Auf der Suche nach ihrer Zukunft sind aktuell die Augsburger Kunstsammlungen und Museen. In einer nichtöffentlichen Sondersitzung des Kulturausschusses stellten nun zwei Museumexperten ein Konzept vor, mit dem sich diese Zukunft finden ließe.Sonderausschuss unter Ausschluss der Öffentlichkeit? Das klingt nach brisanten Ergebnissen und nach Geheimniskrämerei. Tatsächlich hat die Nichtöffentlichkeit den Hintergrund, dass hinter Strukturen und Organigrammen auch handelnde Personen stehen, die jeder sofort zuordnen könnte. „Ich möchte aber keine Mitarbeiter aus verschiedenen Abteilungen für einen künftigen Handlungsbedarf verantwortlich machen, denn zunächst müssen den Sammlungen die Mittel an die Hand gegeben werden, sich inhaltlich und strukturell besser aufzustellen”, begründet Kulturreferent Thomas Weitzel die Nichtöffentlichkeit - mit dem Inhalt des Konzepts dagegen hatte es nichts zu tun. Hinter den Empfehlungen stehen Matthias Henkel und Jochen Ramming. Sie interviewten im Auftrag der Stadt Mitarbeiter der Museen, starteten eine Bürgerbeteiligung samt Online-Umfrage und legten schließlich ein Entwicklungskonzept vor.
An erster Stelle stehen in der zweitältesten Stadt Deutschlands natürlich die Römer. Seit der Schließung der Dominikanerkirche Ende 2012 fehlt ein Museum, das sich diesem Themenkomplex widmet.
Mit „Römer plus X” umreißt Weitzel die Ausrichtung des vorgesehenen Neubaus, der eben mehr sein soll, als bloß ein Museum, das Funde aus der Römerzeit präsentiert. Neben der Dauerausstellung soll hier ein großzügiger Raum für Wechselausstellungen untergebracht werden. Denn diese müssen bislang ins Maximilianmuseum gezwängt werden, was einer gleichzeitigen Schließung der dortigen Dauerausstellung gleich kommt. Augsburg benötigt also dringend diesen zusätzlichen Raum.
Weitzel dämpft die Hoffnung auf eine rasche Umsetzung. Noch immer ist der Plan, den Neubau neben der Dominikanerkirche zu platzieren. Die Kirche selbst sollte dann nur noch als repräsentativer Eingangsbereich genutzt werden, sobald die statische Sicherheit wieder gegeben ist. Doch zunächst besteht ohnehin einiger Klärungsbedarf, denn den Platz neben der Kirche belegt die Turnhalle der benachbarten Berufsschule und auch, ob die Schule selbst abgerissen wird - und somit das gesamte Areal überplant werden könnte - oder eben nicht, ist längst nicht entschieden.
Eine unmissverständliche Absage erteilt das Konzept von Henkel und Ramming der Idee eines Stadtmuseums - und auch das leuchtet ein. Neben einem noch zu bauenden Römermuseum gibt es bereits das Maximilianmuseum, das mit seinen Exponaten die reichsstädtische Zeit bis 1806 abdeckt. Das Textilindustriemuseum beschäftigt sich mit der Industrialisierung, in der Halle 116 soll einmal an die NS-Zeit erinnert werden, hinzu kommen Brecht- und Mozarthaus: „Es wäre schwierig, diese Themen alle wieder einzufangen und in einem Stadtmuseum unterzubringen”, sagt Weitzel. Die Idee aus dem Konzept ist stattdessen eine „Task Force Stadtgeschichte”. Hier soll sammlungsübergreifend und beispielsweise in Kooperation mit der Universität Augsburg, dem Stadtarchiv oder engagierten Bürgern die Geschichte Augsburgs Besuchern und Bewohnern gleichermaßen zugänglich gemacht werden.
Eine Forderung, die schon lange von den Kunstsammlungen selbst erhoben wurde, findet sich auch im Papier von Henkel und Ramming: Ein gemeinsames Zentraldepot. Vorbild könnte laut Weitzel die Nachbarstadt Friedberg sein. Diese hat am Rande des Businessparks in Leichtbauweise ein Museumsdepot errichtet, das optimale Bedingungen für die verwahrten Stücke bietet - in den derzeit über das Augsburger Stadtgebiet verstreuten Lagern ist das nicht garantiert.
Keine Überraschung ist die Empfehlung, die Digitalisierung der Bestände voranzutreiben, letztlich auch, um eine „digitale Dependance” im Internet aufzubauen, quasi ein virtueller Museumsbesuch. Dieser Punkt ist eng verknüpft mit einer der wichtigsten Forderungen aus dem Konzept: Die beiden Museumsexperten Henkel und Ramming raten der Stadt dazu, eine Stelle für strategische Kommunikation einzurichten. Ziel müsse es sein, die Kunstsammlungen und Museen als eine Marke zu etablieren - das geht eben auch über im Internet weltweit zur Verfügung gestellte Aufnahmen von Exponaten, etwa für wissenschaftliche Arbeiten oder Kataloge. „Es geht darum, die Kunstsammlungen und Museen mit ihren einzigartigen Beständen über die nationalen Grenzen hinaus bekannt zu machen”, stellt Weitzel fest.
Ein Problemfeld aus der Vergangenheit war offenbar die Kommunikation und Abstimmung der Häuser untereinander. Auch daran soll die Stelle für strategische Kommunikation etwas ändern - verstärkt durch eine zentrale Museumsdirektion. In dem Gebäude an der Maximilianstraße, das aktuell noch vom Leopold-Mozart-Zentrum bis zu seinem Umzug in die Grottenau genutzt wird, sollen die Museumsleiter unter einem Dach zusammenkommen. Henkel und Ramming erhoffen sich davon „klare Zuständigkeiten und ein übergreifendes Verantwortungsgefühl”.
Was aus diesem Konzept letztlich umgesetzt wird, muss nun der Stadtrat entscheiden. Ganz ohne größere Ausgaben wird das nicht möglich sein, doch im Kulturbereich verschlingt bereits die Generalsanierung des Theaters große Summen. Kulturreferent Weitzel verweist allerdings darauf, dass die Kunstsammlungen und Museen nach dem Theater personell wie finanziell die zweitgrößte kulturelle Institution der Stadt sind, für die jetzt in einem Stufenplan die Weichenstellung für die Zukunft vorzunehmen ist.