Der Jahresrückblick 2023 der Aichacher Zeitung
Veröffentlicht am 12.12.2022 13:21

Hilfe im Chaos

Kids (Foto: Haiti Kinder Hilfe)
Kids (Foto: Haiti Kinder Hilfe)
Kids (Foto: Haiti Kinder Hilfe)
Kids (Foto: Haiti Kinder Hilfe)
Kids (Foto: Haiti Kinder Hilfe)

In Haiti hat sich in diesem Jahr nichts zum Besseren gewendet. Im Gegenteil, die sozio-politischen Verhältnisse haben sich in dem Karibikstaat weiter verschlechtert. Die Haiti Kinder Hilfe, deren Vorsitzender Alois Vogg in Klingen lebt, hilft aber weiterhin den ihr anvertrauten Kindern und Jugendlichen. Sie macht Angebote, damit die jungen Menschen ihren Weg finden in ein selbst verantwortetes Leben.

Die sozio-politischen Umstände in Haiti sind geprägt vom Kampf gegen Hunger und Armut, von Protesten und Gewalt. "Schlimm", kommentiert dies der Klingener Alois Vogg aus dem Vorstand der Haiti Kinder Hilfe. Die hat aber aus dem zu Ende gehenden Jahr auch "Gutes und Erfreuliches" von ihrer Arbeit zu berichten. Auch aufgrund von Spenden aus dem Aichacher Land konnten Projekte weitergeführt und gefördert werden:

In Cap Haitien finanziert der gemeinnützige Verein Erzieher in dem Waisenhaus mit Schule „Notre Dame de la Médaille Miraculeuse“ mit etwa 400 Kindern. Das Gymnasium Gröbenzell ermögliche seit vielen Jahren mit etwa 30 Klassen-Patenschaften und weiteren Spenden von Lehrern und Eltern diese Unterstützung, ist im Jahresbericht der Haiti Kinder Hilfe (HKH) zu lesen.

Mit erheblichen finanziellen Mitteln half sie in der Hauptstadt Port-au-Prince Schwester Paësie vom französischen Verein „Familie Kizito“, die in "informellen Schulen viele Slumkinder an ein Leben abseits der Straße gewöhnt und an den Schulbesuch heranführt". Die Kinder erhalten auch regelmäßig ein Mittagessen. Zusätzlich unterhält die Familie Kizito mehrere Kinderheime für Mädchen und Buben ohne Familie. Die extrem gestiegenen Lebensmittelpreise führten gerade in den Slums zu Hunger.

In Gonaives im Norden des Karibikstaats unterstützt die HKH regelmäßig zwei Kinderhäuser im Kinderdorf der „Lebensmission für Haiti e.V.“ und weitere Kinder durch Patenschaften. Erfreulich ist, dass die Lebensmission heuer wieder mehrere freiwillige Helfer aus Deutschland für sechs Monate nach Gonaives entsenden konnte. Diese helfen mit, für die Kinder trotz der schwierigen Situation in Haiti etwas Normalität zu schaffen.

Die HKH leistet weiter finanzielle Hilfe an den „Taubertäler Hilfsverein e.V.“ zur Finanzierung der Lehrergehälter an der Lucia Academie in Port-au-Prince mit etwa 500 Schülern. Nachdem die Schule vor drei Jahren von sechs auf nunmehr neun Klassen erweitert wurde, konnten bereits zum dritten Mal Schüler die neunte Klasse erfolgreich abschließen. "Hier helfen uns insbesondere die Klassen-Patenschaften des Gymnasiums Schrobenhausen seit vielen Jahren", so Vogg. Auch von weiteren Schulen erhält der Verein regelmäßig Spenden, von der Grundschule Adelzhausen etwa.

21 Kindern wurden im Zeitraum 2021/22 orthopädische Operationen und Prothesen finanziert. Hier arbeitet die HKH mit dem Verein "Healing Hands" zusammen. Die von der Haiti Kinder Hilfe an Healing Hands gespendete Schuster-Werkstatt ermögliche dazu die Anfertigung von speziellen Prothesen.

Der junge Arzt Hervé, dem die Haiti Kinder Hilfe das Medizinstudium finanziert und in Cap Haitien eine komplette Praxis mit Hilfe der großzügigen Spende eines deutschen Arztes aufgebaut hat (wir berichteten), wird weiter unterstützt, damit er Menschen behandeln kann, die kein Geld für einen Arzt- oder Krankenhausbesuch haben.

"Besonders freuen wir uns, dass wir das uns gesetzte Ziel, die uns anvertrauten Kinder bis zur Selbständigkeit zu betreuen und zu begleiten, nunmehr erreicht haben", so Alois Vogg, als er von den letzten Heimbewohner aus „Jungenheim“ berichtet. Sie haben ihre Berufsausbildung abgeschlossen oder sind im letzten Jahr der Berufsvorbereitung. Manche hätten einen festen Job gefunden oder verdienen sich mit einem kleinen Geschäft selbständig ihren Lebensunterhalt. Im HKH-Jungenheim wohnten nun Studenten und Auszubildende des Vereins „Lebensmission für Haiti“, berichtet das Vorstandsmitglied.
Neben diesen guten Nachrichten bereitet den Vereinsmitgliedern die seit Monaten äußerst schwierige innenpolitische und wirtschaftliche Lage in Haiti große Sorgen: In dem Inselstaat und insbesondere in der Hauptstadt Port-au-Prince habe sich die politisch-soziale Krise weiter verschärft. "Der haitianische Staat ist weitgehend handlungsunfähig, marodierende Banden halten ganze Stadtviertel in Geiselhaft“, berichten sie. Fast alle Verbindungsstraßen in die einzelnen Landesteile und Regionen seien immer wieder blockiert. Es komme zu bewaffneten Überfällen, Entführungen, Vergewaltigungen und Morden. Die Polizei scheint nicht in der Lage, den Banden das Handwerk zu legen und für Ruhe und Ordnung zu sorgen.

Die Wirtschaft, auch die kleinen Geschäfte, mit denen viele der armen Bevölkerung bisher ein bescheidenes Auskommen hatten, sei zum Erliegen gekommen. Die Treibstoffkrise, ausgelöst durch die Entscheidung von Interims-Premier Ariel Henry, die Subventionen beim Treibstoff zu streichen, habe den Benzinpreis um 130 Prozent steigen lassen. In der Folge errichteten Demonstranten Barrikaden auf den großen Verbindungsstraßen, ist im Jahresbericht der Haiti Kinder Hilfe zu lesen. Schulen seien seit den Ferien im Sommer geschlossen, die Lebensmittelpreise seien explodiert. In weiten Teilen herrsche Hunger. Zudem steigt die Zahl der Cholera-Fälle. Kranke würden oft keine Hilfe bekommen, weil wegen Energiemangel Krankenhäuser geschlossen sind.

Alois Vogg schließt: "Gott sei Dank sind die von uns unterstützten Schulen und Kinderheime bisher von Plünderungen und Überfällen verschont geblieben. Jedoch machen auch uns die horrend gestiegenen Lebenshaltungskosten zu schaffen."

Spendenkonto: Haiti Kinder Hilfe e.V., Sparda Bank München eG, Kontonummer: 10 22 180, BLZ 700 905 00, IBAN: DE 62 7009 0500 0001 0221 80, BIC: GENO DE F1S0 4.

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