Der Jahresrückblick 2023 der Aichacher Zeitung
Veröffentlicht am 23.04.2016 12:00

Vom Biermadl zum Top-Model: die Schützenliesl

Die Schützenliesl des bekannten Stimmungsliedes der Volksfestzelte hat es tatsächlich gegeben. Sie stammte allerdings nicht aus München, sondern aus dem Wittelsbacher Land. Geboren ist sie als Coletta Möritz am 19. September 1860 in Ebenried bei Pöttmes als uneheliche Tochter der ledigen Marianne Möritz und des Müllerburschen Peter Mair. Ihre Mutter war bald aus Ebenried nach München umgesiedelt und hatte ihre Tochter nachgeholt. Coletta besuchte die Schule, ab 1877 arbeitete sie als Biermadl beim Sterneckerbräu im Tal und lernte den Beruf der Kellnerin. Hier, beim Bräu, fand die hübsche Bedienung das Interesse des Malers Friedrich August Kaulbach. Coletta gefiel ihm, er postierte sie kurzerhand auf einem Stuhl, gab ihr ein paar Maßkrüge in die Hände und porträtierte sie. Den Stuhl ersetzte er im Ölbild durch ein rollendes Holzfass. Den Kopf des Mädchens schmückt eine Schützenscheibe, schelmisch sitzt sie zwischen Ohr und Scheitel. Das war 1878.

Drei Jahre später machte die Darstellung Furore. Kaulbach schenkte seine fröhliche „Schützenliesl” dem Festausschuss des siebten deutschen Bundesschießens. Der stellte das Gemälde auf der Münchner Theresienwiese in einer Bierhalle aus, die ebenfalls den Namen „Schützenliesl” trug. Hier wurde Coletta mit den schaumtriefenden Maßkrügen zu einem der Hauptanziehungspunkte des Schützenfestes. Die Mannsbilder kamen gerne, um die fesche Kellnerin als Gemälde und im Original zu sehen. Colette avancierte vom Biermadl zum Top-Model, wie man heute sagen würde.

Die hübsche junge Coletta kann man jederzeit besuchen: Eine Kopie von Kaulbachs Bild hängt im Arnhofer Stadl bei Inchenhofen, wo Ottilie Rigl, die heute 86-jährige Großnichte der Schützenliesel, lebt; im Münchener Stadtmuseum zu sehen ist eine Lithografie „Die schöne Coletta” des Münchener Kunstmalers Toni Aron aus dem Jahre 1890. So malte Friedrich August Kaulbach Coletta Möritz. Das Originalbild ist fünf Meter hoch. Diese Schützenscheibe aus dem Jahr 1881 ist eines der Werbe-Motive der Landesausstellung 2016.

Die komplette Geschichte auf einer Sonderseite in der Samstag-Ausgabe der Aichacher Zeitung oder im E-Paper.


Von Wolfgang Glas
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