Der Jahresrückblick 2023 der Aichacher Zeitung

Der Bachelor versus „Jetzt red I” – in jedem Fall die falsche Entscheidung

Manchmal muss man sich entscheiden: BR-Sendung „Jetzt red I” zum Wohnungsmarkt aus Augsburg gucken oder doch lieber RTL-Trashformat “Bachelor”? Oder man schaut beides. Und wenn kein „second screen” in Reichweite des Sofas ist, hilft eben nur: hin und her zappen.

Während im Bayerischen Fernsehen Augsburger darüber klagen, dass sie keine bezahlbaren Wohnungen finden, schippert im Privatfernsehen der Junggesellen-Protagonist auf einer Yacht ins Fernsehbild. Luxus in Miami – wer möchte dies nicht der bitteren Realität des Wohnungsmarkts einer bayerischen Großstadt vorziehen? Sonne, Strand, super – wären da nicht der lästige Bachelor und die nervtötenden Kandidatinnen. „Ich habe mich wie eine Prinzessin gefühlt.” Solche Sätze hört man von Augsburgs Oberbürgermeister Gribl zum Glück nicht.

Dieser – neben SPD-Politiker Florian Pronold zu Gast auf dem Podium von „Jetzt red I” – sieht sich zeitgleich mit Vorwürfen aus dem Publikum an den Freistaat konfrontiert, die Bayerische Landesbank hätte die 30.000 GBW-Wohnungen nie an den Augsburger Immobilien-Konzern Patrizia verkaufen dürfen. Wohl richtig, aber auch ein eher anstrengendes Thema für einen Mittwochabend – nach Feierabend.

Also statt Patrizia doch lieber selbsternannte Prinzessinnen? Auf RTL wird zwischenzeitlich auf die wenig feine Art über die Hinterteile der Konkurrenz gesprochen. Und während Gribl über Sozialen Wohnungsbau und Wohnen in besonderen Lebenslagen referiert, drapieren sich die Kandidatinnen am Pool der Bachelor-Villa.

Wenig später: Zickenalarm. Das Gekreische und Gegackere einiger Kandidatinnen schmerzt im Ohr wie die nächste Mieterhöhung im Geldbeutel.

Schnell umschalten. Die Diskussion im BR verläuft erwartungsgemäß gesitteter. Scheint es nur so, oder sieht der Geschäftsführer der Augsburger Wohnungsbaugesellschaft Mark-Dominik Hoppe dem Bachelor tatsächlich ähnlich? Egal. Inzwischen kommt Hektik auf. 45 Minuten Sendezeit sind allerdings auch recht wenig für solch ein umfangreiches Thema. An einer Tour unterbricht Moderator Schöberl die Redner aus dem Publikum nun. Ob sich Laber-Locke Michelle aus der Bachelor-Bande das wohl gefallen lassen hätte? Auch egal.

Die Sendung aus Augsburg ist derweil ohnehin am Ende. Jovial gerät der Abschied des Moderators neben seiner sehr jungen Kollegin. Klingt nach: Gut hast’s g’macht Mädl. Apropos Chauvinismus: Im Bachelor-Anwesen ist inzwischen „Nacht der Rosen“. Das Ganze garniert mit schamlosen Produktplatzierungen derjenigen Alkoholmarke, die zudem am Ende jedes Werbeblocks verkündet, dass sie die Show nur allzu gerne präsentiert. „Oh das schmeckt ja lecker“, sagen die Kandidatinnen – wohl kaum zufällig – innerhalb der Sendung auf besagter Rosen-Party. Jetzt reicht’s. Fernseher aus.

Für wen sich der Bachelor entschieden hat? Keine Ahnung. In jedem Fall eine richtige Entscheidung wäre gewesen, den Fernseher an diesem Abend aus zu lassen.


Von Janina Funk

Redakteurin Augsburg-Redaktion

north