„Die meisten Ausbildungsbetriebe im Handwerk halten die Ausbildung ihrer Nachwuchskräfte hoch. Denn die Firmen denken in längeren Zeiträumen und wissen, dass sie für die Zeit nach der Pandemie auf gute Fachkräfte angewiesen sind”, berichtet HWK-Pressesprecherin Monika Treutler-Walle. „Doch die übliche Vorgehensweise hat sich durch die Corona-Krise komplett verändert. Für Absolventen wie auch für Unternehmen ist es richtig schwierig zusammenzukommen.” Ähnliches berichtet die Industrie und Handelskammer (IHK) Schwaben: Das Angebot der Ausbildungsunternehmen sei laut Wolfgang Haschner, Leiter IHK-Geschäftsbereich Berufliche Bildung, „trotz Corona-Krise riesig. Viele Stellen bleiben derzeit allerdings unbesetzt, da die gewohnten Zugangswege versperrt sind. Unser Appell an die Bewerber lautet daher: Geht neue Wege und traut euch.”Im vergangenen Jahr wurde im Februar noch ein Anstieg der gemeldeten Ausbildungsstellen (insgesamt 664) um 5,7 Prozent und ein Plus an Bewerbern um knapp sieben Prozent (436 insgesamt) im Vergleich zum Vorjahr verzeichnet. Heuer wurde das Minus bereits Anfang des Jahres deutlich - sowohl was Suchende als auch was Stellen angeht.Die Schere zwischen gemeldeten Berufsausbildungsstellen und Bewerbern geht der IHK zufolge immer weiter auf, es gibt rein rechnerisch betrachtet ein Überangebot an Lehrstellen. Das zeigen auch die Zahlen der Agentur für Arbeit aus dem Arbeitsmarktbericht Ende März für den Landkreis Aichach-Friedberg: 606 gemeldete Berufsausbildungsstellen (95 weniger als im Vorjahr) im Wittelsbacher Land sind erfasst. 367 Jugendliche suchten eine Ausbildungsstelle (minus 23 Prozent), 202 sind noch unversorgt. 372 Berufsausbildungsstellen sind noch unbesetzt. Laut Agentur für Arbeit gilt ein Verhältnis von 100 Bewerbern zu 165 Lehrstellen.”Der starke Rückgang bei den gemeldeten Bewerbern ist nicht mit einem rückläufigen Interesse an der Berufsausbildung gleichzusetzen. Vielmehr fehlen die bekannten Möglichkeiten, sich zu orientieren und zu bewerben”, verdeutlicht Haschner, zeigt sich aber dennoch zuversichtlich: „In den letzten Wochen hat der Ausbildungsmarkt in Bayerisch-Schwaben erfreulicherweise an Fahrt aufgenommen.” Auch die Agentur für Arbeit betont, dass der Ausbildungsstellenmarkt wegen Corona langsamer an Fahrt aufnehme - das war auch schon im vergangenen Jahr so - und erst in den kommenden Wochen an Dynamik gewinnen werde.Die Zahlen zeigen, dass auch die Unternehmen zurückhaltender geworden sind. So spiegelt sich in der lokalen Statistik eine bundesweite Entwicklung wider: Laut einer Studie des Nürnberger Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) könnte jeder zehnte ausbildungsfähige Betrieb heuer weniger Lehrstellen als noch im Vorjahr anbieten. Manche bilden dem IAB zufolge aufgrund der unsicheren Lage in der Krise gar nicht mehr aus. Experten sehen die Entwicklung kritisch: Sie befürchten, die Karrierechancen der Jugendlichen könnten nachhaltig geschädigt werden. Zudem fehlen die nicht ausgebildeten und doch dringend benötigten Fachkräfte auf dem Arbeitsmarkt.