An diesem Samstag vor genau 400 Jahren wurde der erste Wittelsbacher zum Kurfürsten erhoben. Dieses bedeutsame historische Ereignis vom 25. Februar 1623 wird auf einem fast ebenso alten Gemälde im Kloster Scheyern dargestellt – und zwar auf dem letzten der sogenannten Fürstenbilder (siehe Kasten) in der Johanneskapelle des Klosters. Das Gemälde zeigt, wie der bayerische Herzog Maximilian I., gekleidet in einen eleganten Zobelmantel, vor Ferdinand II., dem Kaiser des Heiligen Römischen Reichs deutscher Nation, kniet und vom Monarchen mit der Würde als Kurfürst belehnt wird.
Damit gelangten die bis dahin machtpolitisch nicht ganz so bedeutenden Wittelsbacher – das heutige Kloster Scheyern ist ihr Stammsitz – in den Kreis der mächtigsten Adeligen des Reichs. Die sieben Kurfürsten – vier weltliche und drei geistliche Herren – entschieden seit dem Spätmittelalter darüber, wer in der Wahlmonarchie zum Kaiser aufstieg; anders als in den anderen damaligen europäischen Großmächten England, Spanien, Schweden oder Frankreich folgte nämlich nicht automatisch der älteste Sohn dem Vater auf dem Thron nach.
Wobei das Gemälde in der Kapitelkirche des Klosters nicht die ganze Wahrheit wiedergibt. Denn die Darstellung zeigt zwar die übrigen sechs Kurfürsten, die um den Kaiser herum sitzen – aber tatsächlich waren bei dem Ereignis in Regensburg nur die Erzbischöfe von Mainz und Köln persönlich anwesend. Ihr erkrankter Kollege aus Trier ließ sich von einem diplomatischen Gesandten vertreten und der König von Böhmen war sozusagen dienstlich verhindert: Bei ihm daheim tobte bereits der Dreißigjährige Krieg. Am schlimmsten für den Kaiser aber war: Die beiden mächtigsten Kurfürsten, der Herzog von Sachsen und der Markgraf von Brandenburg, blieben dem Zeremoniell aus Protest fern.
Denn den beiden missfiel, dass sich mit dem braven Katholiken Maximilian das zahlenmäßige Verhältnis im Kurfürstenkreis noch stärker zugunsten der älteren Konfession verschob. Fortan verblieben mit ihnen nur noch zwei Protestanten in dem Gremium. So war das gut 70 Jahre zuvor im Augsburger Religionsfrieden nicht vereinbart worden. Da sollte doch machttechnisch in etwa Parität unter Evangelischen und Papstreuen herrschen. Dem Brandenburger und dem Sachsen hätte es besser gefallen, wenn der streng protestantische Pfalzgraf bei Rhein Kurfürst geblieben wäre. Dass der unter anderem auch aus Religionsstreitigkeiten geführte Dreißigjährige Krieg dann noch weitere 25 Jahre dauerte, dürfte auch mit der umstrittenen Wahl des sehr selbstbewussten Herzogs von Bayern zusammenhängen.
Jahrelang duellierten sich von ihren jeweiligen Fürsten beauftragte Juristen per Feder beziehungsweise tiefsinnigen rechtlichen Gutachten, ob denn nun die Aufnahme des Wittelsbachers rechtens war oder nicht. Maximilian selbst tangierte das nur am Rande. Er wusste: Der Kaiser brauchte ihn als nach den Habsburgern mächtigsten katholischen Fürsten im Reich bei den anstehenden militärischen Auseinandersetzungen. Und ausgestattet mit der neuen Machtfülle als Kurfürst, jagte er dem mit ihm weitläufig verwandten besagten Pfalzgrafen obendrein noch ein großes Territorium rund um Regensburg ab und gliederte es als sogenannte Oberpfalz seinem Machtbereich ein. 2028 wird es dann 400 Jahre her sein, dass der heutige gleichnamige Bezirk als Territorium zu Bayern kam.
Kaiser Ferdinand II. wollte den Bayern, trotz dessen dringend benötigten Truppen, allerdings nicht zu mächtig werden lassen. In der prächtigen Urkunde über die Belehnung mit der Kurwürde wird nur Maximilian als Person genannt – nicht aber seine männlichen Nachkommen. Trotzig ließ der Wittelsbacher sich fortan auf Gemälden immer mit dem Kurhut und dem Reichsapfel als Symbol des Reichstruchsess (jeder Kurfürst bekleidete formal ein kaiserliches Hofamt) ablichten. Doch 1645 erweiterte der neue Kaiser Ferdinand III. – als Sohn von Maximilians Schwester Anna ein Neffe des bayerischen Herzogs – die Kurwürde auch auf die Söhne, Enkel und Urenkel seines Onkels.
Und damit nicht genug der weiß-blauen Erfolgssträhne: Als einer der ganz wenigen Herrscher Europas, die bereits bei Ausbruch des Dreißigjährigen Kriegs regierten, herrschte Maximilian I. auch noch 1648 zum Zeitpunkt des Endes der blutigen Auseinandersetzungen: Er lebte von 1573 bis 1651 und erreichte mit 78 Lenzen ein für die damalige Zeit fast schon biblisches Alter. Und er war wohl sogar der einzige deutschsprachige Regent, der in diesem Krieg unterm Strich keine territorialen Verluste erlitt, sondern im Gegenteil sogar einen Machtzuwachs verbuchen konnte.