Auch dieses Mal blieb im Veranstaltungssaal des Wittelsbacher Schlosses kein Platz mehr frei. Martin Betz, einer der ehemaligen Schüler der Poetenschule Sago, die der 2015 verstorbene Dichtersänger Christof Stählin gemeinsam mit Rose Maier Haid ins Leben gerufen hat, fragte zu Beginn, wer denn aus dem Publikum wüsste, was „Sago” denn bedeute. Und es meldeten sich: alle! Christof Stählin hatte es damals so erklärt: Der Kleinkunst komme im Kunstbetrieb eine „Sammelfunktion” zu. Sie sei wie die Sago-Schublade in der elterlichen Küche, die als Sammelbecken für Kleinkram gedient habe, von dem keiner wusste, wohin damit. Seit Stählins Tod führen mehrere seiner Schüler die Schule mit gleichem Konzept weiter. Die Konzerte heißen nun „Sago.live”. Die Premiere bestritten Martin Betz und Matthias Binner aus Berlin, Annett Kuhr aus Rottweil und als Überraschungsgast Georg Braceschi aus Augsburg. In Wohnzimmeratmosphäre boten die Künstler aus der Sago-Familie einen fliegenden Wechsel zwischen Solo-Auftritten, kurzen Talks und gemeinsamen Liedern. Annett Kuhr besang mit markant dunkler Stimme „Die einfachen Dinge” oder die „Treppe” in ihrem alten Schulhaus. Dieses Lied war einmal ihre Lösung der Sago-Jahresaufgabe gewesen. „An einem Wintertag” oder „Der Weg durchs Moor” waren weitere ihrer leisen, einfühlsamen Lieder. Matthias Binner beschäftigte sich unter anderem mit seiner Heimatstadt Berlin und deren Mauer. Augenzwinkernd, aber doch ernst besang er, was in der Hauptstadt unter dem Gras unter der Erde noch alles liege: Trümmer! Beim Fall der Mauer sei er live dabei gewesen. Zum Beweis hatte er eine Postkarte mitgebracht, auf der er mit abgebildet sei. Seit 2015 führt Binner gemeinsam mit Martin Betz die Liedermacher-Schule Sago. Betz ist einer der „ältesten” Sago-Schüler. Er präsentierte ein neues „Friedberg-Lied”, in dem er die Orts- und Gewässernamen der Umgebung eingearbeitet hatte. Während er dieses Lied auf dem „echten” Klavier begleitete, bemühte er für sein Lied „Mit dem Mund” ein kleines Spielzeugklavier. In den eingestreuten „Talkrunden” erzählten die Liedermacher einige Anekdoten, die sich am Rande des Unterrichts bei Sago ereigneten. Die Sago-Schüler waren damals von überall aus dem deutschsprachigen Raum gekommen. Den kürzesten Weg hatte eindeutig Georg Braceschi. Er war nur mal schnell über den Lech gereist. Klar, dass er auch dieses Mal kam und auch als Überraschungsgast auftrat. Er sang unter anderem ein „Lied für Männer” und zusammen mit seinen drei Kollegen Lieder von Christof Stählin, wie „In 100 Jahren” oder „Der Wind”. Das Publikum war begeistert. Und hätte Christof Stählin das Konzert miterlebt - er wäre es wohl auch gewesen. Martin Betz versprach, dass Sago nun regelmäßig wiederkommen werde. Hoffentlich, aber in einem kürzeren als 14-jährigem Turnus.