„Selbstverständlich planen wir, steuerliche Vorteile vollumfänglich an unsere Kunden weiterzugeben”, sagt Carina Dokl aus der Pressestelle von Edeka Südbayern. Sie gibt allerdings auch zu bedenken, dass mit dem Beschluss zur Senkung der Mehrwertsteuer „erhebliche Mehrbelastungen für den Lebensmitteleinzelhandel und seine Beschäftigten verbunden” seien. Das gelte insbesondere für Vollsortimenter wie Edeka, die bis zu 20.000 unterschiedliche Artikel anbieten. Auch Rewe, Penny, Aldi, Lidl, Netto und DM haben bereits angekündigt, die gesenkte Mehrwertsteuer in Form von Preissenkungen an die Kunden weitergeben zu wollen. „Die Reaktionen der Händler ergeben kein einheitliches Bild. Einzelne Händler werben mit Rabatten in Höhe der künftigen Mehrwertsteuersenkung; andere argumentieren, es würde dem Handel durchaus gut tun, wenn er nach der langen Schließung die drei Prozent als zusätzliche Gewinnmarge behält”, erklärt Elke Hehl vom Branchenservice Handel der Industrie- und Handelskammer (IHK) Schwaben. Ähnlich gebeutelt steht auch die Gastronomie derzeit da. Erst waren die Lokale acht Wochen lang dicht, nun kommen die Gäste nicht in den erhofften Scharen. „Wir zahlen ja eh drauf”, resümiert Klaus Ferber vom Aichacher Restaurant Ferber's. Um die Auflagen zu erfüllen, könne man nur noch rund die Hälfte der Gäste empfangen, der Umsatz falle so um bis zu 40 Prozent, man brauche aber mehr Personal. Für den Kunden sei die Senkung letztlich bei einem Restaurantbesuch ohnehin kaum bemerkbar, „wegen Cent-Beträgen würden nicht mehr Leute kommen”. Die Gäste wüssten vielmehr zu schätzen, dass die Wirte in Aichach keinen „Corona-Aufschlag” berechnen würden und die Preise trotz der schwierigen Lage nicht gestiegen seien. Auch José Barrera, Wirt der Bodega Tio Pepe in der Stadtmitte, findet, dass es sich bei der Senkung der Mehrwertsteuer umgerechnet auf eine Mahlzeit um Kleinstbeträge handle. Alle Gerichte neu zu bepreisen, mache daher mehr Arbeit als Sinn. „Der Aufwand ist viel zu groß.” Ohnehin glaubt Barrera, dass sich die Senkung im Geldbeutel des Kunden erst bei Großanschaffungen bemerkbar mache, „beim alltäglichen Einkauf fällt das nicht ins Gewicht”. Die Industrie- und Handelskammer sieht positive wie negative Seiten an der geplanten Senkung: Sie sei „grundsätzlich eine gute Nachricht für Einzelhändler, Hoteliers und Gastronomen und ein positives Signal an alle Verbraucher. Wenn die Preise sinken, wird der Konsum angekurbelt, und davon profitiert das Gewerbe in unseren Städten und Gemeinden. (...) Die kurzfristig angesetzte und auf sechs Monate befristete Mehrwertsteuersenkung bringt allerdings einen hohen administrativen Aufwand mit sich.” Die IHKs sind laut Elke Hehl über den Deutschen Industrie- und Handelskammertag (DIHK) mit der Finanzverwaltung in Kontakt, um praktikable Lösungen zu finden. So hat nun das Bundesfinanzministerium auf die Pflicht zur Umzeichnung des gesamten Sortiments verzichtet, stattdessen kann die Senkung alternativ am Ende des Einkaufs an der Kasse abgezogen werden. Auch bei Dienstleistungen kann der Kunde sparen. „Die Handwerkerstunde ist netto kalkuliert, die geltende Mehrwertsteuer wird zu diesem Nettobetrag hinzugerechnet. Wenn nun bei einem Endverbraucher eine kurzfristige Reparatur ansteht, dann spürt der Kunde den geringeren Mehrwertsteuersatz auf jeden Fall”, stellt Monika Treutler-Walle von der Handwerkskammer (HWK) für Schwaben klar. Ob es daher zu einer erhöhten Auftragslage kommen werde, sei aber schwer zu prognostizieren. „Kunden mit einem entsprechenden finanziellen Spielraum werden diesen Vorteil sicher nutzen und Aufträge wie eine neue Küche oder den Badausbau jetzt platzieren und diese Einsparmöglichkeit nutzen. Sind jedoch Haushalte von Kurzarbeit und Arbeitslosigkeit bedroht, dann werden diese bei Investitionen gut überlegen, selbst wenn sie einen finanziellen Vorteil mit sich bringen”, führt Treutler-Walle aus.