Der Jahresrückblick 2023 der Aichacher Zeitung
Veröffentlicht am 08.12.2015 12:00

Dritte Runde im Pöttmeser Kunstraub

Als „Pöttmeser Kunstraub” bezeichneten auch überörtliche Medien das, was sich, so bis dato die Einlassung des Eigentümers, im Juli 2012 in seinem Einfamilienhaus ereignet haben soll. Eingebrochen worden sei bei ihm, wertvolle Sammlerstücke seien entwendet worden, hatte der Zahntechniker behauptet. Der Versicherung meldete er das Verschwinden von Gemälden und Schmuck ebenso wie das kurioser Gegenstände: Menschenköpfe, Wolfsfelle, Samuraischwerter, ein persischer Kriegshelm, Pferdelederschuhe und Opiumgewichte. Eine halbe Million Euro Schaden sei ihm entstanden. Aufgrund der vorhandenen Policen hätte ihm die Versicherung gut die Hälfte davon erstattet. Doch zur Auszahlung kam es nicht, denn es ergaben sich Zweifel an dem Einbruch.

Der erste Verteidiger des Zahntechnikers hatte in Aichach auf Freispruch plädiert: „Im Zweifel für den Angeklagten.” In der Paarstadt waren noch alle Vorwürfe bestritten worden. In der Berufungsverhandlung Anfang 2015 gab es dann einige Merkwürdigkeiten. Zunächst erklärte Rechtsanwalt Herrmann, sein Mandant gestehe. Die Richterin hörte dennoch alle Zeugen an. Danach wurde das Geständnis eingeschränkt: Zugegeben wurde nur, man habe die Versicherung hinsichtlich der Anzahl der verschwundenen Gegenstände angelogen. Herrmann forderte ebenfalls einen Freispruch. Das Urteil lautete auf sechs Monate Haft wegen Vortäuschens einer Straftat plus zwei Jahre und sechs Monate wegen versuchten Betrugs - unterm Strich zwei Jahre und acht Monate Haft. Revision wurde eingelegt. Teilweise erfolgreich: Das Oberlandesgericht erklärte das Urteil wegen Vortäuschens einer Straftat sei rechtens. Hinsichtlich des versuchten Betrugs an der Versicherung müsse jedoch geklärt werden, was Hausrat sei (dieser war in unbegrenzter Höhe versichert), und was unter die Bezeichnung Wertgegenstände falle (Deckungssumme 50 000 Euro).

Richter Stefan Nielsen legte gestern dar, wie er das sieht: „Für mich ist ein Rembrandt an der Wand Hausrat, einer im Tresor ein Wertgegenstand.” Er bat den Angeklagten, ihm zu erklären, warum er den Einbruch vorgetäuscht habe. Das könne das Geständnis aufwerten. Doch dieser ließ seine Anwälte für sich sprechen. „Gehen Sie davon aus, dass das fürs Verfahren am sachdienlichsten ist”, sagte Nicole Lehmbruck. David Herrmann berichtete, der 62-Jährige sei von der Sache „sehr, sehr getroffen und wirtschaftlich ruiniert”. Er betrieb mit einem Zahnarzt, der aus Russland immigriert war, ein Zahnzentrum in Ingolstadt. Im einen Stock die Praxis, im anderen das Labor. Der Angeklagte habe die Praxis eingerichtet und dem Mediziner verpachtet. Dieser habe gut verdient, jedoch übersehen, „dass man in Deutschland Steuern zahlen muss”.

Die Verteidiger erhoffen sich nun, nach dem vollumfänglichen Geständnis, und nachdem nun erstmals der Schaden genau ausgerechnet wird, eine Bewährungsstrafe für den 62-Jährigen.


Von Wolfgang Glas
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