Augsburg - Die gute Nachricht vorweg: Mit 30 Verkehrstoten hat das Polizeipräsidium Schwaben Nord 2016 den niedrigsten Wert seit Beginn der Aufzeichnungen im Jahr 1951 registriert. Nichtsdestotrotz gab es mehr Unfälle und mehr Verletzte. Aus Sicht des Polizeipräsidiums Schwaben Nord liegt das vor allem an überhöhter Geschwindigkeit, Alkohol am Steuer, versäumter Gurtanlegepflicht und Ablenkung während der Fahrt.
Der positive Rekordwert von nur 30 Verkehrstoten ist laut Polizeivizepräsident Norbert Zink vor allem „eine Frage von Glück”. Als Grund zur Freude sehe er das nicht. „Jeder Unfall ist tragisch und viele weitere Unfälle wären vermeidbar.” Als Hauptursache gibt die Verkehrsstatistik für etwa ein Drittel der Unfälle eine Missachtung des Sicherheitsabstandes an, direkt gefolgt von Fehlern beim Abbiegen, Wenden und Rückwärtsfahren. Polizeioberrat Ralf Bührle vermutet hinter diesen messbaren Ursachen jedoch vor allem eine Ablenkung der Fahrer. So hofft er, dass Paragraf 23 der Straßenverkehrsordnung, die bisher nur Handys am Steuer verbietet, bald auf alle technischen Geräte erweitert wird, die die Aufmerksamkeit des Fahrers von der Straße ablenken.
Im Vergleich zu allen Unfällen ändern sich die Ursachen, wenn man nur die Unfälle mit Todesfolge betrachtet. Hier steht mit 23 Prozent noch immer erhöhte Geschwindigkeit an erster Stelle. Mit 13 Prozent spielt aber auch Alkohol am Steuer eine entscheidende Rolle. Die Zahl der Verkehrstoten durch einen alkoholbedingten Unfall hat sich von drei Menschen im Jahr 2015 zu sechs Verkehrsteilnehmern 2016 sogar verdoppelt. Für Bührle ist das eine „besorgniserregende Entwicklung”. Zwar sei im Hinblick auf die gesamt Gesellschaft eine Verbesserung zu verzeichnen, „es bleibt aber offenbar dabei, dass eine kleine Gruppe von Menschen weiterhin betrunken fährt”, so der Polizeioberrat.
Eine weitere Entwicklung, die Bührle „fassungslos macht”, ist, dass sich auch die Zahl der Verkehrstoten, die keinen Sicherheitsgurt angelegt hatten, im Vergleich zu 2015 verdoppelt hat. „Von den insgesamt 17 getöteten PKW-Fahrern waren sechs nicht angeschnallt. Dabei ist das die einfachste Art und Weise, sich zu schützen”, erklärt Bührle.
Überraschend sei für die Beamten auch gewesen, dass sich die Zahl der Verletzten auf der A 8 um die Hälfte gesteigert habe. Die Statistik zeigt, dass 2016 insgesamt 117 Menschen mehr verletzt wurden als im Vorjahr. „Diese Zahl 117 finden wir in der Statistik für die A 8 wieder. Der komplette Anstieg an Verletzten ist also auf eine Straße zurückzuführen”, schlussfolgert Bührle. 2016 sei das erste Jahr gewesen, in dem die Autobahn dreispurig frei befahren werden konnte. Sollte sich das als Ursache bestätigen, müsse man über eine Geschwindigkeitsbegrenzung nachdenken.
Zunächst stehen 2017 aber andere Präventionsmaßnahmen im Vordergrund. Das Polizeipräsidium Schwaben Nord beteiligt sich an einer landesweiten Aktion zum Thema Ablenkung am Steuer. Außerdem wird bereits jetzt mehr Öffentlichkeitsarbeit betrieben. Über die sozialen Netzwerke Facebook und Twitter informiert die Polizei über aktuelle Verkehrsstörungen und gibt rechtliche Hinweise. Unter dem Motto „Sicherheit für Senioren” soll zudem ein Programm für Senioren stattfinden, bei dem erfahrene Verkehrsteilnehmer beispielsweise lernen können, sich mit Rollator besser im Verkehr zurecht zu finden. Um die Beamten zu entlasten und Kapazität für andere Bereiche zu schaffen, ist außerdem geplant, die Begleitung von Schwertransporten künftig an sogenannte Verwaltungshelfer abzugeben. Dabei handelt es sich um Privatpersonen, die eine Ausbildung durchlaufen und in speziellen Fahrzeugen die Begleitfunktion der Polizisten übernehmen.
Zink fasst zum Abschluss noch einmal zusammen, was jeder tun kann, um für mehr Sicherheit im Straßenverkehr zu sorgen: „Langsam fahren, anschnallen, Alkohol weg.” (
Von Kristin Deibl)