Der Jahresrückblick 2023 der Aichacher Zeitung
Veröffentlicht am 03.11.2010 17:52

Augsburger Panther: Eishockey hinter Beton

<p> <x_bildunterschr> <b>AEV-Ehrenpräsident Gottfried Neumann </b> (hier mit seinem Enkel im Stadion) fragte OB Gribl in einem offenen Brief, warum die Stadt ein Architekturbüro ohne Erfahrung im Sportstättenbau beauftragt hat. <tab/>Foto: Bernd Müller </x_bildunterschr> </p>
<p> <x_bildunterschr> <b>AEV-Ehrenpräsident Gottfried Neumann </b> (hier mit seinem Enkel im Stadion) fragte OB Gribl in einem offenen Brief, warum die Stadt ein Architekturbüro ohne Erfahrung im Sportstättenbau beauftragt hat. <tab/>Foto: Bernd Müller </x_bildunterschr> </p>
<p> <x_bildunterschr> <b>AEV-Ehrenpräsident Gottfried Neumann </b> (hier mit seinem Enkel im Stadion) fragte OB Gribl in einem offenen Brief, warum die Stadt ein Architekturbüro ohne Erfahrung im Sportstättenbau beauftragt hat. <tab/>Foto: Bernd Müller </x_bildunterschr> </p>
<p> <x_bildunterschr> <b>AEV-Ehrenpräsident Gottfried Neumann </b> (hier mit seinem Enkel im Stadion) fragte OB Gribl in einem offenen Brief, warum die Stadt ein Architekturbüro ohne Erfahrung im Sportstättenbau beauftragt hat. <tab/>Foto: Bernd Müller </x_bildunterschr> </p>
<p> <x_bildunterschr> <b>AEV-Ehrenpräsident Gottfried Neumann </b> (hier mit seinem Enkel im Stadion) fragte OB Gribl in einem offenen Brief, warum die Stadt ein Architekturbüro ohne Erfahrung im Sportstättenbau beauftragt hat. <tab/>Foto: Bernd Müller </x_bildunterschr> </p>

Nachts wird es dieser Tage schon kalt in Augsburg, was aber nicht weiter stört, denn die Seele der Fuggerstädter kocht. Zumindest bei jenen, die sich für Eishockey interessieren – und das sind in der Stadt mit dem ältesten Eislaufverein Deutschlands ziemlich viele. Denn das alte, offene Curt-Frenzel-Stadion wird derzeit zu einer modernen Eissporthalle umgebaut. Mit beleuchteter Außenhülle und geräumigen VIP-Lounges, gemütlichen Sitzen und guter Soundanlage. Allerdings haben die Architekten vergessen, dass die Zuschauer auch das Spielfeld sehen wollen, und zwar möglichst komplett. Jetzt, rund ein halbes Jahr nach Baubeginn, ist nämlich klar, dass vor allem die Fans auf den Stehplatzrängen nicht erkennen können, ob unten auf dem Eis ein Tor gefallen ist oder nicht. „Die Sichtlinie ist die Torlinie“, sagte der Projektleiter Wolfgang Tanzer dieser Tage, was zwar stimmen mag, aber für ein Eishockeystadion fatal ist, weil die härtesten Zweikämpfe und die meisten Pässe eben genau aus der Zone hinter dem Tor kommen. „Das klingt wie ein schlechter Witz“, sagt Roland Kattler, ein Fan, der seit vielen Jahren die Spiele der Panther besucht, „aber da haben Leute einen Stadionumbau geplant, die noch nie ein Eishockeyspiel gesehen haben. Das ist das Ende unseres Vereins.“

Die Gefahr besteht tatsächlich, dass sich der Traditions-club AEV, der in der vergangenen Saison zur Überraschung vieler deutscher Vizemeister geworden ist, aus dem Spielbetrieb der Deutschen Eishockeyliga zurückziehen muss. Denn wenn die meisten Fans im neuen Stadion nicht erkennen können, ob ein Tor gefallen ist oder nicht, werden sie bald die Lust an der schnellsten Mannschaftssportart der Welt verlieren. Selbst die TV-Kameras oberhalb der neuen Seitentribünen bekommen nicht das komplette Spielfeld in den Blick, der Bayerische Rundfunk hat sich bereits beklagt, den sitzenden Zuschauern dort ist die Sicht auf die Spielerbänke verbaut. Welches Team gerade wechselt, welche Reihe aufs Eis kommt, wie der Trainer mit seiner Mannschaft kommuniziert – alles hinter Beton.

Wie konnte das passieren? Warum wurden die steilen Hänge, von denen aus die Zuschauer in den vergangenen 45 Jahren beste Sicht hatten, ohne Not flacher gemacht? Architekt Stefan Öttl sagte, dass nach Fertigstellung des Stadions die Sicht selbstverständlich von überall hervorragend sein werde – um einen Tag später bei einem Treffen mit Vertretern der Augsburger Panther, der Stadt und den Fans eifrig zurückzurudern. Nein, die Spielerbank sei von der kompletten Ostseite nicht gut einzusehen und bei den Stehplätzen könnte es ab der dritten Reihe schwierig werden, das Tor zu sehen.

Die Augsburger Gesellschaft für Stadtentwicklung, für die Überwachung des Projekts zuständig, stellte eine Erklärung auf ihre Homepage, in der es heißt, dass die Sicht von den Stehplätzen „ausreichend“ sein werde; ein dehnbarer Begriff, der die Fans auf die Palme brachte, zumal der dort Verantwortliche in einem Interview von der „hinteren Torlinie“ sprach, die es beim Eishockey gar nicht gibt. Die Erklärung wurde nach knapp drei Stunden wieder von der Homepage genommen.

Gottfried Neumann, Sponsor und Ehrenpräsident des Augsburger Eislaufvereins, schrieb deshalb einen offenen Brief an den Augsburger Oberbürgermeister Kurt Gribl. Darin heißt es: „Warum wurde ein Architekturbüro beauftragt, das offenbar keine Erfahrung im Sportstättenbau hat?“ Städtische Mitarbeiter müssen mit Disziplinarmaßnahmen rechnen, wenn sie sich öffentlich zu dem Vorgang äußern, der zweite Bürgermeister Peter Grab lässt erklären, dass er sich derzeit kundig mache. Dabei könnte dies innerhalb weniger Minuten erledigt sein, wenn sich drei Menschen hintereinander zu einer Sichtprobe auf die Stehplätze stellen. Das Ergebnis, das die Fans in bislang drei Baustellen-Heimspielen bereits in Augenschein nehmen konnten, dürfte eindeutig ausfallen: „Man sieht wesentliche Bereiche nicht, das Ganze ist ein Millionengrab“, sagt Fan Roland Kattler.

Immerhin wurde jetzt ein Gutachter eingeschaltet, der fachmännisch prüfen soll, ob die Sichtlinien wirklich so schlecht sind, was 2500 Augenzeugen bei den letzten Spielen längst bestätigt haben. Ein Lösungsvorschlag der Stadt ist, die Eisfläche um einen Meter nach oben zu setzen, was aber kaum gehen dürfte, denn erstens gibt es dafür gar kein Budget und zweites wäre dann der Abstand zum Videowürfel unter der Decke viel zu gering. Unterdessen wurde bekannt, dass der Architekt, der Verantwortliche bei der Stadt und der Bauleiter Studienfreunde sind.


Von HOberhauser
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