Das zweite Buch sei das schwerste, bekommen junge Autoren oft zu hören. Gerd Peschek ist weder jung – das darf man bei einem 78-Jährigen sagen -, noch hat er sein zweites Buch geschrieben, sondern sein viertes. Eines kann man über den neuen Band, die „Assoziationen“, aber sicher behaupten: Sie sind anders als die Vorgänger. Und aus einem bestimmten Grund war das Buch für Peschek auch schwerer.
Nach dem Reisebericht „Und wieder wartet ein neuer Berg“ über eine Wanderung von München nach Venedig hat der Aichacher zwei Bände mit kurzen Texten und Gedichten veröffentlicht. Überwiegend kritische, oft satirische Blicke auf die gesellschaftspolitische Gegenwart, auf die geistige Situation der Zeit, auf das (un-)Verhalten der Menschen.
Den Unterschied zu diesen Arbeiten tragen die „Assoziationen“ schon im Untertitel: „Zusammenspiel von Bildern und Gedanken“. Es handelt sich um Aphorismen, die jeweils ein Bild, meist eine vom Autor selbst aufgenomme Fotografie, als Ausgangspunkt haben.
Für sich selbst erheben sie keinen künstlerischen Anspruch, sie sind auch nicht in Hinblick auf Texte entstanden. Das erwähnte Zusammenspiel hat sich eher zufällig ergeben, beim wiederholten Betrachten, bei dem dann Fragen entstanden wie „Was sagt das?“, oder auch „Was fällt mir dazu ein?“ oder „Welche Gedanken schließen sich da an?“.
Die Motive sind vielfältig, Peschek hat sie bei Spaziergängen, auf Reisen oder einfach im Alltag entdeckt: Landschaften, Kunstwerke, einzelne Objekte, Graffiti, symbolische Verdichtungen, Detailstudien.
Sie sind Anlass, um über Themen nachzudenken, die der Peschek-Leser schon aus dessen früheren Büchern kennt: den überzogenen Individualismus, den verlorenen Gemeinsinn, die unabdingbare Notwendigkeit von Bildung, aber auch die Kritik an Aktionismus, Selbstgewissheit, der Wohlstandswelt an sich und vieles mehr.
So sind die „Assoziationen“ denn auch weniger inhaltlich-thematisch als konzeptionell und stilistisch ein anderes Buch als die Vorgänger geworden. Auch die neuen Texte sind gesellschaftspolitisch, aber stilistisch-ästhetisch hat Peschek die Kategorie gewechselt.
Die über einige Jahre hinweg entstandenen Passagen sind knapp, es sei ihm, der sich sowieso in den kleinen literarischen Formen zuhause fühlt, um eine weitere Verdichtung gegangen, um kurze, prägnante Formulierungen, die durchaus auch mal plakativ sein dürften, erzählt Peschek.
In die neue Form hat der Mann, der sich nicht Schriftsteller, sondern lieber Buchautor nennen will, viel Arbeit gesteckt. Die meisten Texte seien mindestens dreimal umgeschrieben worden. Denn kurze Formulierungen müssen eben umso passender sein.
Dazu wollte sich Peschek mit diesem Band auch insofern von den beiden Vorgängerbüchern absetzen, als er „fröhlicher“ schreiben wollte. „Du bist immer so kritisch“, habe seine Frau ihm gesagt, erzählt er mit einem Schmunzeln.
Ob das gelungen ist? Das ist der Punkt, wo das vierte Buch wohl tatsächlich das schwerste war. Der Autor gibt selbst zu, dass ihm das schwerfalle, der fröhliche Blick auf die Welt und die Gesellschaft, wie sie sind. Das ist tatsächlich schwer, ob es nun in der Persönlichkeit Pescheks begründet liegt, dem ihm eigenen kritischen Blick, oder an den Verhältnissen. Die Fröhlichkeit jedenfalls, die jeder erleben kann, der mit Gerd Peschek spricht, die hat sich in den Texten sehr gut versteckt – was auch an der Form des Aphorismus liegen mag.
So ist das neue Buch des Aichachers tatsächlich anders als seine Vorgänger, aber doch ein echter Peschek. Seine Frau hat eben recht gehabt. Und das ist ja auch gut so.