Die Spaziergänger sind grundsätzlich keiner politischen Richtung zuzuordnen; die meisten sind leise, manche zunächst skeptisch, wenn sie Journalisten sehen. „Mit euch rede ich nicht mehr”, sagt ein Mann mittleren Alters bestimmt. Ein anderer schlägt mit dem Zusatz „Lügenpresse” härtere Töne an. Einige der Teilnehmer scheinen frustriert zu sein; sie sind enttäuscht von den Medien, die in ihren Augen nicht ausgewogen berichten: Die regelmäßig veröffentlichten Zahlen an positiv getesteten oder im Zusammenhang mit einer Covid-19-Erkrankung verstorbenen Menschen auf der einen Seite bezeichnen sie als Panikmache, die Berichterstattung über die Impfung andererseits als „zu wohlwollend”.Die allermeisten der Spaziergänger freuen sich über die Anwesenheit der Presse, wenngleich die wenigsten ihren Namen im Blatt lesen wollen - aus Angst davor, „in eine Ecke gestellt zu werden”, wie sie betonen. Das hat einen Grund: Deutschlandweit mischen sich immer wieder auch demokratiefeindliche Kräfte unter die Spaziergänger und machen sich deren Anliegen zu eigen, um Stimmung gegen den Staat zu machen. In manchen Gegenden des Landes orchestrieren Rechtsradikale die Spaziergänge sogar. Von solchen Kräften ist aber zumindest in Aichach nichts zu sehen. Auch die Polizei, die am Samstag den Verkehr regelt, sieht das so. Der Spaziergang sei friedlich und ohne Beanstandungen über die Bühne gegangen, heißt es von den Ordnungshütern aus der Paarstadt.”Wenn jemand mitgeht, der von Rechtsstaat oder Demokratie nichts hält, erkennt man den ja nicht sofort”, sagt Corinna Reich aus Aichach. Das Problem gebe es aber auf jeder Demonstration. Apropos Rechtsstaat: Reich glaubt zu wissen, warum derartige Spaziergänge nicht als Demonstration angemeldet werden. „Mit einer Anmeldung sind im Zweifelsfall Auflagen verbunden, gegen die hier auf die Straße gegangen wird.” Mit der Anmeldung, erklärt es sich die Frau mittleren Alters, akzeptiere jeder die Maßnahmen - sie meint Abstand und Maske, die am Samstag so gut wie keiner trägt. Das führe die Spaziergänge ad absurdum.Von rechter Gesinnung wollen die meisten Spaziergänger in Aichach nichts hören. Ihr Anliegen passe in keine Schublade, wird in Unterhaltungen klar. Die Teilnehmer sind Familien, Paare und ein paar junge Leute. Sie stammen aus der Region, zwei 50-jährige Aichacherinnen kommen ins Plaudern. „Für mich gehe ich nicht auf die Straße”, sagt eine von ihnen. „Aber motivieren Sie mal eine 13-jährige Tochter, etwas zu unternehmen, wenn kaum etwas möglich ist”, sagt sie. Um Kinder und Jugendliche sorge sie sich; sie vereinsamten mit Handy und Tablet. Zudem bemerkt die Frau eine innerfamiliäre Spaltung. Ihre Mutter sei geimpft und streite deshalb immer wieder mit ihr, weil sie sich gegen eine Covid-Immunisierung entschieden habe.