Laut Wolfgang Müller, dem Sprecher des Landratsamts Landsberg, deute einiges darauf hin, dass die Chemikalien über den Löschschaum vom ehemaligen Fliegerhorst Penzing aus ins Wasser gelangten. Seit dem 27. Juni 2011 ist der Einsatz derartiger Löschschäume verboten. 2013 wurden erhöhte PFC-Werte in einem Brunnen bei Landsberg gemessen, dann gingen die Behörden der Sache auf den Grund. Jahre später stellte sich heraus: Über Jahre hinweg reicherten sich hartnäckige, sogenannte persistente PFC in der Ach an. Abgebaut werden sie nicht. In besagten Forellen, aber auch Aiteln, wurden die Chemikalien nachgewiesen. Das Landratsamt Aichach-Friedberg hatte daher am Donnerstag eine vorläufige Verzehrwarnung für Fische aus dem Gewässer ausgesprochen. Ein regelmäßiger Genuss von Fisch könnte die Gesundheit schädigen, hieß es in einer Pressemitteilung. Ein Bad im Fluss sei hingegen unproblematisch. Von Bedeutung für den Menschen ist die Aufnahme von PFC über die Nahrung. In der Ach warnt das Landratsamt Aichach-Friedberg übrigens vor PFOS, also einer PFC-Verbindung mit dem wohlklingenden Namen Perfluoroctansulfonsäure. Das Landratsamt Landsberg hatte die Verzehrwarnung bereits Ende 2019 ausgesprochen, die Kollegen aus Aichach ein halbes Jahr später. Vorher sahen sie offenbar keinen Anlass dafür. Im Januar hatten sie bereits Fische aus der Ach bei Mühlhausen nahe Affing beprobt. Dort seien die Werte unterschritten worden. Das wirft Fragen auf. Hat die Ach nun ein Gift-Problem? Das ist relativ und noch nicht abschließend geklärt. Das Landratsamt hat, in Zusammenarbeit mit dem Wasserwirtschaftsamt Donauwörth, der Landesanstalt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) sowie der Fischereifachberatung für den Bezirk Schwaben, knapp 30 Fische, Bachforellen und Aitel, untersucht. Die Forellen sind Besatzfische, da sie sich in der Ach nicht auf natürliche Weise vermehren können, die Aitel oder Döbel hingegen sehr wohl. Daher ist davon auszugehen, dass manche beprobte Aitel schon viel länger Teil des dortigen Ökosystems sind. Allerdings wurde in Individuen beider Tierarten eine ähnliche Menge an PFOS nachgewiesen. Das spräche laut dem Aichacher Landratsamt dafür, dass die Chemikalien schon seit längerer Zeit in der Ach sind. Zudem halten sie sich aufgrund ihrer strukturellen Eigenschaften als langkettige Moleküle hartnäckig - also persistent - und reichern sich in der Nahrungskette und im Sediment an. Eine praktikable Möglichkeit, sie aus dem Wasser zu bekommen, gibt es nicht. Das teilt das Umweltbundesamt auf seiner Internetseite mit. Für den Menschen könne es sich schädlich auf den Cholesterinspiegel und das Immunsystem auswirken - so sei es möglich, dass die sogenannte Immunantwort bei Impfungen schwächer ausfallen könnte. Langzeitstudien dazu gibt es noch nicht. Bevor abschließend geklärt ist, wie die Situation einzuschätzen ist, hat das Landratsamt die Verzehrwarnung ausgesprochen. Dr. Oliver Born, Fischereifachberater für den Bezirk Schwaben, kann indes bestätigen, dass sich die Chemikalien bislang nicht negativ auf die „aquatische Flora und Fauna” auswirken. Hinzu kommt: Die Dosis macht das Gift. Diesen Ansatz hat der bedeutende Schweizer Arzt Theophrastus Bombast von Hohenheim, besser bekannt als Paracelsus, geprägt, der im 16. Jahrhundert lebte. Giftig ist seiner Auffassung nach zunächst einmal alles. Die Frage ist nur: Wie viel ist zu viel? Im europäischen Umweltschutz versuchen Fachleute seit Jahren, diese Frage mit der Festsetzung von Grenzwerten zu beantworten. Jede fremde Substanz, die in der Natur auftaucht, ist zunächst einmal messbar. Substanzen werden erforscht und eingeordnet. Die sogenannte Umweltqualitätsnorm in einem Fließgewässer liegt bei 0,65 Nanogramm PFOS pro Liter Wasser, damit Fische bedenkenlos verzehrt werden können. Das ist ein Zielwert in der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie aus dem Jahr 2000, die bis 2027 erfüllt werden sollen. In der Ach wird dieser Wert „deutlich überschritten”, wie es aus dem Landratsamt in Aichach heißt, am Oberlauf liegt er zwischen 150 und 300 Nanogramm, am Unterlauf bei fünf, bei Schmiechen bei 16. Pressesprecherin Teresa Wörle hat allerdings auch gute Nachrichten: Im Grundwasser seien die Werte deutlich unterschritten. Ein kleiner Trost. Wie bedenklich die Situation an der Ach aber tatsächlich ist, soll eine zweite unabhängige Untersuchung klären. „Die Ergebnisse werden veröffentlicht, sobald sie uns vorliegen”, verspricht Wörle. Bis dahin dürfen die Forellen weiter schwimmen. Keine Schäden für die Unterwasserwelt