Der Jahresrückblick 2023 der Aichacher Zeitung
Veröffentlicht am 20.07.2022 19:01

Der Großbrand von Mainbach

So sieht der Kasmer-Hof in Mainbach aus. (Foto: Josef Abt)
So sieht der Kasmer-Hof in Mainbach aus. (Foto: Josef Abt)
So sieht der Kasmer-Hof in Mainbach aus. (Foto: Josef Abt)
So sieht der Kasmer-Hof in Mainbach aus. (Foto: Josef Abt)
So sieht der Kasmer-Hof in Mainbach aus. (Foto: Josef Abt)

Ein schweres Gewitter zieht auf und Blitze zucken über die Landschaft und einer davon schlägt in ein Gebäude eines landwirtschaftlichen Hofes, der kurz darauf lichterloh brennt. Zu allem Übel gibt es wenig Löschwasser und auch keine Feuerwehr, die bei der Brandbekämpfung hätte schnell eingreifen können, so dass die Gebäude bis auf die Grundmauern niederbrennen. Vor genau 150 Jahren geschah das in Mainbach.

Es war an einem Sonntag, genau am 28. Juli 1872, als ein schweres Gewitter aufzog und ein Blitz in das Anwesen des Bauern Martin Altmann („Kasmer-Hof“), direkt an der Abzweigung von der Donauwörther Straße und der Dorfstraße gelegen, einschlug. Fast die gleiche Situation gab es erst vor wenigen Wochen, als ebenfalls nach einem nächtlichen Blitzschlag ein landwirtschaftliches Anwesen nicht weit entfernt vom damaligen Brandort, nämlich in Hollenbach, einen Brand mit großem Schaden anrichtete. Hier konnte aber dank des schnellen Eingreifens der vielen Rettungskräfte und moderner Brandbekämpfungsgeräten Schlimmeres verhindert werden, anders als damals vor 150 Jahren in Mainbach. Hier gab es nämlich noch keine ausgebildete Feuerwehr, auch keine Löscheinrichtungen, außer Eimer und die Bevölkerung, die von Hand Wasser heranschaffen musste. Lediglich eine Handdruckspritze stand in Mainbach bei einem Bauern, doch mit dieser war natürlich dem Feuer, das an allen Ecken des Hofes wütete, nicht beizukommen. Innerhalb weniger Stunden wurden nicht nur das Wohn- und das Nebenhaus, sondern alle Ökonomiegebäude wie Stadel, Stall, Schweinestall und das Wagenhaus vernichtet. Dabei kam auch etliches Vieh in den Flammen um, zudem wurden die vorhandenen Futtervorräte vernichtet wie auch die meisten Hausfahrnisse. Auch der Hofhund, noch an der Kette befestigt, verendete qualvoll.

Diese wie auch noch viele andere Details sind sin den letzten Monaten vom Mainbacher Günter Schutz recherchiert und niedergeschrieben worden. Er betreibt intensive Geschichtsforschung und interessiert sich für sein Heimatdorf, sitzt oft tagelang in seinem Büro und forscht im Internet und in Archiven. Die Dorfgeschichte allgemein interessiert ihn bis ins kleinste Detail, und er hat bereits viel archiviert. Der frühere Maurer, der zuletzt noch mehrere Jahre in einem lederverarbeitenden Betrieb arbeitete, ist seit vier Jahren im Ruhestand. Günter Schutz war früher auch schon Kommandant in Mainbach, hat sich auch bei der Gestaltung und Erstellung der Festschrift zum 100-jährigen Jubiläum der Mainbacher Feuerwehr mit vollem Engagement eingebracht und kennt somit das Feuerwehrwesen im Ort ganz genau.

Über diesen Großbrand wurde damals überregional in der Presse berichtet, was in alten Zeitungsausschnitten, so in der Ingolstädter Zeitung am Samstag, 3. August 1872 zu lesen ist. Dort wird in der Rubrik „Aus Aichach“ im „Bayerischen Kurier“ wörtlich geschrieben: „Gestern abends war hier ein Gewitter, wie wir noch selten eines erlebten. In dem Orte Mainbach, eine Stunde von hier, schlug der Blitz in den Bauernhof des Kasmer, welcher gänzlich niederbrannte, ein. Von den Alleebäumen nach Oberbernbach wurden zwei vom Sturme umgerissen und auf die Straße geworfen, so dass man dieselbst erst beseitigen musste, ehe man mit der Aichacher Feuerspritze durchkommen konnte“.
Die Aichacher Feuerwehr konnte deshalb auch nicht mehr viel retten, der Kasmerhof (Hausnummer 20) war mehr oder weniger bis auf die Grundmauern niedergebrannt und es begann die mühevolle Aufräumarbeit der Familie Altmann und der vielen Freiwilligen, der Verwandtschaft und Nachbarschaft. Die brandgeschädigte Familie hatte aber Glück im Unglück, der benachbarte Michlbauerhof (Nummer 21) stand seit sieben Jahren leer. Die früheren Besitzer und Bewirtschafter Joseph und Emerentia Weichsler mussten nämlich am 26. Oktober 1865 laut Amtsblatt eine öffentliche Versteigerung über sich ergehen lassen, in der Pferde, Vieh und Gerätschaften den Besitzer wechselten. Den Rest ihres Hofes tauschten die Weichslers gegen das Anwesen Nr. 17 in Holzheim im Wert von 7450 fl (Silbergulden) mit Karl Manhard aus Aichach. Dieser ehemalige Hof hatte, wie es früher des Öfteren vorkam, eine lange und geschichtsträchtige Vergangenheit. Damals wurden Höfe ziemlich heruntergewirtschaftet und dann oft notverkauft, woraus andere Kapital schlugen.

Der Ökonom Karl Manhard gehörte damals schon zu den cleveren Leuten, die sich aus der Not anderer einen Vorteil verschafften. Manhard bewirtschaftete einen der größten Bauernhöfe auf den Fluren der Stadt Aichach. Er handelte, kaufte und verkaufte Bauerngüter und landwirtschaftliche Grundstücke, so auch den Rest vom Michlbauernhof. Der neue Besitzer kaufte und verkaufte dann verschiedene Grundstücke, letztendlich blieben 24,21 Tagwerk als Grundbesitz auf dem Anwesen Weichsler übrig.
Hier auf dem diesem leer stehenden Nachbarhof konnte die brandgeschädigte Familie Altmann schnell unterkommen, auch mit dem Vieh, das überlebt hatte. Altmanns kauften den Michlbauernhof von Karl Manhard für 7000 Silbergulden. Auf diesem alten Hof stand auch ein sogenannter Ziegelstadel, in welchem früher auch Ziegel produziert wurden. Dieser Ziegelstadel samt Brennofen wurde dann vom neuen Besitzer Martin Altmann abgebaut und auf dem Areal des abgebrannten Hofes wieder aufgebaut. Der Untergrund dieser jetzt eingeebneten Hofstelle war nämlich sehr lehmig und für die Ziegelproduktion bestens geeignet. Deshalb begann die Familie Altmann hier schon ein Jahr nach dem Brand mit der Ziegelproduktion. Dafür hatte man sich einen italienischen Ziegelbrennmeister und mehrere italienische Fremdarbeiter besorgt. Zudem waren mehrere einheimische Hilfskräfte beschäftigt. Mit diesen, auf dem Hof selbst gefertigten Ziegeln und Dachplatten wurden dann zwischen 1873 und 1880 die neuen Ökonomiegebäude auf dem ehemals Kasmer-Grund sowie das neue Wohnhaus auf dem früheren Grund des Michlbauern errichtet.

Die Brandleiderfamilie Martin Altmann und seine Gattin Marianne, geb. Heinrich von Koppenzell sowie deren Kinder zogen dann 1880 in das neu errichtete Wohnhaus ein, Das Einzugsdatum sowie die Namen der neuen Besitzer, die Eheleute Altmann, finden sich noch heute auf dem gusseisernen Teil des großen und mit Kacheln verzierten wertvollen Ofens in der Stube des Wohnhauses.
Der Altmann- Sohn Martin (das 3. von insgesamt 10 Kindern) und seine angehende Braut Franziska Wünsch aus Unterbaar wurden nach der Hofübergabe der Eltern am 15. Dezember 1880 und der folgenden Hochzeit sowie kirchlicher Trauung am 25. Januar 1881 stolze Besitzer des neu errichteten Kasmerhofes.
Der Name „Kasmerhof“ in Mainbach blieb auch auf dem neu erbauten Hof bis heute bestehen. Im Jahr 1936 machte der Hof wieder Schlagzeilen, denn es gab wieder einen Großbrand, der das nördliche Stallgebäude vernichtete, das aber wieder aufgebaut wurde. Das Wohnhaus und modernisierten Stallgebäude sieht man noch heute, direkt an der Donauwörther Straße gelegen. Die Stallungen beherbergen jetzt viele Pferde, denn hier betreibt der aktuelle Besitzer (Georg Bergmeir in 4. Generation) eine Pferdepension mit Reithalle. Der Platz weiter östlich, wo früher das alte abgebrannte Kasmer-Anwesen und zwischenzeitlich auch die Ziegelei stand, ist heute eine Wiese und dient den nebenan einquartierten Pferden als Koppel und von der Straße aus hat man einen freien Blick zur Dorfmitte.
Erwähnenswert zu dem Großbrand vom 28. Juli 1872 ist allemal noch die Geschichte der ehrwürdigen Handdruckspritze, die damals das einzige Löschgerät im Dorf war. Hier hat der Geschichtsforscher Günter Schutz auch eine Anekdote aufgedeckt, von der er wie folgt berichtet: Noch zwei Jahre nach dem verheerenden Brand vom 28. Juli 1872 war die beim Brand eingesetzte alte Handdruckspritze verschollen, so dass der damalige Bürgermeister der Gemeinde Mainbach, Georg Schmaus anno 1874 in einem öffentlichen Aufruf, auch über das Kreisamtsblatt Aichach, nach ihr suchen ließ. Die wieder aufgefundene Spritze tat ihren Dienst noch bis 1949 Als nach dem Kauf eines neuen Feuerwehranhängers mit Tragkraftspritze TS 4/5 im Jahre 1949 diese alte Spritze nicht mehr benötigt wurde, veräußerte Bürgermeister Jakob Baumgartner (1956-1966) diese legendäre Spritze zum Schrottwert von 5 DM an den Alsmooser Bäcker Fritz Wittmann. Wie zu erfahren war, wurde die Spritze in ihrer Abwesenheit auch oft zweckentfremdet, denn die Nachforschungen haben ergeben, dass diese auch schon als Spritzgerät für Obstbäume oder ähnliches eingesetzt war. Es war auch der Hartnäckigkeit von Günter Schutz zu verdanken, dass die Spritze zur Einweihung des neuen Feuerwehrhauses 1991 an die FFW Mainbach zurück gegeben wurde. Hier wird sie besonders geehrt und steht wohlbehütet im Vereinsheim. Sie wird bei Festumzügen auch stolz von den Mainbacher Feuerwehrlern mitgezogen und dabei sorgen auch schon mal Spritzer für Abkühlung aus der immer noch funktionierenden Handdruckspritze.

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