Der Jahresrückblick 2023 der Aichacher Zeitung
Veröffentlicht am 18.10.2009 17:02

Das vergessene Erbe der Stadt

<p> <x_bildunterschr> <b>Für die Wiederbelebung des Textilviertels </b> gibt es viele kreative Ideen: Gleich hinter dem tim befinden sich weitere Firmengebäude der AKS und Shed-Hallen. Dort sollen das Stadtarchiv und die Stadtarchäologie einziehen, dort könnte auch eine Einkaufsmeile entstehen. <tab/>Fotos: Liebmann </x_bildunterschr> </p>
<p> <x_bildunterschr> <b>Für die Wiederbelebung des Textilviertels </b> gibt es viele kreative Ideen: Gleich hinter dem tim befinden sich weitere Firmengebäude der AKS und Shed-Hallen. Dort sollen das Stadtarchiv und die Stadtarchäologie einziehen, dort könnte auch eine Einkaufsmeile entstehen. <tab/>Fotos: Liebmann </x_bildunterschr> </p>
<p> <x_bildunterschr> <b>Für die Wiederbelebung des Textilviertels </b> gibt es viele kreative Ideen: Gleich hinter dem tim befinden sich weitere Firmengebäude der AKS und Shed-Hallen. Dort sollen das Stadtarchiv und die Stadtarchäologie einziehen, dort könnte auch eine Einkaufsmeile entstehen. <tab/>Fotos: Liebmann </x_bildunterschr> </p>
<p> <x_bildunterschr> <b>Für die Wiederbelebung des Textilviertels </b> gibt es viele kreative Ideen: Gleich hinter dem tim befinden sich weitere Firmengebäude der AKS und Shed-Hallen. Dort sollen das Stadtarchiv und die Stadtarchäologie einziehen, dort könnte auch eine Einkaufsmeile entstehen. <tab/>Fotos: Liebmann </x_bildunterschr> </p>
<p> <x_bildunterschr> <b>Für die Wiederbelebung des Textilviertels </b> gibt es viele kreative Ideen: Gleich hinter dem tim befinden sich weitere Firmengebäude der AKS und Shed-Hallen. Dort sollen das Stadtarchiv und die Stadtarchäologie einziehen, dort könnte auch eine Einkaufsmeile entstehen. <tab/>Fotos: Liebmann </x_bildunterschr> </p>

Zwei Jahrzehnte lang war es still um das Viertel, in dem früher Maschinen qualmten, Webstühle ratterten und die Wäsche auf den Bleichwiesen ausgelegt wurde. Und dabei hatte doch alles so gut begonnen: 1989, nach dem Zusammenbruch der Textilindustrie, tagte eine Expertengruppe und empfahl in ihrem Entwicklungskonzept, die denkmalwerten Bauten zu schützen, die Grünflächen zu erhalten und die Kanäle aus ihrem Betonkorsett zu befreien. Jegliche andere Planungen wie Schleifenstraße und Supermärkte würden „ein europäisches Kulturdenkmal“ zerstören, warnten sie.

Genützt hat es nichts: „Man hat das genaue Gegenteil gemacht“, berichtet Eva Leipprand. „Und man hat den Investoren freie Hand gelassen.“ Die Grünen-Politikerin wohnt selbst in dem Viertel und hatte gegen den Bau der Schleifenstraße ein Bürgerbegehren ins Leben gerufen – vergebens. „Die Menschen waren nicht zu mobilisieren“, erinnert sie sich. Heute schlängelt sich die Schleifenstraße „wie eine Wunde“ durch das Viertel, teilt es in zwei Teile und riegelt es gegen den Rest der Stadt ab.

In den 90er Jahren herrschten die Investoren: Quasi über Nacht wurde die denkmalgeschützte Schülesche Kattunfabrik abgerissen, die Shed-Hallen vom Glaspalast, der Forster-Park und der Siebentisch-Park plattgemacht, ein Supermarkt nach dem anderen gebaut und Reihenhäuser aus dem Boden gestampft – „Toskana-Feeling in der Industriebrache“, sagt Michael Adamczyk, „statt mit den Vorzügen des Viertels zu bauen“.

Der Architekt ist Mitglied des Architekturforums und kämpft mit seinen Kollegen Walter Bachuber und Jens Emminger für die behutsame Wiederbelebung des Textilviertels: „Das ist ein Stadtteil, der es verdient, dass das mit Qualität gemacht wird.“ Mit seiner Nähe zum Zentrum, den verschlungenen Pfaden, vielen Grünflächen, kleinen Bächen, dem H2 – Zentrum für Gegenwartskunst und nun dem tim könne das Viertel mit Pfunden wuchern. In der Vergangenheit sei viel versäumt worden, sagt Adamczyk. Nun endlich habe die Stadt „die entscheidende Wende“ geschafft.

Die Wende trägt den Namen Integriertes Stadtteilentwicklungskonzept, kurz ISEK, im Rahmen des staatlich geförderten Programms „Stadtumbau West“. In vier Planungswerkstätten sammelten Experten und Bürger von 2007 bis 2009 Ideen, wie das Textilviertel und das Herrenbachviertel eines Tages aussehen könnten. Die beiden Stadtteile wurden deshalb zusammengelegt, „weil sie räumlich nicht trennbar sind und ähnliche Missstände herrschen“, erklärt Baureferent Gerd Merkle. Das Ergebnis wurde in einem Endbericht zusammengefasst und wird nun vier Monate öffentlich ausgelegt. Ende des Jahres wird der Stadtrat über die Zukunft entscheiden.

Neu ist, dass erstmals ein großräumiges Gesamtkonzept für die 17 völlig unterschiedlichen Bebauungspläne erstellt wurde. Zwar befinden sich die meisten Grundstücke in privater Hand, doch deren Besitzer hätten sich aktiv am Planungsprozess beteiligt, berichtet Merkle.

Was unterm Strich herauskommt, ist teils bereits bekannt: Die Experten – die Planungsgruppe 504 aus München – empfehlen, weitere Industriedenkmäler als „kulturelle Leuchttürme“ zu nutzen und die fehlenden soziokulturellen Angebote zu ergänzen. Denkbar ist beispielsweise, die Kälberhalle für die Musik- und Kunstszene zur Verfügung zu stellen. Die Grünflächen sollten erhalten, möglicherweise miteinander verbunden werden. Was beiden Vierteln dringend fehlt, sind Betriebe und Arbeitsplätze. Ebenfalls notwendig sind nach Meinung der Experten eine Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr und ein lückenloses Fuß- und Radwegenetz. Die trennende Wirkung der Schleifenstraße müsse durch Brücken und Unterführungen aufgehoben werden. Die historische Kanallandschaft soll erhalten und neu inszeniert werden, beispielsweise mittels Kneippanlagen oder Bademöglichkeiten. Und schließlich sollten brachliegende Grundstücke von ihren Altlasten befreit und für die Freizeit genutzt werden.

Der Bericht sei vom Bauausschuss „positiv aufgenommen“ worden, sagt Merkle. Schon jetzt haben zwei Pilotprojekte gestartet: Das Gelände der Augsburger Kammgarnspinnerei wird neu bebaut und das Proviantbachquartier saniert. In einem umfangreichen Vertrag habe der Investor zugesichert, den Charakter der Arbeiterwohnsiedlung zu erhalten.

„Das tim hat den entscheidenden Impuls gegeben“, glaubt Eva Leipprand. Selbst als das Museum am seidenen Faden hing, hatte sie sich als damalige Kulturbürgermeisterin dafür stark gemacht, dass es in das vergessene Viertel kommt. Auch die Landesausstellung „Bayern–Italien“, die 2010 im tim zu sehen ist, sei „eine Riesenchance, das Viertel in den Köpfen bewusst zu machen“.


Von ALiebmann
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