Die Recherche zeigt: Die „Boandl-Disco” gehört auch zu den ältesten Diskotheken Deutschlands überhaupt. 58 Jahre alt ist sie heuer geworden. Einen Tanzsaal gibt es in Baindlkirch nämlich schon seit 1964. Damals traten hier Live-Bands auf, darunter bekannte Musiker wie die Blackbirds, Route 66 und sogar die Flippers. „Das waren schon tolle Zeiten, daran erinnert man sich gern”, sagt Michael Ittlinger. Seine Mutter und sein Vater haben begonnen, hier zum Tanz einzuladen, in den 60er Jahren entstanden viele Säle dieser Art. Das „Boandl” gibt es immer noch, weil es mit der Zeit gegangen ist: 1976 wurde auf Disco-Betrieb umgestellt. Es ist ein Traditions- und Generationsprojekt, und auch das ist einzigartig. Denn es ist wohl die einzige Diskothek Deutschlands, die über eine so lange Zeitspanne nur eine Besitzerfamilie zu verzeichnen hat: Michael Ittlinger übernahm sie einst von seinen Eltern, mittlerweile leiten sein Sohn Michael Ittlinger junior und dessen Frau Sarah das familiengeführte Unternehmen.

Was die Besucher seit Jahrzehnten am „Boandl” schätzen? „Das ist wie heimkommen, sagen die Gäste”, berichtet Senior-Chefin Magdalena Ittlinger. „Es ist das Familiäre”, ist sich auch Junior-Chef Michael Ittlinger sicher. Das Zusammenkommen unterschiedlicher Generationen ist das Markenzeichen des „Boandls”. Anfang des Jahres gibt es immer eine Revival-Party, praktisch eine Geburtstagsfeier. Zu der kommen oft Stammgäste, die der Diskothek schon seit Jahrzehnten die Treue halten. Generell findet sich ein alterstechnisch sehr gemischtes Publikum dort ein, berichten die Betreiber. Jung und Alt feiern hier miteinander, rund 200 Gäste. Es gibt einen bestuhlten Raum, ein paar Stehtische, eine große Tanzfläche und einen großen Ausschankbereich, an dem die Besucherinnen und Besucher ihren Durst löschen können. Und nicht nur das, auch um den Hunger ihrer Partygäste kümmern sich die Tanzsaal-Betreiber. Magdalena Ittlinger macht zu diesem Zweck Schnitzelsemmeln, schon mal bis zu 100 Stück pro Abend. „Die sind ganz begehrt”, weiß sie aus Erfahrung. „Das ist einfach Tradition.” Seit 1977 gibt es die Schnitzelsemmeln mit Kraut im „Boandl” als Stärkung.

Verändert hat sich indes die Art des Feierns, berichten Vater und Sohn. Früher hieß es nach dem Vereinstreffen „Jetzt fahren wir noch ins Boandl”, erzählt der Senior-Chef. Die Gäste kamen früher, weil um ein Uhr Sperrstunde war. Heute kommen sie später und feiern gern unter einem bestimmten Motto, wie der 38-jährige Michael Ittlinger sagt. Zur Party unter dem Titel „Bäuerin sucht Mann mit Hektar” seien Gäste bis aus Franken und dem Allgäu gekommen. Auch Mallorca- und Apres-Ski-Mottos schätzen die jungen Besucherinnen und Besucher, oder die 90er-Parties die Junggebliebenen. Ansonsten spiele man gemischte Musik, um in der Ein-Raum-Disko genug Abwechslung zu bieten: von Fox, über Black, Rock, Disco-Sound bis zu House und „sehr guten Songs aus alten Zeiten”, wie Michael Ittlinger senior beschreibt. Das „Boandl” lädt freitags und samstags von 21 bis 3 Uhr zum Feiern ein. Von September bis Ende April ist Disco-Betrieb, im Sommer wird der Saal für Hochzeits- und Geburtstagsfeiern genutzt.

Ebenfalls schon seit 1964 gibt es eine Kellerbar. Die urige Kneipe dient als Ergänzung zur Diskothek, wenn viel los ist, man kann sie aber auch für Feierlichkeiten mieten. Mit ihren holzvertäfelten Sitzecken, dem schummrigen Licht und der langen Theke versprüht auch sie jahrzehntelange Erinnerungen an durchzechte Nächte und Absacker in gemütlicher Runde.

Der Hof befindet sich seit 1882 in Familienbesitz, einen landwirtschaftlichen Betrieb gab es hier wohl schon im 17. Jahrhundert, erzählt Familie Ittlinger. Bis Anfang der 70er Jahre wurden hier noch Pferde, Rinder und Schweine gehalten. Heute dient die Scheune als Veranstaltungsort - zum Beispiel zum Brautverziehen. Die Ittlingers betreiben neben der Diskothek auch noch das Restaurant „Zum Fischerwirt” und ein angegliedertes Hotel. Im Innenhof gibt es einen Biergarten, der bis zu 300 Gästen Platz bietet. Schummriges Licht in holzvertäfelten Sitzecken