In Schrobenhausens Altstadt wurden in diesem Jahr die alten grün-fransigen Glühbirnensterne ersetzt durch eine neue moderne Weihnachtsbeleuchtung – und zwar modern im Sinne von: Lange konnten sich die Schrobenhausener nichts unter dem an Haus- und Geschäftsfassaden angebrachten Lichter-Drahtverhau vorstellen. Soll der Schmuck eine vielzackige mittelalterliche Streitaxt darstellen oder vielleicht das was sich Boxlegende Mike Tyson ins Gesicht hat tätowieren lassen: ein sogenanntes Tribal? Lange wurden in den Sozialen Netzwerken gerätselt. Bis einer Bürgerin die rettende Idee kam: Die neue Schrobenhausener Weihnachtsbeleuchtung gleicht der Silhouette des vertrottelten Faultiers Sid aus den Ice Age-Filmen. Dafür gab es in der Schrobenhausen Gruppe auf Facebook überwältigende Zustimmung.

Es bleibt zu bezweifeln, ob die Schrobenhausener Räte und Rätinnen an den Computeranimationsfilm dachten, als sie sich für die neue Beleuchtung aussprachen. Der Kollege W., selbst Schrobenhausener, vermutet stark, wohl eher nicht. Vielleicht waren sie vor allem von dem Wunsch getrieben, nicht altmodisch zu wirken, hätten sie sich für die stilisierte Form eines Engels, eines Sterns oder einer Kerze entschieden. Was sie dabei aber nicht bedachten: Menschen erkennen überall Formen und Gesichter, im Himmel, an der Hausfassade, im Käsetoast. Psychologen und Hirnforscher haben sogar einen Namen dafür; Pareidolie. Das Phänomen beschreibt beispielsweise, warum wir in Wolken Hunde, Autos und Birnen sehen. Verantwortlich dafür ist die Autovervollständigung in unserem Gehirn: Um all die Eindrücke, die täglich auf uns einwirken, verarbeiten zu können, ist es darauf ausgerichtet, Dinge wiederzuerkennen. Geschäftstüchtige Zeitgenossen machen sich dies zunutze, indem sie Tortillas oder Toastbrote über Ebay verkaufen, auf denen das Antlitz der Jungfrau Maria oder Wladimir Putin zu sehen ist.

Übrigens: Der AZ-Kollege hat sich einen der ausgedienten Sterne, die 44 Jahre in Schrobenhausen ihren Dienst taten, gesichert – gegen eine Spende für das hiesige Kinderheim. Er wird ihn sich im kommenden Jahr stolz an sein Carport dübeln. Und wenn ihn der radebrechende Pizzaservice-Typ das nächste Mal am Telefon nach seiner Adresse fragt: "Äh, non compreso, äh, kannst Du nochmal sagen die Straße?, wird er feierlich antworten: "Immer dem Stern nach mein Freund, immer dem Stern nach."