Augsburg - Nach rund drei Stunden gesitteter Diskussion wurde es auf der Friedberger Bürgerversammlung am Ende zumindest kurz doch laut. „Ich verstehe Sie nicht, Herr Eichmann”, empörte sich Karl Ketterl, Sprecher der Interessensgemeinschaft der B300-Anwohner. „Ich verstehe Sie auch nicht, Herr Ketterl”, schoss Bürgermeister Roland Eichmann zurück. Inhalt der Diskussion, die zum Streitgespräch auszuarten drohte, war die geplante Osttangente. Doch die ist nicht das einzige, was die Friedberger Bürger bewegt.
Zunächst begann Eichmann den Abend mit einer Zusammenfassung der wichtigsten Themen aus den verschiedenen Referaten der Stadt. So warf er einen Blick zurück auf die kulturellen und sportlichen Veranstaltungen des vergangenen Jahres, wie das Altstadtfest und den Friedberger Halbmarathon, der mit über 1200 Läufern eine Rekordteilnahme verbuchen konnte. Für das kommende Jahr seien ebenfalls bereits einige Veranstaltungen geplant, wie die Bergbühne und ein Festival am Friedberger Baggersee.
Im Kommunalreferat der Stadt habe sich auch einiges getan: An allen Grundschulen ist zu Beginn des aktuellen Schuljahres der Ganztag eingeführt worden. Hier habe die Stadt Zusatzangebote für die Betreuung nach 16 Uhr und an Feiertagen eingeführt. Flüchtlingskinder seien mittlerweile überproportional vertreten, so Eichmann. Das sorge immer wieder für sprachliche und kulturelle Probleme. Man wolle das „im Auge behalten”.
Insgesamt stehe die Stadt mit einer Einwohnerzahl von 29 900 Einwohnern mittlerweile kurz vor der 30 000-Marke. Grund dafür sind die steigende Anzahl Neugeborener und der anhaltende Zuzug. „Das zeigt die Attraktivität der Stadt, führt aber auch zu Problemen. Wir haben aktuell 800 Anfragen nach Drei-Zimmer-Wohnungen, denen wir nicht gerecht werden können”, erklärte Eichmann. Sollten es bald tatsächlich 30 000 Einwohner werden, würde die Stadt außerdem zehn Stadträte mehr bekommen. Damit wäre auch der Sitzungssaal künftig zu klein.
Das Baureferat befasse sich derzeit unter anderem mit den Plänen für eine Neugestaltung der Bahnhofstraße. Die kaputte Straße müsse sowieso dringend repariert werden, so Eichmann. Zudem hoffe die Stadt nach wie vor, die Landesausstellung nach Friedberg holen zu können. Besucher würden dann über die Bahnhofsstraße zum Schloss laufen. Dafür wäre es schön, diese attraktiver zu gestalten.
Im Anschluss an die Präsentation hatten die Bürger die Möglichkeit ihre Fragen und Vorschläge anzubringen. Diese reichten von den zu hohen Preisen für die Ablöse von Gräbern auf dem Friedhof über Hecken, die auf Gehwege wuchern, und Unkraut auf öffentlichen Wegen bis hin zu Spielstraßen, die zu „Rennstrecken für LKWs verkommen wären”, wie es ein besorgter Bürger beschrieb.
Einige Wortmeldungen bezogen sich auf die sogenannte Ausbaubeitragssatzung. Denn für die Reparatur von Straßen, wie etwa der Bahnhofstraße, werden auch die Anwohner zur Kasse gebeten. Und das finden viele unfair. Auch Eichmann selbst räumte ein, dass er die Einführung einer Steuer für Straßenausbesserungsarbeiten als beste Lösung sähe. Damit würden die Kosten auf mehr Köpfe verteilt.
Schließlich nutzten einige Bürger die Versammlung, um ihrem Unmut über die geplante Osttangente Luft zu machen. Allen voran Karl Ketterl, seit Jahren Sprachrohr für die Interessengemeinschaft der B300-Anwohner. Die Gemeinschaft hatte sich für eine Nordumfahrung eingesetzt, die die B300 vom Verkehr hätte entlasten sollen. Zu ihrem Ärger hatte es die Nordumfahrung aber nicht in den vordringlichen Bedarf des Bundesverkehrswegeplanes geschafft und hat damit kaum eine Chance, in den kommenden 20 Jahren umgesetzt zu werden. Die Osttangente hingegen schon. Auch Eichmann sieht keine Alternative zur umstrittenen Umfahrung: „Ich mag keine vierspurigen Straßen. Aber wie soll es sonst gehen? Wir saufen ab vor lauter Verkehr auf der Nord-Süd-Achse.”
Eichmann und Ketterl sind sich zwar einig, dass sie sich nicht einig sind. Das letzte Wort, dürfte zum Thema Osttangente aber noch nicht gefallen sein. Die gesamte Präsentation der Stadt zur Bürgerversammlung finden Interessierte unter www.friedberg.de. (
Von Kristin Deibl)