Der Jahresrückblick 2023 der Aichacher Zeitung
Veröffentlicht am 19.01.2023 14:55

Das Leben-und-leben-lassen-Prinzip

"Der Versuch ist nicht gescheitert": Thomas Kaeuffer, Biberbeauftragter am Landratsamt in Aichach, ist sicher, dass man die Rohrkonstruktion am Bahngraben in Unterschneitbach mit etwas Pflegeaufwand wieder nutzbar machen kann. Zwei Abflussrohre im Damm dienen eigentlich als Überlauf, der dafür sorgt, dass eine gewisse Stauhöhe nicht überschritten wird. Im konkreten Fall ist nun einer der Abflüsse verstopft, so dass sich wieder ein See gebildet hat. (Foto: Robert Edler)
"Der Versuch ist nicht gescheitert": Thomas Kaeuffer, Biberbeauftragter am Landratsamt in Aichach, ist sicher, dass man die Rohrkonstruktion am Bahngraben in Unterschneitbach mit etwas Pflegeaufwand wieder nutzbar machen kann. Zwei Abflussrohre im Damm dienen eigentlich als Überlauf, der dafür sorgt, dass eine gewisse Stauhöhe nicht überschritten wird. Im konkreten Fall ist nun einer der Abflüsse verstopft, so dass sich wieder ein See gebildet hat. (Foto: Robert Edler)
"Der Versuch ist nicht gescheitert": Thomas Kaeuffer, Biberbeauftragter am Landratsamt in Aichach, ist sicher, dass man die Rohrkonstruktion am Bahngraben in Unterschneitbach mit etwas Pflegeaufwand wieder nutzbar machen kann. Zwei Abflussrohre im Damm dienen eigentlich als Überlauf, der dafür sorgt, dass eine gewisse Stauhöhe nicht überschritten wird. Im konkreten Fall ist nun einer der Abflüsse verstopft, so dass sich wieder ein See gebildet hat. (Foto: Robert Edler)
"Der Versuch ist nicht gescheitert": Thomas Kaeuffer, Biberbeauftragter am Landratsamt in Aichach, ist sicher, dass man die Rohrkonstruktion am Bahngraben in Unterschneitbach mit etwas Pflegeaufwand wieder nutzbar machen kann. Zwei Abflussrohre im Damm dienen eigentlich als Überlauf, der dafür sorgt, dass eine gewisse Stauhöhe nicht überschritten wird. Im konkreten Fall ist nun einer der Abflüsse verstopft, so dass sich wieder ein See gebildet hat. (Foto: Robert Edler)
"Der Versuch ist nicht gescheitert": Thomas Kaeuffer, Biberbeauftragter am Landratsamt in Aichach, ist sicher, dass man die Rohrkonstruktion am Bahngraben in Unterschneitbach mit etwas Pflegeaufwand wieder nutzbar machen kann. Zwei Abflussrohre im Damm dienen eigentlich als Überlauf, der dafür sorgt, dass eine gewisse Stauhöhe nicht überschritten wird. Im konkreten Fall ist nun einer der Abflüsse verstopft, so dass sich wieder ein See gebildet hat. (Foto: Robert Edler)

Würde Bernhard Grzimek noch leben, so würde er den Biber sicherlich als possierlichen Nager betiteln. Ist er ja eigentlich auch, der Castor fiber. Immer wieder ist es auch im Wittelsbacher Land allerdings mit der Possierlichkeit vorbei. Das hat damit zu tun, dass der Bursche nach seiner Wiederansiedelung in den 1960er Jahren einfach nicht nur da sein wollte, sondern sofort damit begann, seinen neuen Lebensraum selbst zu gestalten.

Eindrucksvoll sind seine stattlichen Biberburgen, in denen er mit seiner Familie lebt. Manchmal bezieht der Nager auch selbst gegrabene Röhren im Uferbereich. "Mit kunstvoll erbauten Dämmen staut er das Wasser schließlich so auf, dass die Eingänge seiner Wohnbauten stets unter Wasser liegen. Davon profitieren zahlreiche Arten, die ihren Lebensraum in den durch den Biber renaturierten Auen finden." So beschreibt der Bund Naturschutz den effektiven und schlauen Baumeister mit den scharfen Zähnen. Spricht man indes mit Landwirten, so hört sich der Spaß im Zusammenleben mit dem pelzigen Vegetarier schnell auf. Etwa, wenn er durch einen seiner Dämme eine Wiese unter Wasser setzt oder ein Bulldog im unterhöhlten Uferbereich einbricht. Dann sind Menschen wie Thomas Kaeuffer gefragt. Der Biberbeauftragte am Landratsamt in Aichach versucht zu vermitteln und Lösungsvorschläge zu erarbeiten. Sein Prinzip: Leben und leben lassen!

Das liegt auch auf der Hand. Denn überall dort, wo man einen Biber "entnimmt", wie es in der Fachsprache so schön heißt, kommt mit größter Wahrscheinlichkeit und vor allen Dingen schnell ein Nachfolger das Flüsschen oder den Graben heraufgeschwommen. Das liegt in der Natur der Sache. Bibereltern bringen zwei bis drei Junge pro Jahr zu Welt, maximal zwei Jahrgänge leben in der gemeinsamen Biberburg. Danach ist Schluss mit lustig, "Nesthockerei" kennt Castor fiber nicht. Dann muss der Nachwuchs die warme Stube verlassen und sich selbst ein Revier suchen. Basta! So gesehen sollte man sich mit den Nachbarn arrangieren. Nur in Ausnahmefällen erteilt Kaeuffer "Entnahmegenehmigungen", an die 30 Stück sind es dennoch im Schnitt pro Jahr im Wittelsbacher Land. Doch auch die Biberfalle will betreut werden und muss erst mal erfolgreich sein. Vergangenes Jahr wurden nur knapp 20 Baumeister "entnommen".

Wie viele Biber derzeit in Aichach-Friedberg leben, ist nicht exakt bekannt. Die letzte Kartierung war bereits 2010, damals zählte man rund 100 Familien. Im Schnitt rechnet man mit 3,3 Tieren pro Familie, so dass es an die 350 Biber sein dürften, die hierzulande an ihren Burgen basteln. Recht viel dürfte sich nämlich nicht verändert haben, schätzt Thomas Käeuffer, zumal es halt nun mal nur eine begrenzte Anzahl an Revieren gibt. Dennoch sei man gerade dabei, eine neue Kartierung vorzubereiten, um wieder genau über Standorte und Population Bescheid zu wissen.

Zurück zum "Zusammenleben" zwischen Mensch und Biber. Meist klappt es auch mit den notwendigen Kompromissen auf beiden Seiten. Kommt die "Entnahme" nicht in Frage oder wird nicht bewilligt, bleiben eigentlich nur noch zwei Optionen: Erstens, man entfernt den Biberdamm, was allerdings Geld kostet – und zwar in regelmäßigen Abständen, da Castor fiber umgehend versucht, den Eingang in seine Burg wieder unter Wasser zu setzen. Sprich: Der Dammbau beginnt sofort von vorne. Nun zur zweiten Variante, die zwar auch Geld kostet, aber den Charme hat, für einen längeren Zeitraum zu funktionieren. Ohne Betreuung kommt aber auch sie nicht aus, wie sich derzeit in Unterschneitbach zeigt:

Am dortigen Bahngraben wurden im Frühjahr vergangenen Jahres in Absprache mit Thomas Kaeuffer und Gerhard Schwab, dem Bibermanager für Südbayern, Abflussrohre im Biberdamm versenkt. Eine Art Überlauf, der dafür sorgen soll, dass dem Baumeister zwar noch genug Bautiefe bleibt und er damit sein "Haus" weiter bewohnen kann, aber eine gewisse Stauhöhe mit all ihren unterwünschten Folgen für die angrenzenden Felder nicht überschritten wird. So wäre beiden Seiten geholfen.

Der Mensch darf dabei nicht übertreiben. Provoziert man den pelzigen Kollegen zu sehr mit einem zu groß dimensionierten Ablauf, baut er eben ein Stück flussabwärts einen neuen Damm, und der gut gemeinte Lösungsversuch wird buchstäblich zum Rohrkrepierer. Am Schneitbacher Bahngraben funktionierte es lange Zeit ganz gut, inzwischen staut sich das Wasser aber wieder weit zurück. Der kleine "See" wurde längst von Enten in Beschlag genommen, in einer angrenzenden Wiese steht schon etwas Wasser. Ist der Versuch damit gescheitert?

"Nein", sagt Thomas Kaeuffer. Ursache der anwachsenden Stauhöhe ist ganz offensichtlich ein verstopftes Abflussrohr. Das wurde zwar am Zulauf mit einem Gitter vor heranschwimmenden Ästen oder anderen "Fremdkörpern" geschützt, doch irgendwann bleibt halt doch etwas hängen. Oder Castor fiber hat Wind von der Hinterlist bekommen und den Zulauf selbst mit Schlamm und Geäst verstopft. Zumal direkt an der Biberburg auch noch der Mühlengraben in den Bahndamm mündet, kommt so schnell viel Wasser zusammen. Der Experte des Landratsamts ist überzeugt, dass mit etwas Nachjustierung der gewünschte Zustand aber wieder herzustellen sein wird.

Dazu wird Kaeuffer nun die Bahn anschreiben und zum Handeln auffordern. Die Bahn nämlich ist für den Gewässerunterhalt zuständig. Sagt das Wasserwirtschaftsamt. Das ergibt sich aus der Tatsache, dass der Graben einstmals im Zusammenhang mit dem Bau der Paartalbahn angelegt worden war. Bei der Bahn ist man darüber alles andere als erfreut und würde gerne die Stadt ins Boot holen. Die ist zwar für die Brücken in diesem Bereich zuständig, nicht aber für das Wasser darunter. Der Bahngraben selbst befindet sich übrigens in Privatbesitz. Eine komplexe Ausgangslage, die der Biber sicher lustig finden würde.

Neben Unterschneitbach wird das Rohr-Konzept derzeit noch in Eisingersdorf und am Schloss in Pichl eingesetzt. In Pichl klappe es gut, erklärt Thomas Kaeuffer, in Eisingersdorf gibt es indes Probleme (siehe eigenen Bericht). Planungen für weitere Versuche gibt es momentan in Schmiechen und ganz aktuell in Pöttmes. Dort schaute sich Bayerns Biberfachmann Gerhard Schwab kürzlich die Situation an den Krautgärten und der St-Anna-Straße an und empfahl ebenfalls den Rohr-Überlauf.

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