„Ein sehr, sehr gutes Regionalligaspiel von beiden Seiten”, habe er gesehen, sagte Thomas, als er nach der Partie vor einer bunten Sponsorenwand ins Mikrofon sprach. Vor allem war es eine überraschend enge Begegnung zwischen dem Drittliga-Absteiger Unterhaching und dem Bayernliga-Aufsteiger. Die Partie im Scheinwerferlicht des Sportparks vor den Toren Münchens strahlte nicht unbedingt wegen einer Vielzahl an Torraumszenen. Sie lebte von der Spannung und vom vor allem in Durchgang zwei couragierten Auftreten der Gäste. Die ließen sich auch nicht vom Drumherum blenden. Schließlich war Unterhaching einst der Dorfklub - in der Bundesliga. Nun ist er in der Regionalliga zwischen all den Eltersdorfs, Buchbachs und Pipinsrieds das Schwergewicht aus dem Münchner Süden. Mit einem Stadion, in dem sich am 20. Mai 2000 eines der dramatischten Finals der Bundesligahistorie zutrug. Das Eigentor von Ballack, der Kopfball von Oberleitner, die Tränen von Daum. Die Patina solch großer Tage haftet durchaus noch am Sportpark, auch wenn hier und da die Farbe blättert. Der Klub betreibt ein Leistungszentrum, hat ein Maskottchen und einen Vereinssong, ist an der Börse notiert und hat eine Fanszene, die bis zur 25. Minute der Partie in den stillen Protest gegen Wagners Rotation im Toto-Pokal trat. Immerhin knapp 1500 Zuschauer füllten die blau-roten Schalensitze. Vor 21 Jahren, als die SpVgg die Bayern zum Meister und Lever- erstmals zu Vizekusen machte, waren unter den 15 000 Besuchern alleine 600 akkreditierte Journalisten. Vier Reporter saßen am Freitagabend den perfekt ausgeleuchteten Trainern gegenüber. Thomas räumte ein, dass seine Mannschaft „in den ersten zehn Minuten Probleme mit den Hachinger Positionswechseln” hatte. Dann aber habe sie die flexible Offensive der Münchner Vorstädter besser in den Griff bekommen. Bis Pablo Pigl nach 38 Minuten im Spielaufbau den Ball nicht behaupten konnte - und Hachings Christoph Ehlich per Außenristpass den kurz aus seiner Statik geratenen Pipinsrieder Defensivblock durchschnitt. Patrick Hobsch überwand Torwart Alexander Eiban zum 1:0. Die Gastgeber profitierten dabei von dem, was ihrem Trainer Wagner imponierte: Dass die Elf von Andreas Thomas durchweg probierte, sich nach vorne zu kombinieren. „Viele unserer Gegner klopfen den Ball einfach nur nach vorne”, fasste Wagner zusammen und lobte den Kontrahenten: „Pipinsried hat eine tolle Spielanlage. Sie wollen Fußball spielen, das ist selten in der Regionalliga. Es macht Spaß, gegen solche Gegner zu spielen.” Mit dieser Vorgehensweise riskiere man natürlich Ballverluste, kommentierte Thomas, der sich freilich ärgerte, dass dieser eine Fehler kurz vor der Pause gleich zum Rückstand führte. Der Übungsleiter hielt im zweiten Durchgang nicht nur an der mutigen Spielweise fest: Er beorderte seine Mannschaft noch weiter nach vorne, ließ sie die Hachinger noch früher anlaufen. „Wir haben uns in der zweiten Halbzeit vorgenommen, weiter Fußball zu spielen, weil wir da unsere Qualitäten haben”, beschrieb er nach der Partie. Dafür sah er offenbar in Albano Gashi die bessere Alternative zu Pigl, nicht nur wegen dessen Ballverlust vor dem 0:1. „Es war nicht sein Tag heute”, begründete Thomas. Zumal er einen Stürmer auf dem Platz wollte, „der den Ball besser festmachen kann”. Wohl auch deshalb blieb der ebenfalls wirkungslose Serhat Imsak auf dem Platz. Der von Wagner mit dem Prädikat „abgewichst” versehene Angreifer mit der körperlichen Wucht einer handelsüblichen Münchner S-Bahn beschäftigte die Unterhachinger Dreierkette, in der zwei 18-Jährige spielten, in der zweiten Halbzeit häufiger. Er zeigte Präsenz, warf sich in jede Flanke, wuchtete sich in jeden Zweikampf. So wie in der Nachspielzeit, als er vor der Hachinger Bank einen Ball um keinen Preis verloren geben wollte - und sich in dieser unübersichtlichen Szene einen Nasenbeinbruch zuzog. Mit einem blauen Auge kamen sportlich gesehen die Hachinger davon. Weil für Pipinsried sogar mehr möglich war als der Ausgleich von Nikola Jelisic, der nach 72 Minuten eine flache Flanke von Faton Dzemaijli ins Tor jagte. Die Unterhachinger unternahmen alles, um die Partie für sich zu entscheiden. Wagner löste seine Dreierabwehrkette auf, schickte den baumlangen Defensivspieler Felix Göttlicher als Aushilfsstürmer auf den Platz. Doch bis auf einen Kopfball von Jannis Turtschan schnaufte die Pipinsrieder Abwehr alle Versuche weg. „Ich habe gehofft, dass wir noch eine Chance bekommen”, sagte Thomas. Es sollten zwei werden: Beide Male für Gashi, beide Male hauchzart vorbei. Der Eindruck dieser Möglichkeiten überwiege am Ende, bekannte Thomas. Der Pipinsrieder Trainer und Wagner tauschten sich nach der Pressekonferenz noch einige Minuten lang abseits des Rampenlichts aus. Sie taten es im Stehen.