Der Jahresrückblick 2023 der Aichacher Zeitung
Veröffentlicht am 07.09.2018 12:00

Wegen Spielsucht zu Geldwäscher geworden

Es ist organisierter Betrug im großen Stil: Kriminelle Banden bringen ahnungslose Opfer dazu, zu angeblichen Identitätszwecken Geld auf ein vermeintliches Konto des Finanzamtes zu überweisen und behaupten, dass sie dieses im Anschluss wieder zurückerstattet bekommen. So erschlichen sich die Gauner in diesem Fall 3250 Euro von einer nichtsahnenden Frau.

Daraufhin werben die Kriminellen sogenannte Finanzagenten an, die für sie das Geld ins Ausland transferieren sollen. Nicht selten sind auch diese Mitarbeiter mehr Opfer als Komplizen, weil sie auf der Suche nach einem Nebenjob auf das lukrative Angebot (20 Prozent Provision) hereinfallen.

Dem 44-Jährigen, der sich vor dem Aichacher Amtsgericht zu verantworten hatte, war dieser Job laut Aussage des ermittelnden Polizeibeamten ebenfalls „nicht koscher” vorgekommen, „aber aufgrund seiner Online-Spielsucht hat er seine Bedenken über Bord geworfen”. Der Angeklagte hatte gegenüber der Polizei eine Aussage gemacht, verweigerte vor Gericht aber, noch etwas zu dem Sachverhalt zu sagen. Aufgrund seiner Krankheit - neben der Spielsucht ist er seit rund sechs Jahren wegen einer Depression in Behandlung - könne er sich nicht mehr an alles erinnern, was er den Beamten erzählt habe, und wolle vermeiden, sich zu widersprechen.

Dem Polizisten hatte er allerdings im Vorfeld geschildert, wie die Betrugsmasche genau vonstatten gehen sollte. Dabei hatte der Beamte den Eindruck, dem Mann sei bewusst gewesen, sich mit diesem Job kriminellen Tätigkeiten anzuschließen, zum anderen habe er nie vorgehabt, das Geld tatsächlich zu transferieren. Es sollte laut Auftraggeber auf ein Konto in der Türkei gehen. Aufgrund seines Pfändungsschutzkontos sei dem Angeklagten aber im Vornherein klar gewesen, dass er nach Eingang nicht über das gesamte Geld verfügen und es somit auch nicht weiterüberweisen hätte können. Kurzum: Er hatte nie vor, das Geld im Sinne des Auftraggebers weiterzuleiten und nur 20 Prozent davon zu behalten, er wollte es ganz.

Aufgrund der Depression war der Mann viele Jahre lang arbeitsunfähig, seit Mai ist er nun wieder auf Jobsuche. Er machte einen gebrochenen Eindruck vor Gericht. Er wolle wieder arbeiten, um der Spielsucht und der Depression zu entkommen. „Zuhause ist für mich ein Gefängnis”, erklärte er, und dass er aus diesem Grund zu gemeinnütziger Arbeit bereit wäre.

Richterin Eva-Maria Kraus hielt sich in ihrem Urteil an die Empfehlungen der Vertreterin der Staatsanwaltschaft, Rechtsreferendarin Julia Heinzel, die in ihrem Plädoyer sechs Monate auf Bewährung, den Wertersatz der 3250 Euro und 120 Stunden gemeinnützige Arbeit gefordert hatte. Die Bewährungszeit beträgt drei Jahre. Angeklagter wollte die kriminellen Auftraggeber um ihr Geld bringen


Von Nayra Weber
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