Der Jahresrückblick 2023 der Aichacher Zeitung
Veröffentlicht am 13.04.2020 14:59

„Einigen werden jetzt die Augen geöffnet”

An Fußballplätzen daheim:   Michael Koppold, hier mit dem ehemaligen Pipinsried-Trainer Manfred Bender und FCP-Anwalt Reinhard Höß (von links). 	Foto: Horst Kramer (Foto: Horst Kramer)
An Fußballplätzen daheim: Michael Koppold, hier mit dem ehemaligen Pipinsried-Trainer Manfred Bender und FCP-Anwalt Reinhard Höß (von links). Foto: Horst Kramer (Foto: Horst Kramer)
An Fußballplätzen daheim: Michael Koppold, hier mit dem ehemaligen Pipinsried-Trainer Manfred Bender und FCP-Anwalt Reinhard Höß (von links). Foto: Horst Kramer (Foto: Horst Kramer)
An Fußballplätzen daheim: Michael Koppold, hier mit dem ehemaligen Pipinsried-Trainer Manfred Bender und FCP-Anwalt Reinhard Höß (von links). Foto: Horst Kramer (Foto: Horst Kramer)
An Fußballplätzen daheim: Michael Koppold, hier mit dem ehemaligen Pipinsried-Trainer Manfred Bender und FCP-Anwalt Reinhard Höß (von links). Foto: Horst Kramer (Foto: Horst Kramer)

Seit 1982 ist er im Geschäft, arbeitete für den VfB Stuttgart und den SC Freiburg, war für diverse Spielerberater tätig und machte ab 2004 sein eigenes Ding. Zu sehr habe es ihm an Ehrlichkeit und Fairness in der Branche gemangelt. Koppold setzt, das betont er immer wieder, auf diese Werte und auf Nähe zu den Spielern, die er betreut. In Zeiten der Corona-Krise ist dieser Faktor seiner Arbeit stark eingeschränkt. Koppold vermisst das. Und so vieles mehr. „Fußball ist mein Leben”, sagt er. Und der findet eben nicht am Telefon statt, sondern dort, wo sich der Geruch des Rasens mit dem des Grillstands vermengt, wo Spieler „Leo” rufen und Kiebitze über offenbar fußlahme Verteidiger schimpfen. „Die Jungs dabei beobachten, wie sie mit Feuereifer Fußball spielen, und mir hinterher eine schöne Grillwurst gönnen - das geht mir gewaltig ab”, seufzt Koppold. „Ich bin kein Büromensch.”

Momentan, erzählt er, sei er vor allen Dingen psychologisch gefragt. „Ich muss Leute beruhigen, meine Jungs bei Laune halten”, beschreibt er. Seine Jungs, so nennt Koppold, der sein eigenes Alter mit „über 60” angibt, die Fußballer, die er berät. Darunter sind 1860-Angreifer Stefan Lex, der heutige Fernsehexperte und U 15-Trainer der Frankfurter Eintracht Thomas Broich, der ehemalige 1860-Coach Daniel Bierofka oder der derzeit von Wolfsburg an den FCA verliehene Felix Udoukhai. Gehaltsverzicht und Kurzarbeit trafen in der Corona-Krise auch Koppolds Kicker - von der Bundes- bis runter in die Regionalliga. „Meine Jungs haben ohne zu murren auf einen Prozentsatz ihres Gehalts verzichtet”, sagt der Spielervermittler. „Selbst die, die nur 250 Euro im Monat bekommen, haben auf einen Fünfziger verzichtet.”

Allerdings spürte er bei den Spielern auch die Verunsicherung: Wann und wie geht es weiter, wie überbrückt man die Pause? Wieder andere waren enttäuscht bis frustriert, dass nicht mehr gespielt werden kann. Fußballer des Regionalliga-Spitzenreiters Türkgücü München etwa oder Spieler, die mit dem FC Pipinsried die Bayernliga kaum mehr einholbar anführen. Koppold macht dann das, was er eben gerade machen kann: beruhigen und bei Laune halten. „Und darauf hinweisen, dass sie selbstständig etwas für ihre Fitness tun müssen”, merkt er an.

Freilich denken gerade viele Akteure, die vom Fußball leben, über die Zukunft nach. Wie sehen Gehälter nach der Krise aus, wie stark reduzieren Klubs möglicherweise ihre kickende Belegschaft? „Ich glaube, dass der eine oder andere, der bisher in Sachen Vertrag gepokert hat, ein Riesenproblem kriegt”, lässt sich Koppold vernehmen. Deshalb sei er froh, dass der von ihm betreute Lex rechtzeitig einen neuen Vertrag bei den Münchner „Löwen” unterzeichnet hat.

Koppold sagt aber gleichzeitig, dass die Fußballer auf hohem Niveau jammern. „Was sollen denn zum Beispiel die Wirte sagen? Die tun mir gerade richtig leid.”

Gerade Transfers dieser Größenordnung werde es in der Phase unmittelbar nach Corona wenige geben, prognostiziert Koppold. „Die meisten Zweitligisten werden vermutlich gar keine Ablösen zahlen. Bundesligisten, die nicht international spielen, werden allenfalls kleine Sachen machen.”

Namhafte Champions-League-Vertreter, sagt Koppold aber, werden weiterhin hohe Summen für Spieler bezahlen. „Was bisher 100 Millionen gekostet hat, geht runter auf 50 bis 60 Millionen”, schätzt der Spielervermittler. „Die ganz Großen werden eben weiterhin ihr Geld kosten”, davon ist er überzeugt. Zwei Jahre, so lange werde es dauern, bis sich der Fußball von der Krise erholt hat. „Dann geht alles wieder im gleichen Trott weiter”, vermutet Koppold: „Der Mensch ist halt ein Gewohnheitstier.”

Er hofft, dass zumindest einige den Weckruf gehört haben, und künftig „nur mehr mit Geld arbeiten, das sie auch haben”. Und noch eine positive Entwicklung könnte Koppold zufolge den Krisenzeiten, in denen das Geld für große Investitionen knapp ist, entspringen: „Jetzt können viele junge Spieler ihre Chance bekommen und stärker gefördert werden”, sagt er, wobei er es eher wie einen Appell an die Branche klingen lässt. Denn für Koppold ist es an der Zeit, den Anteil der Kicker aus Nachwuchsleistungszentren zu erhöhen, die es tatsächlich in die Bundesliga schaffen. „Bislang sind es zwei Prozent. Zwei Prozent!”

Möglicherweise packt's ja einer der U 17- und U 19-Spieler, die Koppold an den FC Ingolstadt vermittelt hat. Letzte Details hat er gerade geklärt, um ihre Wechsel perfekt zu machen. Untätig ist Koppold selten. Wenn das Handy gerade mal stillsteht, arbeitet er im Garten oder kickt mit seinen Enkelkindern auf dem Rasen. Auch das Holz für den nächsten Winter hat er schon gemacht. Jetzt warten aber erst einmal die nächsten Telefonate. Vorhin haben es der FC Pipinsried und der FC Augsburg bei ihm versucht. Koppold muss zurückrufen. Die Krise als Weckruf für das Business und als Chancenbringer für Talente „Wer nach vier Wochen Krise von Pleite spricht, kann nicht gut gewirtschaftet haben”


Von David Libossek
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