Geht man durch die aktuelle Ausstellung mit Aquarellen und Ölbildern von Willi Weisenhorn im Aichacher Stadtmuseum, dann ist das wie ein Spaziergang durch die Geschichte Aichachs und des Aichacher Landes. Die etwa 50 ausgewählten Arbeiten aus den Jahren 1983 bis 1993 verdeutlichen, wie sehr sich die Stadt und das Umland, das Leben und Arbeiten der Menschen seitdem verändert haben – obwohl die Zeit gar nicht so weit zurück zu liegen scheint.
Aber manches Gebäude, das Weisenhorn festgehalten hat, gibt es nicht mehr. Manche Perspektive ist heute verändert, durch neue Bauten, durch Umgestaltungen. Das Stadtfest erscheint gemütlich ohne jeden Eventcharakter, und auf den Feldern sind Heumännchen aufgestellt, von Ballenpressen keine Spur. Gerade einmal 40 Jahre ist das her, und doch wirken die Bilder wie aus der guten alten Zeit – von der natürlich alle, auch Willi Weisenhorn, wissen, dass sie so gut oft nicht war. In manchem aber eben doch besser.
Die Aquarelle und Ölbilder des Aichachers haben also neben einer künstlerischen eine historische, dokumentarische Seite. Insofern sind sie im Stadtmuseum genau richtig, denn sie stellen eine Art Archiv dar, das einen Blick in eine Zeit erlaubt, in der sich Stadt und Umland besonders stark verändert haben. Insofern kann man die Ausstellung als ein Nachwort zu „Stadt im Wandel – Vom Mittelalter zur Smartcity“ verstehen, eine Schau, die 2021 im FeuerHaus zu sehen war.
Dabei kann die Ausstellung nur einen kleinen, fast winzigen Teil dieses gemalten Geschichtsarchivs zeigen. Vor zehn Jahren hat Willi Weisenhorn sich an Hermann Plöckl, Architekt, dem Stadtmuseum seit vielen Jahren verbunden und ein Kenner der Aichacher Geschichte, gewandt. „Könnt Ihr damit etwas anfangen?“, habe er in seiner bescheidenen Art gefragt. Natürlich war das der Fall: „Das sind Zeitdokumente, vieles von dem, was sie zeigen, existiert nicht mehr“, sagte Plöckl bei einem Rundgang durch die Ausstellung mit Weisenhorn und Sarah Schormair, der Leiterin der Aichacher Museen.
Allerdings sind in den nur gut zehn Jahren von 1983 bis 1993 fast 700 Bildern entstanden, die nun in der Sammlung des Museums sind. Die Auswahl, welche Arbeiten in der Ausstellung gezeigt werden, war naturgemäß schwierig und fand in enger Abstimmung mit Willi Weisenhorn statt.
Der hatte mit seinen Bildern ein so großes, dokumentarisches Projekt gar nicht im Sinn. „Ich wollte gar nichts Bestimmtes festhalten“, sagt er, wiederum sehr bescheiden. Er sei durch die Stadt und das Land gegangen, sei auf Details aufmerksam geworden, habe bei Ereignissen in der Stadt wie Märkten und Stadtfest hingeschaut, die Orte und Landschaften des Altlandkreises Aichach aus mitunter ungewöhnlichen Blickwinkeln gemalt.
Da entdeckt man beispielsweise das ursprüngliche Ensemble der Aichacher Botengasse, das frühere letzte Taglöhnerhaus, das heutige Haus der Senioren, vor der Sanierung, die ehemalige Freibank am Oberen Tor, ebenfalls noch vor der Sanierung, Blicke über die Paar hinweg auf den Kirchturm, die heute nicht mehr möglich sind, Inchenhofen aus Richtung des Rossmooses, Obermauerbach, Blumenthal, den weithin sichtbaren Kirchturm von Altomünster oder auch ein sehr reduziertes, fast skizzenhaftes Bild der Ortsmitte von Gallenbach.
In dem Gallenbacher Bild, wie auch in einigen anderen, deutet sich schon die weitere künstlerische Entwicklung Weisenhorns an, die erklärt, warum das gemalte Geschichtsarchiv nicht über 1993 hinausreicht: Er hat begonnen, abstrakt zu malen. Ausschließlich. Wobei der Künstler in diese Entwicklung keine große Bedeutung hineinlesen will. „Mich hat es interessiert, und dann habe ich es probiert.“ So einfach? Ja, so einfach.