Jahrestage von bekannten Schriftstellern, also runde Geburtstags- oder Todestage, bringen immer viel Rummel im Kultur- und Literaturbetrieb. Natürlich erscheinen dann viele Bücher, es gibt Ausstellungen, wissenschaftliche Tagungen, Verfilmungen werden wiederholt, und die Theater zerren oft Texte auf die Bühne, die dort nichts zu suchen haben. Aber immerhin bekommt die Literatur eine gewisse Aufmerksamkeit.
Was allerdings zweischneidig ist, wie man am 100. Todestag von Franz Kafka sieht. Der ist längst zum furchtbar vermarkteten Emblem Prags geworden, dort wird einem Kafka-Tourismus-Kitsch an jeder Ecke nachgeworfen, und nun ist er endgültig auch der Krake Digitalisierung zum Opfer gefallen. Es gibt interaktive Internetauftritte, Josef K., Gregor Samsa und ihre Verwandten sind auf Social Media präsent, natürlich werden seine Texte auch mit Playmobil-Figuren nachgespielt, es treten Kafka-Bands auf, und Kafka-Kunst-Performances überziehen Europa. Kafkaesk möchte man sagen, wenn es nicht so abgedroschen wäre. Aber den Irrsinn der digitalen Gegenwart und der asozialen Medien hätte sich nicht einmal Franz Kafka ausdenken können. Die Realität übertrifft alle Absurditäten seiner Romane.