Der Jahresrückblick 2023 der Aichacher Zeitung
Veröffentlicht am 16.11.2022 12:01

An der Pflicht führt kein Weg vorbei

Beim Auftakt der Haushaltsberatungen im Kreistag Aichach-Friedberg war viel von Sparwillen, Disziplin und Einsparungen die Rede. Wie schwierig oder in manchen Bereichen sogar unmöglich das ist, zeigte die Vorstellung des Planes für das Kreis-Jugendamt. Dabei empfahlen die zuständigen Ausschüsse dem Kreistag sogar eine Aufstockung des Personals um 3,5 Stellen.
Der Grund ist einfach, und Jugendamtsleiter Bernd Rickmann nannte ihn sozusagen gleich als Prolog seiner Ausführungen: Alle Leistungen, die das Jugendamt erbringt, sind Pflichtaufgaben. Und ist mehr Personal nötig, um die Aufgaben zu erfüllen, bleibt wenig Spielraum. Wobei generell die zusätzlichen Belastungen aus dem Jugendhilfebereich sich für den Kreishaushalt tatsächlich in Grenzen halten.
Zwar sieht das Budget für 2023 Ausgaben von 14,1 Millionen Euro vor und damit fast zehn Prozent mehr als der Ansatz von 2022. Weil gleichzeitig die Einnahmen, vor allem die Kostenerstattungen durch den Staat, steigen, muss der Landkreis unterm Strich nur 4,6 Prozent mehr Geld ausgeben und elf Millionen Euro zuschießen.
Die grundsätzliche Struktur des Jugendamt-Budgets hat sich nur wenig geändert, in einigen Bereichen gibt es aber steigende Fallzahlen. Das ist zum Beispiel bei den "Eingliederungshilfen für seelisch behinderte Kinder und Jugendliche", dem zweitgrößten Posten im Haushalt, der Fall. Darunter fallen unter anderem Therapien und pädagogische Unterstützung für Kinder mit Teilleistungsstörungen wie Legasthenie oder Dyskalkulie. Hier steigen die Ausgaben auf fast 3,1 Millionen Euro.

Größter Posten mit 6,7 Millionen Euro, das sind fast 47 Prozent der Gesamtsumme, die Hilfen zur Erziehung. Dazu gehören zum Beispiel Heimunterbringungen oder andere stationäre Maßnahmen. In diesem Bereich erläuterte Rickmann eine bemerkenswerte Entwicklung. Bei den Heimunterbringungen sind die Fallzahlen auf relativ stabil auf einem eher niedrigen Niveau. Allerdings nimmt die Zahl der Jugendlichen, die mehrere und sehr problematische Störungen ihres Verhaltens haben, zu. Die sogenannten Systemsprenger können nur mit zusätzlichem Personal betreut werden, was natürlich Kostenerhöhungen verursacht.
In den Bereich der Hilfen zur Erziehung fällt auch die Einrichtung einer sogenannten Stütz- und Förderklasse in der Vinzenz-Pallotti-Schule in Friedberg für Kinder, die einen Bedarf an einer zusätzlichen und besonderen Förderung haben.
Im Bereich der Jugendarbeit und Jugendsozialarbeit sind 820 000 Euro vorgesehen. Darunter fällt die Jugendsozialarbeit an Schulen, die nicht nur in Adelzhausen ausgebaut werden soll, sondern, wenn irgendwie möglich, auch an den Gymnasien, obwohl das nicht staatlich gefördert wird.
Eine Zunahme gibt es auch bei den unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen. Schon in diesem Jahr sei ihre Zahl wieder nach oben gegangen, im kommenden rechnet Rickmann mit einem weiteren Anstieg. Die Kosten für ihre Betreuung werden aber komplett vom Freistaat erstattet.
Keine Einwände gab es auch bei den neuen Stellen im Bereich der „Verfahrenslosten“, der IT und in der Haushaltsplanungen und im Controlling – sie betreffen besagte Pflichtaufgaben und sind unumgänglich.
Dass das Aichacher Jugendamt gut wirtschaftet, zeigt ein Blick in den schwabenweiten Vergleich: Durchschnittlich betreut das Jugendamt in Aichach 24 von 1000 Jugendlichen im Alter bis 21 Jahren. Genauso viel wie vergleichbare schwäbische Landkreise im Durchschnitt. Die durchschnittlichen Ausgaben je Fall liegen in Aichach-Friedberg aber bei 292 Euro, der bei den ähnlichen Landkreisen bei 313 Euro. 2021 waren die Ausgaben in Aichach-Friedberg im Vergleich zum Vorjahr um 1,6 Prozent angestiegen, in den anderen Landkreisen um 10,1 Prozent.
Insofern könnte man sagen, dass das Jugendamt das vom Kreistag ausgerufene Gebot der Sparsamkeit schon längst umsetzt.

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