Denn der BC Aichach war zu Beginn der 1980er-Jahre mit einem Mal in der Versenkung verschwunden. 1981 stieg er zum dritten Mal aus der Landesliga Süd ab. In der darauffolgenden Saison gelang es ihm nicht, wie noch 1977, den Betriebsunfall sofort zu korrigieren. Im Gegenteil. Nach einem Entscheidungsspiel-Marathon gegen den Abstieg aus der Bezirksliga Nord wurde der BCA sogar in die damalige A-Klasse Ost durchgereicht; und besonders schmerzhaft für das Aichacher Selbstverständnis in jener Zeit: Der TSV Aindling hatte den BCA mit seinem Landesliga-Aufstieg 1982 als Nummer eins in der Region abgelöst. Und auch in der A-Klasse Ost musste der BCA eine Ehrenrunde drehen, wieder wurde es nichts mit dem sofortigen Wiederaufstieg. Als Vizemeister hinter dem TSV Pöttmes scheiterten die Paarstädter gleich im ersten Entscheidungsspiel am SSV Höchstädt. „In dieser Saison hat es von Anfang an nicht gepasst”, erinnert sich der damalige Spielführer Richard Baumann an die Runde 1982/83. In der Winterpause erfolgte auf der Kommandobrücke die entscheidende Korrektur: Horst Pohl löste Robert Schäffer als Trainer ab. Pohls Verpflichtung als Spielertrainer, obwohl dieser damals schon fast 39 Jahre alt war, war ein Riesencoup des im September 2018 verstorbenen damaligen Fußballchefs Tom Michl. Der Unterschleißheimer war zu jener Zeit einer der begehrtesten Trainer in Südbayern. Und obendrein auch noch ein herausragender Fußballer. Der heute 76-Jährige war 18-facher Amateurnationalspieler und kickte bei seinem Heimatverein Wacker München in der damals zweitklassigen Regionalliga Süd sowie in der Bayernliga. „Er war ein Glücksfall für den BCA. Er war der beste Trainer, den man in dieser Zeit bekommen konnte”, sagt Rudi Tauber. Der Torhüter spielte unter Pohl auch noch bei dessen zweitem seiner insgesamt drei Aichacher Trainer-Engagements. „Es war sagenhaft, was er für ein Ballgefühl hatte. Das hatte von uns keiner. Er streichelte den Ball”, schwärmt Baumann, 63, noch heute über Pohls fußballerische Fähigkeiten. Und auch Jung, der nach einem dreieinhalbjährigen Abstecher nach Klingen in der Winterpause 1981/82 zurückkehrte und nach halbjähriger Sperre erst zur neuen Runde ran durfte, ist noch heute von Pohl angetan: „Ein überragender Mann und ein guter Fußballer.” Und Tauber fügt noch an: „Er hätte ohne Weiteres Bundesliga spielen können.” Auch seine Fähigkeiten als Trainer lobten seine damaligen Schützlinge. „Er konnte uns motivieren und mitreißen”, erinnert sich Tauber - und Baumann ergänzt: „Er konnte den Spielern ja auch etwas zeigen.” Doch Pohl brachte den Aichachern nicht nur das Fußballspielen, sondern auch das Watten bei. „Er war unser Wattkönig”, sagt Baumann schmunzelnd. Komplimente, die Pohl gerne zurückgibt: „Das waren alle sehr willige Spieler, die zusammengehalten haben und mit dem Herz dabei waren.” Doch zunächst musste der BCA mit einer zweiten Saison in der A-Klasse Ost vorliebnehmen, nachdem er am drittletzten Spieltag in Aresing eine 1:2-Niederlage kassiert hatte und von Pöttmes an der Tabellenspitze abgelöst worden war. Doch diese Pleite am 15. Mai 1983 sollte dann für fast exakt eineinhalb Jahre die letzte in einem Punktspiel gewesen sein. Zur zweiten A-Klassen-Saison kam mit Torjäger Udo Süß vom damaligen Bayernligisten Schwaben Augsburg das nächste Mosaiksteinchen für das Unternehmen Aufstieg. Es begann ein Siegeszug durch die A-Klasse Ost, der bis heute seinesgleichen sucht. Nur drei Punkte gaben die Aichacher in der gesamten Saison ab (zwei Unentschieden gegen Kühbach, eines gegen Adelzhausen) - wurden mit 53:3 Punkten und 103:24 Toren mit großem Abstand Meister vor dem SV Grasheim (19 Zähler Rückstand). Und schon nach dem ersten Jahr amortisierte sich Süß' Verpflichtung, der mit 29 Treffern Torschützenkönig der A-Klasse Ost wurde. In der Bezirksliga Nord setzte sich der Siegeszug nahtlos fort, der Ballspiel-Club startete mit sieben Erfolgen am Stück. Er schien der Konkurrenz zu enteilen, hatte nach 13 Runden sieben Zähler Vorsprung auf die Verfolger aus Lauingen und Ichenhausen. Doch dann kam der 11. November 1984. In Aichach dachte man wohl zunächst an einem schlechten Faschingsscherz, dass die Fabelserie ausgerechnet beim damals Tabellenvorletzten FC Augsburg 2 zu Ende gehen sollte. 43 Punktspiele am Stück blieben Pohls Schützlinge unbesiegt, dann verloren sie an jenem Sonntagvormittag 0:2 auf der Sportanlage Nord an der Donauwörther Straße. „Wer eine so katastrophale Leistung bringt, der verliert eben!”, schimpfte seinerzeit Michl in der Aichacher Zeitung. Eine Woche später stand das Vorrundenfinale und Schlagerspiel gegen den Tabellenzweiten Lauingen an: 800 Zuschauer sahen ein 1:1, Torschütze zum Ausgleich: Horst Pohl. Mit fünf Punkten Vorsprung ging Aichach in die Winterpause - und auch im neuen Jahr ging's planmäßig weiter. Ende März hatte der BCA bei noch neun ausstehenden Partien sieben Punkte Vorsprung - das Comeback in der Landesliga Süd war zum Greifen nahe. Doch mit einem Mal war's mit der Herrlichkeit vorbei. „Wir hatten ein paar Verletzte und Lauingen gewann jetzt ein Spiel nach dem anderen”, erinnert sich Pohl. Tauber fehlte wegen eines Rippenbruchs fast die komplette Frühjahrsrunde. „Wir haben einfach das Nervenflattern bekommen”, so Jung. Von sieben Spielen gewannen die Aichacher gerade mal eines - und das in der entscheidenden Phase. An das 1:0 in Klingsmoos hat vor allem Jung noch allerbeste Erinnerungen, aber nicht etwa, weil er das Siegtor geschossen hatte (das köpfte Baumann), sondern weil ihn Pohl nach 35 Minuten vom Feld holte. „Ich dachte mir: Spinnt er jetzt, ich habe doch bis dahin gar nicht so schlecht gespielt”, erzählt Jung. „Bei dir zu Hause brennt es”, erklärte Pohl seinem verdutzen Angreifer, der noch in den Fußballklamotten mit Ehefrau Christine und Töchterchen Daniela heim nach Untergriesbach düste. Dort wartete die Feuerwehr schon auf ihn, die aber den Brand bereits gelöscht hatte. Es war ein Schwelbrand im Keller, ausgelöst durch einen Holzofen. Glücklicherweise griff das Feuer nicht auf die Wohnräume über. Heute kann der 62-Jährige über diese Anekdote lachen, nachdem der Brand glimpflich abgegangen war. Doch dafür war beim BCA sprichwörtlich Feuer unterm Dach. Nach dem 2:4 am drittletzten Spieltag in Thannhausen war der Vorsprung endgültig aufgebraucht, die Lauinger und die Aichacher waren jetzt punktgleich. Aber immerhin bekamen Letztere wieder die Kurve, im Gleichschritt ging's Richtung Saisonfinale am 2. Juni 1985. Ein markantes Datum in der Vereinsgeschichte des 103 Jahre alten Aichacher Traditionsvereins. Jeder, der sich seinerzeit für den Amateurfußball interessierte, machte sich an jenem Sonntag auf den Weg nach Lauingen. Aus Aichach pilgerte gar eine zehnköpfige Gruppe der BCA-Kegler per Fuß Richtung Donau. Aber auch so fuhren aus dem Landkreis viele fußballbegeisterte Menschen nach Lauingen - schließlich wollten 3500 Zuschauer im Auwaldstadion das „Endspiel” um die Meisterschaft in der Bezirksliga Nord sehen. Eine Wahnsinnskulisse! „Eigentlich waren wir chancenlos”, sagt Jung. Denn der Trend der vorangegangenen Wochen sprach für die bis dahin acht Mal in Serie unbesiegten Lauinger (sieben Siege, ein Remis). So dachte man wohl auch an der Donau. Die Aichacher staunten nicht schlecht, als sie in Lauingen eintrafen und dort im Sportheim schon alles für die Meister- und Aufstiegsfeier vorbereitet wurde. Im Spiel selbst waren die Gastgeber dann auch die bessere Mannschaft. „Da haben wir schon Glück gehabt, Lauingen hätte auch einen Elfmeter bekommen können”, räumt Pohl auch noch 35 Jahre später ein. Aber der BCA hatte an diesem Tag einen überragenden Torhüter. „Das war nicht ganz schlecht”, sagt Tauber in aller Bescheidenheit. Der heute 56-Jährige brachte die Gelb-Schwarzen mit seinen Paraden „schier zur Verzweiflung”, wie die Donau-Zeitung berichtete. „Der Rudi hat alles rausgeholt. Er war der überragende Mann”, fügt Jung hinzu. Es war eine regelrechte Abwehrschlacht - bis der BCA in der 80. Minute den entscheidenden Konter setzte. Peter Bayerl schickte Jung auf die Reise. Dem ist bis dahin eigentlich gar nichts gelungen. „Aber der Trainer hatte ein glückliches Händchen, dass er mich drin gelassen hatte”, sagt Jung schmunzelnd. Irgendwie spitzelte er den Ball mit seinem schwächeren linken Fuß über Lauingens Keeper Norbert Fischer, der noch mit den Händen leicht dran war, zum 1:0-Siegtreffer ins Tor - und das in Unterzahl, weil Alfred Bichlmaier, mit zehn Toren erfolgreichster Aichacher Schütze dieser Saison, gerade eine Zeitstrafe verbüßte. Der BCA war wieder in der Landesliga. „Über die gesamte Saison gesehen war der Aufstieg dann schon verdient”, sagt Pohl - der noch zwei weitere Jahre Spielertrainer des BCA blieb. Jung spielte noch ein Jahr in der Viertklassigkeit, ehe er dann für drei Saisonen Spielertrainer in Oberbernbach wurde. Baumann wechselte nach dem Landesliga-Aufstieg für eine Saison als Spielertrainer nach Stätzling, um ein Jahr später in die Paarstadt zurückzukehren. Und Tauber? Er spielte nur für den BC Aichach, war von 1982 bis zu seinem Karriereende 1999 die unumstrittene Nummer eins im Aichacher Kasten und bestritt auch die meisten Punktspiele für die „Erste” des Ballspiel-Clubs. Tauber über Pohl: „Er war ein Glücksfall für den BCA” „Spinnt er jetzt?”, so Jung bei seiner Auswechslung Lauingen hatte schon alles für die Meisterfeier vorbereitet