Mit E-Mobilität, Solarenergie und Nachhaltigkeit beschäftigte sich der Umweltausschuss des Kreistags in seiner jüngsten Sitzung. Also Zukunftsthemen, wie sie zu Recht genannt werden. Alle Konzepte und Strategien wurden einstimmig oder mit großer Mehrheit verabschiedet. Wer diese Debatte(n) verfolgt, fragt sich trotzdem, warum sich die Politik mit diesen Themen so schwer tut, so viel Energie aufwendet, das Haar in der Suppe zu suchen, die Tendenz hat, gerade hier alles zu zerreden.
Natürlich: Politik muss Vorschläge kritisch prüfen, diskutieren und Alternativen formulieren. Mindestens mit dem letzten Punkt tut man sich schwer. Dabei ist der Kreistag Aichach-Friedberg nur ein Spiegelbild der Politik und der Gesellschaft im ganzen Land. Dahinter steckt mehr.
Da ist zum einen das Phänomen, dass man um die Gründe und die Gefahr der Klimakrise seit 50 Jahren weiß, die Einsicht aber abgewehrt und nicht (genügend) in konkretes Handeln umsetzt. Verdrängen ist einfacher, als sich dem Unangenehmen zu stellen. Bei manchen Kreistagsmitgliedern glaubt man einen regelrecht körperlichen Widerstand bei dem Thema zu spüren. Mittlerweile beschäftigten sich Psychologie und Soziologie damit, woher diese Vorbehalten, diese Widerstände kommen – ausgerechnet bei einem Thema, das alle angeht und so wichtig ist wie kaum ein anderes.
Der Soziologe Jens Beckert führt das auf die Tatsache zurück, dass es sich beim Klimawandel um ein tückisches Problem handelt, für das es keine einfache Lösungen gebe. Wichtig sei aber, die Realität möglichst präzise zu verstehen, um auf dieser Basis etwas zu erreichen. Genaues Verstehen also.
Womit man beim zweiten Punkt ist: In der Kreispolitik gibt es, genau wie in anderen Gremien, eine seit Jahren zunehmende Skepsis gegenüber Studien, Strategien und Konzepten. Da würde nur Papier für die Schublade produziert, alles sei unkonkret, vage, abstrakt, theoretisch und realitätsfern, lauten stetig wiederholte und dabei nicht origineller werdende Argumente. Auch da meint man zu sehen, wie es manchen Kommunalpolitiker innerlich schüttelt. „Theorie“ – .
Dabei ist die Wahrheit einfach, dass es ohne Theorie keine Praxis gibt. Das ist wie bei einer Wanderung. Man hat eine Karte, auf der ist das Ziel verzeichnet. Das identifiziert man bei einem groben Überblick und dann schaut man genauer hin, sucht und vergleicht einzelne Wege, nimmt sich einzelne Etappen vor, geht Schritt für Schritt und überprüft zwischendrin immer wieder, ob man damit ans Ziel kommt. Nichts anderes macht ein (politisches) Konzept oder Strategiepapier. Aber man braucht eine Karte, also einen Plan. Und genau das ist Theorie: einen vorher genau überlegten Plan zu haben.
„Theorie heißt, eine Sache ganz zu machen“, pflegte Arno Baruzzi zu sagen, der in München und Augsburger als Professor Philosophie lehrte. Die Realität wird die Theorie und den Plan sowieso verändern und eine halbe Sache daraus machen. Zumindest am Anfang sollte man aber schon eine Vorstellung vom Ganzen haben und wohin es gehen soll.
Im Übrigen weiß man, was geschieht, wenn es andersherum ist: Teilweise dieselben Menschen werfen der Politik dann eines vor: keinen Plan zu haben.