Vier junge Männer machten bei Daniel Schrag Halt. Das Quartett, bewaffnet mit Bierkasten und Samstagabendlaune, musterte den 20-Jährigen. Schwarz-gelbes Team-Outfit, leuchtend rotes Rennrad. „Bist du mitgefahren, oder?”, erkundigte sich die Gruppe mehr oder weniger rhetorisch. Nachdem Schrag den Fragenkatalog des Quartetts abgearbeitet hatte, fischte der Vierte eine Halbe aus dem Kasten und drückte sie ihm in die Hand. „Die hast du dir verdient.”
Eine Szene, die stellvertretend stand für das Augsburger Innenstadtkriterium, bei dem offensichtlich viele Leute quasi im Vorbeigehen mit Spitzenradsport in Berührung kamen. Höhepunkt war das Eliterennen am Samstagabend, bei dem auch der Aichacher Schrag startete. Im Kriteriumsrennen - in Wertungsrunden gilt es möglichst viele Punkte zu sammeln - fuhr der 20-Jährige zwar durchweg in der Spitzengruppe mit, heimste aber nicht genügend Punkte ein, um es aufs Podest zu schaffen; wenngleich er im Schlusssprint als Dritter über die Ziellinie auf der Maximilianstraße fuhr.
Letztlich reichte es für Rang vier auf den 55 Runden über den 1,2 Kilometer langen Kurs durch die Innenstadt - Kopfsteinpflaster-Passage inklusive. Auf den 66 Kilometern hatte Schrag jedoch auch großes Glück: Kurz vor dem Start-Ziel-Bereich waren direkt vor ihm zwei Fahrer kollidiert, der Aichacher zog sich lediglich Schürfwunden an der linken Hand zu, als ihn das Hinterrad eines der Gestürzten traf. Das Bier der Nachtschwärmer dürfte ein wenig über den Schmerz hinweggeholfen haben.
Das eine oder andere Kaltgetränk dürfte auch Fabian Schormair zu sich genommen haben, der auf der anderen Seite der Alpen unterwegs war. Denn am Abend bevor der Aichacher mit seiner Mannschaft, dem Team Santic Wibatech, bei der Österreich-Rundfahrt startete, feierte seine Schwester Hochzeit. An Tag eins habe er den Schlafmangel gemerkt, räumt Schormair ein. Spätestens zur vierten Etappe - von St. Johann Alpendorf nach Steyr - war er voll da, gehörte der schnellen Fluchtgruppe an, die über eineinhalb Stunden lang einen Schnitt von 54 Stundenkilometern auf den Asphalt brachte. 20 Kilometer vor dem Ziel wurden die Ausreißer schließlich gestellt. Letztlich machten die World-Tour-Fahrer den Etappensieg unter sich aus. Schormair, der 62. wurde, feierte derweil einen Zwischenerfolg, holte sich in der ersten Sprintwertung Platz zwei.
Seine engagierte Leistung ist umso höher einzuordnen, als dass die Fahrer noch die Königsetappe des Vortags in den Beinen hatten. Wenngleich Schormair auf den 148,5 Kilometern mitsamt fast 3000 Höhenmetern umfassenden Strecke hinauf aufs Dach der Tour, Österreichs höchsten Berg, den Großglockner, taktierte. „Meine Beine waren richtig gut”, sagt er. Und dennoch nahm er sich auf den letzten Kilometern zurück. „Ich wusste, dass ich am nächsten Tag vorne mitfahren würde. Da wollte ich mich nicht verausgaben, um irgendwo zwischen Platz 20 und 40 anzukommen”, erläutert er seinen Plan, der aufging.
Schormair und seine Kollegen zeigten sich immer wieder in den Spitzengruppen, erzielten gute Platzierungen und schlossen in der Teamwertung auf Rang elf von 19 Mannschaften ab. „Wir haben uns super präsentiert und top zusammengearbeitet”, bilanziert der Aichacher, der am Sonntag noch gleich einen 17. Platz in einem Rennen der österreichischen Rad-Bundesliga dranhängte, und schiebt hinterher: „Es war eine der schönsten Landesrundfahrten, die ich je gefahren bin.” lib