Der Jahresrückblick 2023 der Aichacher Zeitung
Veröffentlicht am 10.12.2009 16:59

Schauspiel in zehn Metern Höhe

<p>  <x_bildunterschr>  <b>Der Vater des Engelesspiels Fritz Kleiber  </b>wirkt auch nach 32 Jahren hinter den Kulissen des Engelesspiels und ist stolz auf „seine“ Engel.  </x_bildunterschr>  </p>
<p> <x_bildunterschr> <b>Der Vater des Engelesspiels Fritz Kleiber </b>wirkt auch nach 32 Jahren hinter den Kulissen des Engelesspiels und ist stolz auf &bdquo;seine&ldquo; Engel. </x_bildunterschr> </p>
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Wie in Hans Holbeins Gemälde „Santa Maria Maggiore“ steigen jedes Jahr zur Weihnachtszeit 23 Engel aus den Fenstern des Renaissance-Rathauses empor und verzaubern die Zuschauer mit ihrem Gesang. Doch ganz so mystisch geht es hinter den Kulissen nicht zu. Während sich die Christkindlesmarkt-Besucher teilweise schon eine Stunde vor dem Auftritt die Beine in den Bauch stehen, legt die Engeles-Familie um Fritz Kleiber, der die Inszenierung 1977 ins Leben gerufen hat, letzte Hand an. Die Technik richtet die Scheinwerfer aus, die Bergwacht prüft sämtliche Sicherheitsvorkehrungen und im Nebenzimmer verwandeln sich „gewöhnliche“ Frauen, größtenteils aus einer hiesigen Ballettschule, in imposante Himmelsgestalten.

„Ich freue mich schon auf den Auftritt. Es ist eine große Ehre hier dabei sein zu dürfen“, sagt Julia Steigherr, die die Flötistin mimt. Die Verwandlung ist nach elf Jahren als Engel Routine: Schminken, Klettergurt anlegen, Gewand überstülpen, die langen Haare unter der Lockenkopf-Perücke verstecken – und schon ist die 23-Jährige bereit für den himmlischen Auftritt.

Doch bis die Mädchen und Frauen an die Fenster des Rathauses schreiten dürfen, müssen sie erst einmal beweisen, dass sie das Zeug zum Engel haben. Denn nicht jede taugt für den Job. Groß und schlank müssen sie sein und neben einer engelshaften Ausstrahlung auch Disziplin mitbringen. Bereits vier Wochen vor dem ersten Auftritt ist Proben und Choreographie Lernen angesagt. Jede noch so kleine Fingerbewegung auf der Flöte muss sitzen, damit die Illusion perfekt ist, weiß Kleiber: „Sie können nicht einfach irgendwie über die Harfe streichen, es muss auch zur Musik passen.“

Ganz so einfach, wie es sich anhört, ist es allerdings nicht. Zehn Meter über der Erde „schweben“ die Himmelsboten und müssen sich während der Aufführung auf ihre ganz persönlichen Schutzengel verlassen – die Männer der Bergwacht.

Sie verleihen den Engeln nicht nur ihre Flügel, sondern sorgen auch dafür, dass sie nicht vom Himmel fallen. Mit einem Karabinerhaken befestigen sie die Klettergurte und legen die Frauen an die lange Sicherungsleine, die im Rathaus verankert ist. „Bis jetzt ist noch nie etwas passiert, aber wir sind für den Notfall gewappnet“, erklärt Siegfried Neiß von der Bergwacht. Mindestens fünf Mann stehen immer zum Absichern bereit und bringen die Frauen im Fall der Fälle sicher zu Boden.

Den Einsatz der Herren weiß nicht nur Engeles-Vater Kleiber zu schätzen, der das Engelesspiel nicht ohne die Hilfe der Bergwacht hätte realisieren können. „Es gibt schon ein ungemeines Gefühl der Sicherheit, wenn ich weiß, dass die Männer mir im Notfall helfen“, berichtet die Flötistin. Auch beim Aufstieg lassen die guten Geister die Frauen nicht hängen und sorgen ganz in Gentleman-Manier dafür, dass sich die Engel nicht in ihren Kleidern verheddern oder gar stolpern.

Während des Auftritts ist es mucksmäuschenstill und Helfer sowie Fritz Kleiber schauen fasziniert den Engeln zu, die sich grazil wie Figuren aus einer Musikspieldose zu Händels „Tochter Zion“ und Teilen eines Mozart-Menuetts bewegen.

Die Musik verstummt und das Licht geht aus. „Eins, zwei, drei und bitte“ ist das Stichwort für die Himmelsboten zum Verlassen der Bühne. In null Komma nichts werfen sie ihre Flügel ab und befreien sich von dem Sicherungsseil. Von draußen hallt tosender Applaus durch die Fenster und die Engeles-Familie ist zufrieden. Der Auftritt war wieder einmal ein voller Erfolg.


Von MHoeck
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