Streng genommen war Kanibers Besuch ein reiner PR-Termin. Dass ihr Ministerium und die Forstverwaltung allerdings im Hinblick auf den Schutz der Wälder und die Steigerung der Artenvielfalt gute Arbeit leisten, hat der Bund in der Vergangenheit immer wieder betont. Die Artenvielfalt im Wald steigt seit über vierzig Jahren messbar; darauf hatte auch Wolfgang Sailer, der ehemalige Leiter des Amts für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten in Augsburg, immer wieder hingewiesen. Sailer ist nicht mehr Amtsleiter, sein Nachfolger Axel Heiß war in Rehling dabei. Gemeinsam mit Kaniber, Josef Ziegler, dem Präsidenten des Bayerischen Waldbesitzerverbands, Rehlings Bürgermeister Christoph Aidelsburger, Revierförster Rolf Banholzer und Waldbesitzer Peter Rieger schaute sich Heiß den bayerischen Vertragsnaturschutz Wald in der Praxis an. Der vom Thalhausener Rieger bewirtschaftete kleine Privatwald an der Lechleite wirkt gesund, am Boden wachsen Leberblümchen. Wer die Leite hinabblickt, sieht Totholz, am Himmel kreist ein junger Rotmilan, der unweit der kleinen Gruppe nistet, die sich von einem Hof am Auer Berg aus in Riegers Wald aufmacht. An Rodung denkt hier keiner. Naturschutz, das bemerkten die Teilnehmer unisono, funktioniere hier Seite an Seite mit der Waldnutzung. Den Anreiz, absterbende Bäume nicht zu entfernen und als Brennholz zu verkaufen, liefert das Vertragsnaturschutzprogramm (VNP) des Freistaats, millionenschwer und breit aufgestellt durch die zahlreichen Revierförster in Bayern, erarbeitet und umgesetzt in Zusammenarbeit mit der Umweltverwaltung. Offenbar mit Erfolg. 3800 Anträge mit einem Fördervolumen von über zehn Millionen Euro sind laut Kaniber allein in diesem Jahr eingegangen. Das sind mehr als 56 000 Bäume in Bayern, die stehen bleiben, weil der Freistaat bezahlt, tote und noch nicht ganz tote. Ein paar dieser Bäume stehen auf Riegers Flächen. Er bekomme quasi „Geld fürs Nichtstun”, macht er deutlich.Der zuständige Förster Rolf Banholzer ist mit Rieger vor einiger Zeit durch den Wald gegangen und hat sogenannte Biotopbäume in sein Verzeichnis aufgenommen. Jeder von ihnen, maximal aber zehn auf einem Hektar, würden gefördert, zum Teil mit „lukrativen Beträgen”, betont Banholzer Eine stattliche Buche etwa hätte Rieger einmalig 200 Euro gebracht. Das ist etwas mehr, als er für das Brennholz bekommen würde. Also bleibt der Baum, an dessen Fuß sich eine für Pilze und Kleinstlebewesen wichtige Wassertasche gebildet hat, einfach stehen. Die von Banholzer angeführte Abordnung spaziert an der Buche vorbei. Zwei Fotografen begleiten die Ministerin. Auf Instagram hat sie bereits am Abend nach dem Besuch damit begonnen, Vertragsnaturschutz zu erklären.