Es gibt sie immer wieder, die schwarzen Schafe unter den Spendensammlern. In einem konkreten Fall im Landkreis Augsburg scheint zumindest Skepsis angebracht. Der Förderverein Kinderkrebshilfe Bayern in Adelsried bleibt viele Antworten schuldig.
Auslöser ist ein Bericht des Bayerischen Rundfunks (BR). Familie Weikenhofer aus Dachau hat leukämiekranke Zwillinge. Der Förderverein Kinderkrebshilfe Bayern startete vor rund einem Jahr einen Spendenaufruf, 4293 Euro kommen zusammen. Das Geld geht an die Familie. Laut des BR-Berichts lief der Spendenaufruf mit den Zwillingen jedoch weiter, diesmal offenbar waren die Spenden für den Verein selbst. Der Aufruf ist mittlerweile von der Internet-Seite verschwunden.
Eine Kontaktaufnahme mit dem Vereinsvorstand gestaltet sich schwierig. Im Impressum sind zwei Männer und eine Frau als vertretungsberechtigt aufgeführt. Als Postadresse gibt es ein Postfach in der Landkreisgemeinde Adelsried und telefonisch ist der Verein nur über eine 0800er-Nummer zu erreichen. Doch genau diese Durchwahl gibt weitere Rätsel auf. Wie sich zeigt, gehört sie zu einem Unternehmen aus der Baubranche in Adelsried. Geschäftsführerin: die Ehefrau eines Vorstandsmitglieds des Vereins. Dem Anrufer unter der 0800er-Nummer antwortet eine neutrale Bandansage, kein Hinweis auf das Unternehmen, kein Hinweis auf den Verein.
Der versprochene Rückruf bleibt aus. Auch auf E-Mails reagiert der Vorstand nicht - zumindest nicht direkt. Tatsächlich ist am Donnerstag eine gewisse Aktivität auf der Internetseite feststellbar. Beiträge werden dort entfernt, das Impressum geändert und die Facebook-Seite gleich ganz aus dem Netz genommen. Über den Grund kann man mangels Stellungnahme des Vereins nur spekulieren, doch einige Aussagen insbesondere auf Facebook könnten eine Antwort bieten.
Da wirbt etwa der Verein mit einer Kooperation mit der TU München und der Kinderklinik München-Schwabing. Allerdings gibt es nach Auskunft der TU noch gar keinen Vertrag diesbezüglich zwischen Verein und Universität. Dieser sei noch in der rechtlichen Abstimmung, wie auf Nachfrage zu erfahren ist. Das liest sich beim Verein ein bisschen anders: „Dank der vielen Unterstützer können wir dauerhaft das Projekt ,Sport in der Kinderonkologie' der TU München und der Kinderklinik München Schwabing finanziell begleiten. Vielen lieben Dank!” Der Eintrag ist vom Oktober 2016.
Dagegen kennt das Klinikum rechts der Isar den Verein durchaus als Partner. Eine Sprecherin teilt mit, dass ein Projekt mit einem vierstelligen Betrag gefördert wurde. Das Klinikum Augsburg dagegen hat sich mittlerweile von der Kinderkrebshilfe Bayern distanziert. „Wir waren mit dem Verein bezüglich der Teilfinanzierung einer Stelle in der Musiktherapie im Schwäbischen Kinderkrebszentrum in Kontakt”, berichtet das Klinikum. „Nach ersten Gesprächen zum Kennenlernen und dem positiven Signal, einen Antrag für eine Förderung zu stellen, wurden wir vom Verein über einen langen Zeitraum immer wieder vertröstet. Trotz Nachfragen zum aktuellen Stand der Entscheidungsfindung haben wir nie eine konkrete Antwort bekommen”, so das Klinikum weiter. Erst kurz vor Weihnachten sei die Klinik über eine Entscheidung zur Teilfinanzierung per E-Mail benachrichtigt worden. „Aufgrund der überwiegend unprofessionellen Zusammenarbeit haben wir uns entschlossen, die Teilfinanzierung nicht anzunehmen”, erklärt das Klinikum Augsburg.
Unprofessionell erscheint auch, wie der Verein mit anderen Förderorganisationen umgeht. Jens Kort, Geschäftsführer der Deutschen Kinderkrebsstiftung, sagt gegenüber dem BR, dass er bei Nachfragen, wie viel Geld der Verein einnehme und wofür das Geld verwendet werde, „gegen eine Mauer gelaufen” sei. Und auch das Deutsche Zentralinstitut für soziale Fragen erhielt bislang keine Auskünfte über den Geldfluss, wie der BR berichtet.
Doch das Modell der Kinderkrebshilfe Bayern geht auf. Aktuell laufen zahlreiche Spendenaufrufe für einzelne Projekte, aber auch für den Verein selbst. Eine der Aktionen steht derzeit allein bei 15.000 Euro, was die Organisation mit diesem Geld konkret vorhat, geht aus dem Internetauftritt nicht hervor. Und so bleibt am Ende das ungute Gefühl, dass der Verein absichtlich undurchsichtig bleiben will. Was dahinter steckt, könnte derzeit nur der Vereinsvorstand selbst beantworten - wenn er denn zurückrufen würde.