Der Jahresrückblick 2023 der Aichacher Zeitung
Veröffentlicht am 20.10.2023 18:32

Letzte Ruhe unter Bäumen

<b>Die Bestattungskultur</b> verändert sich seit Jahren. CSU und Grüne wagen jetzt im Aichacher Stadtrat einen Vorstoß, Baumfeldgräber in der Stadt zu realisieren. (Foto: Pixabay)
Die Bestattungskultur verändert sich seit Jahren. CSU und Grüne wagen jetzt im Aichacher Stadtrat einen Vorstoß, Baumfeldgräber in der Stadt zu realisieren. (Foto: Pixabay)
Die Bestattungskultur verändert sich seit Jahren. CSU und Grüne wagen jetzt im Aichacher Stadtrat einen Vorstoß, Baumfeldgräber in der Stadt zu realisieren. (Foto: Pixabay)
Die Bestattungskultur verändert sich seit Jahren. CSU und Grüne wagen jetzt im Aichacher Stadtrat einen Vorstoß, Baumfeldgräber in der Stadt zu realisieren. (Foto: Pixabay)
Die Bestattungskultur verändert sich seit Jahren. CSU und Grüne wagen jetzt im Aichacher Stadtrat einen Vorstoß, Baumfeldgräber in der Stadt zu realisieren. (Foto: Pixabay)

Ruhen unter einem Dach aus Grün. Diese Vorstellung gefällt immer mehr Menschen. Grabstein und Gesteck wollen sie nach ihrem Tod weglassen. Kremiert und in einer hölzernen Urne möchten sie ihre letzte Ruhe zwischen Wurzeln und Moos finden. Die Bestattungskultur verändert sich auch hierzulande seit Jahren. Bestattungen in eigens dafür ausgewählten Wäldern nehmen zu. Im Gumppenberg'schen Forst westlich von Pöttmes plant die Firma Friedwald derzeit gemeinsam mit dem Eigentümer einen solchen Friedhof im Wald. Er wäre der erste im Landkreis Aichach-Friedberg. Bislang müssen Hinterbliebene und die Verstorbenen, die unter einem Baum begraben werden wollen, weite Wege auf sich nehmen. Der nächste Bestattungswald liegt in Harburg im Landkreis Donau-Ries. Jetzt könnte sich auch in Aichach etwas tun.

Dort löst die sich verändernde Bestattungskultur in regelmäßigen Abständen konträre Diskussionen im Stadtrat aus. Ein Teil tut sich schwer, dem Wandel zu folgen. Der Trend zur Urnenbestattung ist freilich längst kein Phänomen der Großstädte mehr, auch auf dem Land steigt die Nachfrage nach Urnenfeldern stetig an. In der Paarstadt gibt es zwar ein anonymes Urnenfeld am Neuen Friedhof, vor ein paar Jahren wurde dort auch ein Mehrfachurnengrab geschaffen, eine Urnenwand gibt es derweil noch immer nicht.

2018 wurde ein Antrag der Grünen, Baumgrabfelder anzulegen, mit 11:1 Stimmen abgelehnt. Mit 16:11 Stimmen scheiterte ein Jahr später auch das Vorhaben eines Unternehmens, gemeinsam mit der Fuggerschen Stiftung im Blumenthaler Forst einen Bestattungswald anzubieten. Nun unternehmen die Stadtratsfraktionen der Grünen und der CSU gemeinsam einen neuen Vorstoß.

Stefan Westermayr (CSU) und Marion Zott (Grüne) beziehen sich auch auf Gespräche mit heimischen Bestattungsunternehmen. Demnach steigt nicht nur die Nachfrage nach Urnenbestattungen im Allgemeinen, sondern insbesondere auch die Nachfrage nach naturnahen Bestattungsformen an. Hierbei handele es sich um Baumgräber, Rasen- oder Wiesengräber sowie vielfältig bepflanzte Beetanlagen. „Dem Wunsch vieler Aichacher Bürger zu entsprechen, gleichzeitig aber auch die Chance zu nutzen, mehr Kapazitäten zu schaffen und dabei die neuen Urnenquartiere so zu gestalten, dass ein harmonisches Gesamtkonstrukt entsteht, das zum Verweilen einlädt, wäre im Interesse aller”, schreiben die beiden Stadträte.

Dem kann David Assmuss vom gleichnamigen Bestattungsunternehmen nur zustimmen. Schon jetzt reichten die Urnengräber kaum noch aus, am Neuen Friedhof wird diesbezüglich bereits „nachverdichtet”. Sofern Aichach tatsächlich ein kluges Konzept erarbeite, das auch naturnahe Urnenbestattung beinhalte, sagt er sogar eine enorm steigende Nachfrage voraus. Wer sich derzeit für ein Baumgrabfeld interessiert, muss weit fahren. Das schreckt dann doch ab. So gesehen dürfte der Waldfriedhof, der in Pöttmes geplant ist, auch in Aichach auf offene Ohren stoßen.

Fraktionen fordern Konzept für Alten Friedhof

Die steigende Nachfrage lässt sich allein anhand der wachsenden Anzahl an Unternehmen ablesen, die sich auf Bestattungswälder spezialisiert haben. Da wären Waldruh, Ruheforst und Friedwald. Das ist der „Global Player”, sagt Clemens von Trebra-Lindenau aus Unterweilbach. Während in Pöttmes noch geplant wird, hat sein Bestattungswald im Landkreis Dachau seit nun drei Wochen geöffnet (wir berichteten). Etwa ein Dutzend Bestattungen haben bereits in der „Waldruh Amperland” stattgefunden. Begraben werden die Verstorbenen in einem ausgedehnten Waldstück auf einem Hügel. Der Forst erstreckt sich auf die beiden Gemeinden Röhrmoos und Hebertshausen. Ruhig ist es dort – und sehr grün.

Regelmäßig bietet der Forstbetreiber Führungen durch den Wald an, so auch an diesem Samstag, 21. Oktober, ab 11 Uhr. Die Resonanz sei gut, sagt von Trebra. Wer in seinem Bestattungswald beerdigt werden möchte, kann zu Lebzeiten einen Baum auswählen, an dem er entweder einen Platz erwirbt oder mehrere Plätze reserviert. Beigesetzt werden die Verstorbenen ausschließlich in Urnen. Mehr Freiheit gibt es bei der Wahl der Baumart. „Wir achten stark darauf, dass wir nur solche Bäume als Grabbäume auswählen, die resistent gegen den Klimawandel sind”, sagt der Forstbesitzer. „Douglasie, kanadische Roteiche, Lärche, Stieleiche oder junge Fichten”, zählt er auf. Gewählt wird ganz unterschiedlich. Die Nachfrage aber, so der Waldruh-Betreiber, sei groß. In Aichach dürfte das nicht anders sein, so seine Vermutung.

Ob mit dem Vorstoß der Christsozialen und der Grünen nun Bewegung in die Sache kommt, ist freilich offen. Gefordert wird von Aichachs Grünen und der CSU-Stadtratsfraktion übrigens zudem ein Konzept für den Alten Friedhof, das den Spagat zwischen sinnvoller Nachverdichtung und den Erhalt des traditionellen Charakters schaffe. Hintergrund ist, dass es auf dem Alten Friedhof inzwischen viele aufgelassene Grabstellen gibt.

Von einem „Flickenteppich” ist im Antrag die Rede, der die Bedeutung und den Frieden dieses Ortes immer mehr beinträchtige. Es sei von entscheidender Bedeutung, eine harmonische Lösung zu finden, die es ermögliche, den Friedhof zu verdichten, ohne dabei den historischen Wert zu opfern. Angeregt wird zudem eine Prüfung, inwieweit naturnahe Bestattungsstätten auf den städtischen Friedhöfen der Ortsteile möglich wären.


Bastian Brummer
Bastian Brummer

Redakteur

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