Gegen 18 Uhr informierte wohl ein Anrufer aus dem Haus in der Elsterstraße die Polizei. Zunächst waren fünf Personen in dem Einfamilienhaus gefangen, die Polizei wusste nur, dass diese vermutlich mit einem Messer bedroht wurden. Aufgrund der unklaren Lage wurden auch Spezialeinsatzkräfte aus München hinzugezogen. Rund 150 Einsatzkräfte der Polizei und des Roten Kreuzes versammelten sich zunächst auf dem Parkplatz eines Supermarktes in der Nähe des Anwesens im Diedorfer Stadtteil Anhausen. Das Gebiet wurde großräumig abgeriegelt, die Zufahrt in den Ort war zeitweise nicht mehr möglich. Noch vor dem Zugriff, der dann gegen 23.15 Uhr erfolgte, konnten sich zwei der festgehaltenen Personen befreien und aus dem Haus fliehen. Die Einsatzkräfte befreiten die drei übrigen Geiseln und nahmen den 23-Jährigen unverletzt fest. Die Kriminalpolizei Augsburg nahm noch in der Nacht die Ermittlungen auf. Am Sonntagnachmittag meldete die Polizei, dass der 23-Jährige wegen Verdachts auf Geiselnahme zur Untersuchungshaft in die Justizvollzugsanstalt eingeliefert wurde. Es sei nach den ersten Ermittlungen weiter davon auszugehen, dass der 23-Jährige die übrigen Beteiligten mit einem Messer bedroht und dadurch festgehalten hatte. Nach derzeitigem Ermittlungsstand gehe man außerdem davon aus, dass „ein Streit im Zusammenhang mit Betäubungsmittelkriminalität” Ausgangspunkt der Geiselnahme war. Weitere Details könnten aus ermittlungstaktischen Gründen nicht genannt werden. Die ganze Situation sei ihr „nicht so ganz real” vorgekommen, erzählt eine Anwohnerin aus der Nachbarschaft des Wohnhauses, die nicht namentlich genannt werden will. Als sie gegen 19 Uhr nach Anhausen zurück kam, seien bereits zahlreiche Zivilwagen mit aufgesteckten Blaulichtern in Richtung Diedorf gefahren. „Das ist schon ungewöhnlich, bei so einem kleinen Ort.” Als sie in ihrem Viertel ankam „kamen immer mehr Autos”, sagt sie. „Teilweise eben auch richtig große Einsatzwagen”. Der gesamte Supermarkt-Parkplatz sei schließlich mit den Polizeifahrzeugen gefüllt gewesen. Ein großes Einsatzfahrzeug versperrte die Zufahrt in den Elsterweg. Was die Ursache des Großeinsatzes war, erfuhr die Anwohnerin einer Nachbarstraße erst über ein Telefonat mit einem Bewohner aus der Elsterstraße. Sie habe dann im Haus gewartet, Sorgen um die eigene Sicherheit habe sie sich aber eigentlich nicht gemacht. „Ich habe mich in keinem Moment unsicher gefühlt”, sagt sie. „Ich wusste ja, dass da überall Beamte sind, die ihre Arbeit machen”. Trotzdem sei es aber eine seltsame Vorstellung gewesen, „dass in vielleicht zehn Metern Luftlinie mehrere Menschen als Geiseln genommen wurden.” In welchem Haus genau die Geiselnahme stattfand, war ihr zu diesem Zeitpunkt nicht bekannt. Gegen 23 Uhr hörte man dann auch in ihrem Haus den Zugriff auf das Anwesen in der Elsterstraße. Durch das Fenster habe man gehört, wie die Einsatzkräfte mehrmals „Hände auf den Boden” schrien, und zwei laute Geräusche, die für sie nach Schüssen klangen. „Es ist heftig, im realen Leben Schüsse zu hören”, sagt sie. Am Sonntag ist es bereits wieder ruhig im Elsterweg, der Supermarkt-Parkplatz ist so leer, wie es am Wochenende eben üblich ist. Von der Bedrohungssituation und dem Großeinsatz am Tag zuvor blieben kaum Spuren zurück. Streit um Drogen-Delikte führte wohl zur Geiselnahme