Der Jahresrückblick 2023 der Aichacher Zeitung
Veröffentlicht am 13.06.2019 12:00

Der Mann der Knochen

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Das mag zunächst ungewöhnlich klingen, kommt in der Kunstgeschichte aber durchaus häufiger vor. Joseph Beuys beispielsweise wusste nicht nur mit Filz und Fett etwas anzustellen. Er benutzte auch Tierknochen, Vogelschädel und Fell für seine Kunstwerke.

In der Malerei und Literatur dienen Knochen und dergleichen als Motive, die zeigen sollen, dass der Mensch keine Gewalt hat über das Leben, dass alles nichtig ist, Schein und Prahlerei - oder wie Martin Luther sagen würde: „Es ist alles eitel.”

Bei Marcel Klemm haben die Tierknochen und Abgüsse menschlicher Schädel eine andere Bedeutung. „Für mich sind sie Jagdtrophäen”, erklärt der 28-Jährige. Was damit gemeint ist, wird deutlich, wenn man einige seiner „figürlichen Bilder” sieht. Aus einer Art Rückgrat aus Zement stehen Knochen heraus. Die Leinwand darunter bildet eine schuppenartige Struktur.

„Menschen, die an Clusterkopfschmerz leiden, beschreiben ihren Schmerz oft als Dämon, der irgendwo in ihrem Kopf sitzt und sie peinigt”, sagt Klemm. Seine Bilder aus Lack, Zement und Knochen wirken, als hätte er das Schreckgespenst in seinem Schädel erlegt und ihm als Symbol für seinen Sieg ein Stück aus seinem Rücken herausgeschnitten.

Marcel Klemm ist trotz seiner chronischen Schmerzen durchaus lebensbejahend. Er führt in Affing das Designerbüro Bandeet, hat einen kleinen Sohn und gestaltet gerne - egal ob mit dem Stift, am Computer oder mit den Händen.


Von Thomas Winter
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