Oswald versprühte Esprit, Witz und Charme, wie eh und je. Er zeigte sich lebhaft und schlagfertig wie in seiner aktiven Zeit als Bundestagsabgeordneter und Minister. Nur die Haare sind heller geworden, viel heller.

Unter die Neugierigen mischte sich auch ein Pärchen, das längst zum fortgeschrittenen Semester gezählt werden darf. Dem Senior in der Besucher-Runde gehörte auch gleich die erste Frage: Er mache sich Sorgen um die Asylpolitik. „Wie soll das nur weitergehen mit den vielen Flüchtlingen?” Oswald meinte: „Die Welt, in der wir leben, ist kein Wunschkonzert”. Die Menschen dränge es nach Freiheit und Wohlstand, „sie im Mittelmeer ertrinken zu lassen, kann ich mit meinem christlichen Glauben nicht verantworten”. Man müsse die Lebensbedingungen der Flüchtlinge dort verbessern, wo sie leben. „Sonst kommen sie unaufhörlich.”

Das Problem sei nur gesamteuropäisch zu lösen und nicht von heute auf morgen. Oswald wusste, dass die Antwort den Fragesteller nicht befriedigen würde und sagte das auch. Aber: „Im Mittelpunkt steht der Mensch.”

Natürlich fehlte das Thema Ukraine-Krieg nicht. Ein junger Mann wollte wissen, wie Oswald das Risiko einschätze, dass Russland auch Deutschland angreift. Da sah Oswald keine Gefahr, „so lange zwischen den Partnern Einverständnis herrscht”. Ein anderer junger Mann fragte nach, ob Russland unter Umständen auch atomare Waffen einsetzen werde. Auch das bezweifelte Oswald stark. „Ich setze sehr darauf, dass die Chinesen Russland klar gemacht haben: ,Finger weg von Atomwaffen.'” Der Ukraine-Konflikt sei seiner Ansicht nach nicht auf dem Schlachtfeld zu lösen, sondern in Friedensgesprächen. Was die Waffenlieferungen betrifft, stehe er voll hinter Bundeskanzler Olaf Scholz. „Was kann die Gesellschaft tun, damit sie nicht die verliert, die am Rande stehen?”, fragte eine junge Frau. „Die Zehn Gebote haben uns schon mal gerettet. Ohne sie gäbe es Mord und Totschlag”, betonte Oswald, bekennender Katholik. Es seien die Werte, die eine Gesellschaft zusammenhalte.

Die zehn Gebote

Beim Thema Mobilfunk und schnelles Internet räumte Oswald ein, dass Deutschland viel Zeit verschlafen habe. Aber jetzt müsse man den Fuß aufs Gaspedal setzen und nicht mehr runternehmen. Um die Wohnungskrise lösen zu können, müsse man in erster Linie die Baukosten senken und die Mieten stabil halten.

Ob Wehrpflicht oder soziale Medien, viele Themen wurden angesprochen. Nur das Thema Umweltschutz scheint bei der Jungen Union keine größere Rolle zu spielen. Zumindest gab es keine einzige Frage aus diesem Bereich. Und Oswald stand immerhin knapp zwei Stunden Rede und Antwort.

Leidenschaftlich wurde er bei einer der letzten Fragen. „Sie haben viele Menschen kennengelernt, wen bewundern Sie am meisten?” Oswald musste nicht lange überlegen: „Konrad Adenauer hat mich geprägt, Helmut Kohl hat mich beeindruckt”, kam es sofort. Adenauer sei es gelungen, Deutschland, nachdem es am Boden lag, wieder in die normalen Völker der Erde zu integrieren, und Helmut Kohl habe die Politik menschlich gemacht. Ohne Kohl hätte es die Wiedervereinigung, so wie sie gekommen ist, nicht gegeben. Und natürlich Theo Waigel, der dritte im Bunde und sein persönlicher Freund. „Politik ist das Spannendste, was es gibt. Man ist einfach immer mittendrin”, machte Oswald deutlich. Aber auch, dass Politik ein garstig Lied sei und ihm viele schlaflose Nächte gekostet habe. Trotzdem forderte er die jungen Menschen auf: „Machen Sie mit, mischen Sie sich ein, nur dann darf man mitreden und kritisieren.” Wiederholt betonte er: „Politik ist nur so gut wie die Menschen, die in der Politik mitmachen.”

Oswald bedankte sich bei den jungen Menschen, dass sie sich engagieren. „Als 75-jähriger Opa darf ich das.” Die Jugend brauche eine Chance, und Oswald gibt sie ihnen. Mit viel Applaus und einer Flasche Rotwein wurde der Politiker im Unruhestand verabschiedet. Eduard Oswald, Jahrgang 1947, trat 1966 in die CSU ein. Mit 24 Jahren wurde er Bayerns jüngster Kreisvorsitzender. Von 1972 bis 1998 gehörte er dem Kreistag im Landkreis Augsburg an. Von 1978 bis 1986 war er im Bayerischen Landtag. Von 1987 bis 2013 gehörte er dem Deutschen Bundestag an. In dieser Zeit leitete er unter anderem den Verkehrs- und Finanzausschuss. 1998, zum Ende der Ära Kohl, war er für einige Monate Bundesminister für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau. 2011 wurde Oswald zum Bundestagsvizepräsidenten gewählt. Das blieb er bis zu seinem Ausscheiden 2013. al

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