Der Jahresrückblick 2023 der Aichacher Zeitung
Veröffentlicht am 25.10.2022 15:48

Wirbel um Haltungsverbot für Hunde

Die Stadt Aichach hat vergangene Woche einer Landwirtin 35 Pyrenäenberghunde weggenommen und sie in die Obhut des Neuburger Tierheims gegeben (wir berichteten). Der Fall schlägt Wellen: Inzwischen gibt es eine Online-Petition, die die Rückgabe der Hunde fordert, überregionale Medien haben die Berichterstattung aufgegriffen und in Zuschriften werden Tierheim, Stadt und Medien heftig attackiert.

Die Hundehalterin und ihr Lebensgefährte betreiben ein landwirtschaftliches Anwesen. Mehrere Male sind beide wegen Missständen bei der Tierhaltung vor Gericht gestanden. Gegen den Mann wurde inzwischen ein Haltungsverbot von Rindern und Schafen ausgesprochen. Wegen der Hunde war das Paar zuletzt im Juli vor dem Augsburger Verwaltungsgericht, weil einer von ihnen ein Pony attackiert und verletzt haben soll. In der Verhandlung hatte ein Mitarbeiter des Landratsamts erklärt, dass besagter Hof der einzige im Landkreis Aichach-Friedberg sei, den man nur unter Polizeischutz betreten würde. Zur Überprüfung des Tierwohls auf ihrem Grundstück sei die Behörde sogar gezwungen, Drohnen einzusetzen. Der Landwirt habe nämlich gedroht, die Hunde auf die Mitarbeiter des Landratsamts zu hetzen. In einem anderen Verfahren hat die Stadt Aichach das Hundehaltungsverbot wegen nicht artgerechter Tierhaltung durchgesetzt, das nun vollzogen wurde. In der Bild-Zeitung behauptet die Halterin hingegen, sie habe im April eine Anordnung erhalten, die die Hunde sofort abzuschaffen und dagegen Einspruch eingelegt. Danach habe sie nichts mehr von den Behörden gehört. Zu den Gründen für das Tierhaltungsverbot hinsichtlich der Hunde will sich die Stadt Aichach aus Datenschutzgründen nicht äußern. Die Polizei bestätigt, dass man sich gewaltsam Zutritt verschaffen musste, weil das Paar sich weigerte die Tür zu öffnen.

Im Bericht der AICHACHER ZEITUNG über die Abholung der Hunde wird Neuburgs Tierheim-Leiter, Gerhard Schmidt, mit der Aussage zitiert, Herdenschutzhunde hätten in Deutschland nichts zu suchen. Obwohl ein Sturm der Entrüstung die Folge war, bleibt er bei seiner Aussage. Das liege daran, dass bei den Tieren der Schutztrieb im Vordergrund stehe und die Sozialisierung von Geburt an richtig erfolgen müsse. Wenn ein solcher Herdenschutzhund in seinem natürlichen Lebensraum lebe und arbeite, sei das kein Problem. Aber hierzulande würden die Menschen - etwa Spaziergänger - die Gefahr, die vom Wachtrieb der Hunde ausgehe, nicht kennen. Deshalb hält es auch einen Einsatz zum Schutz vor Wölfen für eine schlechte Idee. Dabei hat Gerhard Schmidt nichts gegen die Tiere, im Gegenteil: "Sie sind charakterstark und unbestechlich, das sind tolle Tiere. Und die Gefahr liegt nicht in einer Aggression der Tiere, sondern nur in ihrem Schutzverhalten." Nach 30 Jahren Arbeit in einem der größten Tierheime des Landes will sich Gerhard Schmidt seine Expertise nicht streitig machen lassen. Aktuell leben vier verschiedene Herdenschutzhunderassen im Neuburger Tierheim.

Die Hunde aus Aichach sind dort in Gruppen zu vier bis fünf Hunden auf einem Gehege von je 2000 Quadratmetern untergebracht. Die beiden Mütter und ihre Welpen befinden sich je gesondert in kleineren Einheiten. Wie berichtet, geht es den Tieren gut, weder körperliche noch psychische Auffälligkeiten wurden bislang bemerkt. Schmidt war eher überrascht, wie freundlich die die Tiere bei der Abholung waren - eher ungewöhnlich für Herdenschutzhunde, wie er berichtet.

Eine Online-Petition fordert derweil nicht nur die Rückgabe der Tiere, sondern auch eine "Entschuldigung der zuständigen Ämter wegen unangemessenen Verhaltens" und "die Unterbindung von Falschinformationen über den Charakter von Pyrenäenberghunden von Seiten Gerhard Schmidts, Vorsitzender des Tierschutzvereins von Neuburg-Schrobenhausen". Rund 4570 Menschen hatten die Petition bis gestern Nachmittag unterzeichnet.

Ein Interview mit einer Hundetrainerin sowie Reaktionen auf die bisherige Berichterstattung auf Seite 19.

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