Der Jahresrückblick 2023 der Aichacher Zeitung

Von Bobingen nach Las Vegas: Zauberkünstler Phil Rice hat große Pläne

Phil Rice führt mit Leichtigkeit seine Tricks vor und liebt es, Menschen zu verzaubern. „Auch wenn ich einem Anwalt oder Fußballprofi gegenüberstehe, mit der Magie holst du das Kind aus ihnen heraus”, erklärt der 19-jährige Bobinger Phil Rice seine Faszination für die Zauberei.Mit neun Jahren bekam Philipp Reisner von seinen Großeltern einen Zauberkasten geschenkt. Diesen hatte er allerdings schnell mit großer Begeisterung durchgearbeitet und suchte neue Herausforderungen. Als seine Familie dann in den Urlaub flog, sollte er eigentlich ein Buch mitnehmen, um es in den zwei Wochen zu lesen. Er ließ es zu Hause liegen. Als die Eltern das am Flughafen bemerkten, gingen sie mit ihm in einen Buchhandel und kauften vor dem Abflug noch ein Buch. Er entschied sich für „Zaubern für Dummies”. „Der ganze Urlaub bestand dann eigentlich nur noch daraus, sämtliche Utensilien zusammen zu suchen und Tricks aus dem Buch nachzuzaubern”, sagt Reisner.

Als er elf Jahre alt war, fragte die Bobinger Sparkasse bei seinen Eltern an, da sie gehört hätten, ihr Sohn würde mit seinen Zaubertricks für Unterhaltung sorgen, ob er nicht beim Weltspartag für die Kinder zaubern wolle. Natürlich wollte er das machen, sagt Reisner. „Ich war damals recht klein für mein Alter, hatte lange Haare, habe mir dann einen Zylinder aufgesetzt und einen Umhang angezogen und mir von meinem Opa eine Fliege geschnappt”, erzählt er und ergänzt, dass er dann in einer Ecke der Lobby einen kleinen Tisch mit seinen Utensilien hatte und während die Eltern mit ihren Kindern in der Schlange der Bank anstanden, führte er seine Tricks vor. „Ich bin dann auch einfach zu den Leuten hingegangen und habe ihnen etwas vorgeführt”, berichtet er. An beiden Tagen sorgte er in der Bank so für Unterhaltung, jeweils vier Stunden. „Seitdem hatte ich nie wieder Auftritte, die so lange dauern. Das ist schon ungewöhnlich, mehrere Stunden am Stück zu zaubern”, sagt er.

Er versuchte immer besser zu werden und meldete sich 2014 zur Deutschen Jugendmeisterschaft an. Diese wird vom Magischen Zirkel von Deutschland, einer internationalen Vereinigung der Zauberkünstler zur Pflege und Förderung der magischen Kunst, organisiert. „Ich wollte an der Meisterschaft in Frankfurt nur teilnehmen, um Feedback von anderen Zauberkünstlern zu bekommen”, erklärt er. „Das war schon cool, dass sie so begeistert von meinen Tricks waren und ich direkt gewonnen habe”. Gegen etwa 100 Mitstreiter setzte er sich durch und gewann 2014 und im darauffolgenden Jahr 2015 die deutsche Meisterschaft. Mit seinen 19 Jahren tritt er nun bei den Erwachsenen an.

Sowohl bei den deutschen, als auch bei den Weltmeisterschaften gelten strenge Regeln. Dabei ist für die Qualifikation der WM ein gutes Abschneiden bei den nationalen Meisterschaften nötig. Wer allerdings einmal die Top 3 der deutschen Meisterschaft erreicht hat, darf immer an einer WM teilnehmen. Während den Wettbewerben haben die einzelnen Teilnehmer jeweils fünf bis zehn Minuten Zeit, um ihre Nummer zu präsentieren. „Ist der Trick nur eine Sekunde zu kurz oder zu lang, bist du disqualifizert”, erzählt Phil Rice. „Für eine acht Minuten Nummer übe ich etwa zwei bis drei Jahre”. Auf der Bühne bekommen die Akteure mit einem Lichtsignal mitgeteilt, wie sie in der Zeit liegen. Sobald die letzte Minute anbricht, erscheint ein gelbes Licht. Sollten die zehn Minuten überschritten sein, schlägt es um in ein rotes Licht. Dann ist man wegen Zeitüberschreitung ausgeschieden. „90 Prozent der Nummern sind auf die Sekunde getimed. Wenn zwischendrin die Zuschauer zu lange applaudieren und man deshalb nicht so weitermachen kann wie geplant, kann das dazu führen, dass du ausscheidest”, erklärt Rice.

Dieses Jahr war er jedoch nicht bei der Weltmeisterschaft im Juli in Südkorea dabei. Solch eine Reise koste etwa 5000 Euro und das war einfach noch nicht im Budget, so Rice. Dafür war er im August für eine Woche in Las Vegas unterwegs und besuchte Shows der großen Zauberer. „Jedes Mal wenn ich Copperfield zusehe, weiß ich bei 80 Prozent der Tricks nicht, wie er das macht und habe auch Stunden später noch keine Erklärung dafür. Der Mann ist einfach ein Ausnahmekünstler”, schwärmt Rice. Außerdem hat er in Amerika die Erfahrung gemacht, dass die Zauberkunst dort durch Siegfried und Roy oder David Copperfield einen ganz anderen Stellenwert hat als in Deutschland. Die Menschen lassen sich dort auf der Straße viel mehr begeistern. „Manche konnten es schon bei ganz einfachen Tricks, die ich zum Aufwärmen mache, nicht mehr fassen und haben sich gar nicht mehr eingekriegt.” Das deutsche Publikum sei schwerer zu begeistern, erzählt er. Das sei aber durchaus positiv zu betrachten, denn „wenn du in Deutschland als Zauberer gut bist, dann bist du in anderen Ländern der Größte”.

Bereits seit vier Jahren hat er jedes Wochenende Auftritte, meist freitags und samstags. Bis er im vergangenen Jahr das Abitur auf dem Königsbrunner Gymnasium machte, war das hin und wieder ein bisschen schwierig, aber er hatte das Direktoriat schnell verzaubert und von sich überzeugt. Wenn er für eine Veranstaltung unter der Woche gebucht wurde und rechtzeitig im Voraus Bescheid gegeben hat, gab es auch mal schulfrei.

Obwohl seine Familie und Freunde öfter auf ihn eingeredet haben, dass er sich mit einem Studium absichern solle, wolle er sich voll und ganz auf die Zauberei fokussieren. „Wenn ich da nicht zu 100 Prozent bei der Sache bin, dann kann das glaube ich nichts werden”, sagt Rice. Von Beginn an kann er auf die Unterstützung seiner Familie zählen. Sein Vater fuhr ihn zu jedem seiner Auftritte und war bis vor einem halben Jahr immer dabei. Neben Auftritten im Großraum Augsburg zauberte er in den vergangenen Jahren bereits für den FC Augsburg und die Augsburger Panther. Vor zwei Monaten war er für zwei Wochen in Tunesien, um für Gäste eines Hotels zu zaubern. Diese waren so begeistert, dass die Hotelkette ihn direkt für weitere Auftritte im kommenden Jahr in Thailand engagiert hat.

„Ich möchte auch unbedingt mal auf einem Kreuzfahrtschiff zaubern und für ein paar Jahre meine eigene Show in Las Vegas haben”, erzählt Phil Rice, dessen großer Traum es ist, einmal auf der Couch in der Talkshow von Ellen Degeneres zu sitzen.

Seinen ersten ganz großen Auftritt hat er allerdings am Donnerstag, 11. Oktober, im Kurhaus Göggingen. Dort tritt er gemeinsam mit seinem Kollegen und Freund „Topas” aus Stuttgart auf. Topas ist zweimaliger Weltmeister der Manipulation. Rice und Topas haben den gleichen Regisseur, der ihnen bei Texten und psychologischen Effekten hilft. An diesem Abend werden beide in einem 100-minütigem Programm die Zuschauer verzaubern. Außerdem ist bereits ein weiterer Auftritt am 25. Januar in der Singoldhalle in Bobingen geplant. (pb)


Von Patrick Bruckner
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