Am 11. Februar war es an der OMV-Tankstelle in Friedberg zu einer Handgreiflichkeit gekommen. Der 22-jährige Angeklagte hatte dem Geschädigten einen heftigen Faustschlag verpasst, als dieser die Zapfsäule nicht freimachte, weil sein Auto nicht angesprungen war. Der Verletzte wurde daraufhin von dem Vater des Schlägers als „Pussy”, seine damalige Freundin als „Hure” und „Schlampe” beleidigt. Gegen den Strafbefehl, der Geldstrafen in Höhe von 130 Tagessätzen à 50 Euro für den Jüngeren und 30 mal 60 Euro für den Älteren vorsah, legten die beiden Einspruch ein. Sie habe ihn vorher beleidigt, beteuerte der 56-Jährige; „Hurensohn”, soll sie zu ihm gesagt haben. Da habe er das Recht gehabt, sich zu verteidigen: „Wenn meine Mutter eine Hure ist, dann bist du auch eine Schlampe”, habe er erwidert. Auch die Körperverletzung versuchte der Vater zu rechtfertigen. Sein Sohn sei bedroht und ebenfalls beleidigt worden. Selbst diese Schilderung rechtfertige die Taten nicht, erklärte Hell. Abgesehen davon, dass er den beiden nicht glaube. Der 30-jährige Geschädigte und seine 28-jährige Ex-Freundin erzählten eine andere Geschichte: Er habe dem 22-Jährigen immer wieder zugerufen, dass sein Auto nicht anspringe. Der Angeklagte hätte mehrfach gehupt und gerufen, er solle gefälligst wegfahren. Dann habe er sich dem Angeklagten genähert, um zu wiederholen, dass er nicht wegfahren könne. Es folgte der Faustschlag. „Warum er mich geschlagen hat, ist eine Frage, die ich mir bis heute stelle”, so der Geschädigte. Auch jetzt noch hat die Tat Auswirkungen auf seinen Alltag. Mit nur einem Fauststoß fügte ihm der Angreifer einen Bruch des Nasenbeins und des Augenhöhlenbodens sowie mehrere Schürfwunden und Hämatome zu. „Es sah richtig schlimm aus”, erinnerte sich die Ex-Freundin. Nach dem Vorfall folgte ein Krankenhausaufenthalt von fünf Tagen. Fünf weitere Wochen war der Geschädigte danach krankgeschrieben. Bis heute habe er Probleme beim Atmen, aber auch Gedächtnisschwierigkeiten und Erinnerungslücken durch den Sturz auf den Kopf nach dem Schlag. Die Wucht des Angriffs lasse „Rückschlüsse auf die innere Gesinnung zu, nicht nur auf die Form der Faust”, kommentierte Richter Hell die Verletzungen. Sie seien ausgesprochen heftig für nur einen Fauststoß, besonders da der Angeklagte keine Kampfsporterfahrungen habe. Auch der Verteidiger des 30-Jährigen, Hansjörg Schmid, verurteilte die Tat, aber auch das darauf folgende Verhalten von Vater und Sohn. Dass sie sich nach dem Vorfall nicht einmal entschuldigt hatten, bezeichnete er als „unwürdig”. So hatten die beiden zwar zu Beginn der Verhandlung den Richter um Verzeihung gebeten, nicht aber den Geschädigten. „Das ist nicht das letzte Mal, dass wir uns vor Gericht gesehen haben”, kündigte Schmid weitere zivilrechtliche Verhandlungen an. Neben den strafrechtlichen Folgen, werde er auch noch Schmerzensgeld fordern. Während der Verhandlung entschieden sich die Angeklagten dazu, ihren Einspruch auf die Rechtsfolgen, sprich die Höhe der Geldstrafe zu beschränken. Damit hätten sie laut Hell das einzig Richtige getan: „Es war knapp an der Freiheitsstrafe vorbei”, ermahnte sie der Richter. Insgesamt wurden beide Geldstrafen aufgrund des geringen Einkommens der Täter verringert. Staatsanwalt Nikolaus Bernhard forderte für die Körperverletzung die Tagessatzhöhe auf 25 Euro zu halbieren, bei der Beleidigung die Höhe auf 40 Euro zu senken. Die Anzahl der Sätze sei allerdings angemessen. Dieser Forderung stimmte am Ende auch Richter Walter Hell zu.