Vergleicht man die sechs Wochen vor den Sommerferien mit den sechs Wochen Ferien, zeigt sich ein deutlicher Anstieg der gemeldeten Neuinfektionen in Aichach-Friedberg: von 12. Juni bis 24. Juli waren es 14 positive Tests, von 24. Juli bis 4. September 51. Darunter waren in den Sommerferien 36 Reiserückkehrer aus Kroatien, Spanien, Rumänien, dem Kosovo, Ungarn, Bulgarien, Italien, Frankreich und der Ukraine. In den sechs Wochen davor gab es drei positive Reiserückkehrer aus Österreich. Die Steigerungsrate in beiden Zeiträumen ist mit der bayerischen vergleichbar: Im gesamten Freistaat verdreifachten sich die Neuinfektionen. Ob sich nun aus den nackten Zahlen ein gestiegenes Infektionsgeschehen direkt auf die Urlaubszeit zurückführen lässt? Da ist Aichach-Friedbergs Gesundheitsamtsleiter Dr. Friedrich Pürner sehr skeptisch. Aus fachlicher Sicht, sei das nicht einfach mit „Ja” oder „Nein” zu beantworten, so die Einschätzung des Epidemiologen. Binäre Antworten seien wissenschaftlich unseriös. Dennoch sieht Pürner bei 36 positiv getesteten Reiserückkehrern keine wesentliche Auswirkung. Nur vereinzelte unter ihnen waren laut Pürner wirklich krank und hatten Symptome. Die meisten hatten nur ein positives Testergebnis. Für den Mediziner ist das ein erheblicher Unterschied. Dass die positiven Nachweise nach oben gingen, könne an mehreren Faktoren liegen: Pürner hält es für sehr wahrscheinlich, dass einige Testergebnisse falsch positiv sein könnten. Dass die Infektion der Reiserückkehrer tatsächlich im Urlaubsland erworben wurde, sei nicht auszuschließen, erklärt der Fachmann. Allerdings könnten sich die Reisenden bereits zu Hause infiziert haben und wurden erst bei der Rückreise entdeckt. Denn sicher ist: Es wurde in den Sommerferien insgesamt mehr getestet als in den sechs Wochen davor - und zwar vor allem an Autobahnen, Bahnhöfen und Flughäfen. Und damit vor allem Reiserückkehrer. Die würden die Statistik durcheinanderbringen und sie verzerren, so Pürner. Ein Beispiel: Wer seinen Sommer an einem Badesee im Wittelsbacher Land verbracht hat, ging weniger wahrscheinlich zum Corona-Test als ein Urlauber, auf den die Teststation an der Autobahn wartete. Über die Empfehlung des Ministerpräsidenten, den Urlaub in Bayern zu verbringen, konnte sich der Gesundheitsamtsleiter nur wundern - schließlich gab und gibt es dort einige Hotspots, die regelmäßig die Frühwarn- und Inzidenzgrenze überschritten. „Insofern würde ich mal die steile These wagen, dass es an der Adria sicherer war, als in Bayern”, sagt Pürner, der auch einen Bericht des Robert-Koch-Instituts vom 8. September heranzieht: Demnach wurde bei fast 25 000 gemeldeten Neuinfektionen in den Kalenderwochen 33 bis 36 bei nahezu 10 500 als wahrscheinliches Infektionsland Deutschland angegeben - und landet damit auf Platz eins der Liste. Von den teils hitzigen Diskussionen um Testpflicht und Reisen waren offenbar viele verunsichert, was den Urlaub betraf. Einige wandten sich ans Gesundheitsamt. „Allen, wirklich allen Bürgern, habe ich zu einem Urlaub geraten - und ich tue es weiterhin”, so Dr. Friedrich Pürner. „Die wenigsten Urlauber sind ein feierwütiger Mob. Wer sich mit gesundem Menschenverstand bewegt und sich an Hygieneregeln hält, ist auch im Urlaub sicher - oder sogar sicherer”, meint Pürner. Schließlich wirkten viele Urlaubsregionen nahezu ausgestorben im Gegensatz zu den heimischen Reisezielen. „Die Leute brauchen dringend wieder Normalität, die Pandemie ist ja gerade eine Pandemie, weil es das Virus überall gibt. Und glücklicherweise entsprechen die Fallzahlen an Erkrankten, schwer Erkrankten und die der Todesfälle nicht im geringsten den Prognosen mancher Experten und der Politiker. Eine zweite Welle ist derzeit nicht im Ansatz zu erkennen”, meint Pürner. Pürner: „Wer sich mit gesundem Menschenverstand bewegt und sich an Hygieneregeln hält, ist auch im Urlaub sicher”