Der Jahresrückblick 2023 der Aichacher Zeitung
Veröffentlicht am 28.01.2010 22:36

Patt lässt Kaufland scheitern

<p>  <x_bildunterschr>  <b>Dicht gedrängt </b> verfolgten gestern Abend zahlreiche Zuhörer die Stadtratssitzung. Darunter viele Geschäftsleute. Oben links im Bild Aga-Chef Dieter Simmeth. Auf dem rechten Bild Anton Hammer, kaufmännischer Geschäftsführer bei Zott (links), und Investor Josef Reichenberger (rechts). </p>  <p><tab/>Fotos: Verena Golling </x_bildunterschr>  </p>
<p> <x_bildunterschr> <b>Dicht gedrängt </b> verfolgten gestern Abend zahlreiche Zuhörer die Stadtratssitzung. Darunter viele Geschäftsleute. Oben links im Bild Aga-Chef Dieter Simmeth. Auf dem rechten Bild Anton Hammer, kaufmännischer Geschäftsführer bei Zott (links), und Investor Josef Reichenberger (rechts). </p> <p><tab/>Fotos: Verena Golling </x_bildunterschr> </p>
<p> <x_bildunterschr> <b>Dicht gedrängt </b> verfolgten gestern Abend zahlreiche Zuhörer die Stadtratssitzung. Darunter viele Geschäftsleute. Oben links im Bild Aga-Chef Dieter Simmeth. Auf dem rechten Bild Anton Hammer, kaufmännischer Geschäftsführer bei Zott (links), und Investor Josef Reichenberger (rechts). </p> <p><tab/>Fotos: Verena Golling </x_bildunterschr> </p>
<p> <x_bildunterschr> <b>Dicht gedrängt </b> verfolgten gestern Abend zahlreiche Zuhörer die Stadtratssitzung. Darunter viele Geschäftsleute. Oben links im Bild Aga-Chef Dieter Simmeth. Auf dem rechten Bild Anton Hammer, kaufmännischer Geschäftsführer bei Zott (links), und Investor Josef Reichenberger (rechts). </p> <p><tab/>Fotos: Verena Golling </x_bildunterschr> </p>
<p> <x_bildunterschr> <b>Dicht gedrängt </b> verfolgten gestern Abend zahlreiche Zuhörer die Stadtratssitzung. Darunter viele Geschäftsleute. Oben links im Bild Aga-Chef Dieter Simmeth. Auf dem rechten Bild Anton Hammer, kaufmännischer Geschäftsführer bei Zott (links), und Investor Josef Reichenberger (rechts). </p> <p><tab/>Fotos: Verena Golling </x_bildunterschr> </p>

Eigentlich kann es in einem Kommunalparlament zu keiner Stimmengleichheit kommen. Die Anzahl der Mitglieder ist stets eine gerade Zahl – plus Bürgermeister. Gestern Abend indes fehlte bei der CSU Franz Gutmann, der beruflich verhindert war.

Zunächst deutete nichts auf ein derart spannendes Finale der in den vergangenen Wochen kontrovers und mitunter hart geführten Debatte um die Ansiedelung des Supermarktes hin. Zumindest gingen Beobachter der Aichacher Kommunalpolitik davon aus, dass nebst Freien Wählern insbesondere die CSU möglichst geschlossen gegen das Projekt stimmen würde. Die Stellungnahme von Unions-Fraktionschef Helmut Beck indes ließ aufhorchen. Der sprach von Aichachs Einzelhändlern, die sich durch ihre Qualität möglicher Konkurrenz sehr wohl stellen könnten. „Vielleicht ist der Beschluss heute Abend mit einem Wachrütteln verbunden“, so Beck vielsagend. Kurz darauf sprach Marc Sturm für die Kontra-Abteilung in seinen Reihen, während Hans-Peter Port die Befürworter der CSU vertrat und wie die Redner der SPD eine Kaufland-Ansiedelung als „große Chance für Aichach“ wertete. Nun war nur noch die Frage, wie viele Ja-Stimmen aus der CSU kommen würden. Fünf hätten eine Ansiedelung von Kaufland bedeutet, es waren aber exakt vier.

Konkret: Mit Anton Friedl, Hans-Peter Port, Hanni Held und Helmut Beck schlugen sich vier von elf anwesenden CSU-Vertretern auf die Seite der SPD, die komplett (neun plus Bürgermeister) für Kaufland votierte. Auch Erich Echter (CWG) wollte das Unternehmen nach Aichach holen. Dagegen stimmte der Rest der CSU, Dr. Erwin Lotter (FDP), Dr. Sabine Bard-Kröniger (Grüne) und die komplette sechsköpfige Riege der Freien Wähler.

Rund eineinhalb Stunden waren zuvor überaus sachlich die mittlerweile hinlänglich bekannten Argumente für und gegen einen weiteren Supermarkt in der Paarstadt ausgetauscht worden. In zahlreichen Sondertreffen hatten sich alle Fraktionen intensiv mit der Thematik befasst. Keiner habe sich seine Entscheidung leicht gemacht, wurde mehrfach betont und mit der Hoffnung verbunden, dass es im Nachgang der Sitzung zu keinen persönlichen Anfeindungen komme.

Angesprochen wurden dennoch die vergangenen Wochen. Karl-Heinz Schindler (SPD) zeigte sich betroffen von der „verbalen Aufrüstung“ – Stichworte: „Giga-Markt“, „Vernichtungswettkampf“ –, Georg Robert Jung (Freie Wähler) gingen die nicht zuletzt in Leserbriefen kommunizierten Angriffe in seiner Funktion als ehrenamtlicher Stadtrat an die Nieren. Als „Pamphlet“ bezeichnete Stadtbaumeister Josef Hell das unlängst erschienene Flugblatt der Jungen Union, in dem das Kaufland-Projekt letztlich als Armutszeugnis der Wirtschaftspolitik des Bürgermeisters bezeichnet worden war. „Es gibt kein halbwegs vernünftiges Nutzungsmodul, das für dieses Grundstück nicht schon durchgespielt worden wäre“, unterstrich Hell die Bemühungen, und reagierte damit auch auf die immer wieder geäußerten Ratschläge, was man denn mit dem Milchwerk-Areal alles tun könne.

Bürgermeister Klaus Habermann ging nicht nur auf die sachlichen Gründe ein, die ihn persönlich zum Befürworter einer Kaufland-Filiale hatten werden lassen. Er nutzte die Gelegenheit darüber hinaus zu einer persönlichen Stellungnahme. Dass Aichachs Innenstadt so toll und lebendig sei, „das ist auch zumindest ein klein wenig unser Verdienst“, so das Stadtoberhaupt, der an die Sortimentsbeschränkung erinnerte, die er und der Stadtrat stets gegen Kritik aus den Reihen von Bürgern und Grundstückseigentümern wie im Gewerbepark an der B 300 verteidigt habe: „Es wird kaum einen Bürgermeister, einen Stadtrat und eine Verwaltung geben, die in 13 Jahren so ihr schützendes Händchen über eine Innenstadt gehalten haben“, unterstrich Habermann, dem man die Betroffenheit anmerkte. Irgendwann müsse man sich aber fragen, „wie lange wir als Stadtrat unseren Bürgern noch preisgünstige Einkaufsmöglichkeiten vorenthalten können“.

Wie es nun weiter geht, ist momentan offen. Die Projektanten waren im Sitzungssaal anwesend, erlebten zuvor den närrischen Auftritt der Nachwuchsgarden der Faschingsgesellschaft Paartalia und dann den Absturz ihrer Planung. Ob sie einen Plan B in der Schublade haben, oder nun, wie die Befürworter fürchten, die Milchwerk-Brache für weitere Jahre langsam in sich zusammenfällt, ist nicht bekannt. Zitate aus der Diskussion: „Unsere Aufgabe ist es, die Innenstadt zu schützen. Da sehe ich mich durchaus als Lobbyist – für die Stadt Aichach“: Dr. Erwin Lotter (FDP). „Das wundert mich schon, dass ausgerechnet eine Partei, die ansonsten ständig die Fahne des Wettbewerbs im Wind flattern lässt, hier gegen einen Wettbewerb ist“: Heinrich Glöckner (Wirtschaftsreferent) zu FDP-Stadtrat Lotter. „Ich bin es gewohnt, meinem Gegenüber ins Auge zu sehen“: SPD-Fraktionschef Karl-Heinz Schindler in Anspielung auf eine E-Mail von Aga-Chef Dieter Simmeth. Der hatte alle Aga-Mitglieder zur Teilnahme an der Stadtrats-Sitzung aufgerufen. Die Befürworter von Kaufland sollten all denen in die Augen schauen, die von einer solchen Entscheidung existenziell betroffen sein werden. Schindler weiter: „Diese Entscheidung wird Aichach weder in die absolute Glückseligkeit katapultieren, noch wird sie den totalen Weltuntergang auslösen.“ „Kaufland ist ein Laden, wo man etwas kauft, das man nicht braucht, von Geld, das man nicht hat, um einem Nachbarn zu imponieren, den man nicht mag“: Dr. Sabine Bard-Kröniger (Grüne). „Wir sind keine reinen Nein-Sager. Wir schlagen vor, die Stadt soll sich auf die Suche nach einem Baumarkt oder Elektromarkt anstatt nach dem achten Lebensmittelmarkt machen“: Georg Robert Jung (Freie Wähler). Dazu Bürgermeister Klaus Habermann: „Ein Baumarkt hat sehr viel Randsortiment, ich denke da nur an unsere Floristen. Und einen Elektromarkt halte ich für ausgesprochen innenstadtrelevant. Da würden wir uns erst recht ins Knie schießen.“ „Wie sollen denn noch Investoren kommen, wenn aus Aichach bei jeder Anfrage eine Ablehnung kommt“: Hans-Peter Port (CSU). „Wenn wir heute nicht zustimmen, bleibt das Milchwerk bis der liebe Gott in Rente geht“: Erich Echter (CWG).


Von REdler
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