Der Jahresrückblick 2023 der Aichacher Zeitung
Veröffentlicht am 14.06.2018 12:00

Hakenkreuz am Dach: „Plakativer Unfug”

Ein Hakenkreuz   auf dem Hausdach: Das stieß von Anfang an und auch bei der gestrigen Verhandlung auf großes Interesse der Medien. 	Foto: Monika Grunert Glas (Foto: Monika Grunert Glas)
Ein Hakenkreuz auf dem Hausdach: Das stieß von Anfang an und auch bei der gestrigen Verhandlung auf großes Interesse der Medien. Foto: Monika Grunert Glas (Foto: Monika Grunert Glas)
Ein Hakenkreuz auf dem Hausdach: Das stieß von Anfang an und auch bei der gestrigen Verhandlung auf großes Interesse der Medien. Foto: Monika Grunert Glas (Foto: Monika Grunert Glas)
Ein Hakenkreuz auf dem Hausdach: Das stieß von Anfang an und auch bei der gestrigen Verhandlung auf großes Interesse der Medien. Foto: Monika Grunert Glas (Foto: Monika Grunert Glas)
Ein Hakenkreuz auf dem Hausdach: Das stieß von Anfang an und auch bei der gestrigen Verhandlung auf großes Interesse der Medien. Foto: Monika Grunert Glas (Foto: Monika Grunert Glas)

Die beiden Angeklagten zeigten sich geständig und einsichtig. Sie wiesen es von sich, irgendeine rechte Gesinnung zu haben. Der 30-Jährige erklärte, wie es dazu kommen konnte, dass das Nazisymbol auf dem Dach prangte. Demnach half er seinem Freund - der 31-Jährige ist der zweite Angeklagte - im Herbst vergangenen Jahres, neue Dachpappe auf einem Vordach anzubringen. Um diese zu verschweißen, war Gas nötig. Der Hausbesitzer fuhr in den nächsten Baumarkt, um welches zu kaufen. In dieser Zeit alberte der 30-Jährige mit einem weiteren Kumpel herum. Die Männer hatten schon kräftig dem Bier zugesprochen, denn nebenbei wurde gegrillt. Mit dem Hochdruckreiniger spritzte der gelernte Pflasterer zunächst ein X aufs Dach. Sein Kollege meinte, noch ein paar Striche dran, und es wäre ein Hakenkreuz. Gesagt, nicht gedacht, getan: Schon prangte das etwa einen Quadratmeter große Nazisymbol auf dem Hausdach.

Dem Besitzer des Anwesens teilte man erst später in fröhlicher Runde am Grill mit, welchen „Streich” man ihm da gespielt hatte. Der fand es weniger lustig und verlangte, gleich am nächsten Tag solle das Dach geputzt werden.

Dafür griff der 30-Jährige nun jedoch nicht mehr zum Hochdruckreiniger: „Der Schlauch war geplatzt!” Er nahm einen groben Schwamm und wischte damit auf dem Dach herum. „Man hat das Kreuz nicht mehr gesehen”, sagt er. Allerdings war lediglich der Schmutz vom Dach ringsherum gleichmäßig verteilt worden. Der nächste Regen brachte das Hakenkreuz wieder zum Vorschein.

Eventuell lag es an hohen Bäumen auf dem Nachbargrundstück, dass sich zunächst niemand über das Nazisymbol beschwerte. Doch im Winter wurden diese gefällt, die restlichen verloren das Laub. Spätestens jetzt konnte jeder, der auf der Bobinger Straße durch Inningen fuhr, das Hakenkreuz entdecken. Am 13. Januar informierte ein Unbekannter die Polizei. Am 19. Januar wurden die Dachpfannen so umgedeckt, dass man das Kreuz nicht mehr erkennen konnte.

Vor Gericht spielte es durchaus eine Rolle, dass zwei Männer die Anklagebank drückten, die, wie sie selbst sagten, „eine Dummheit” begangen hatten - und keine Neonazis. Richter Roland Fink betonte, er verhänge nur dann eine Freiheitsstrafe, wenn diese nötig sei. Bei Rechtsradikalen wäre diese unumgänglich gewesen: „Der Staat müsste zur Verteidigung seiner Rechtsordnung entsprechend reagieren.” So aber habe es sich nicht um das Handeln eines „rechtsradikalen Sturmtrupps”, sondern um „plakativen Unfug” gehandelt. Für derartigen „Quatsch” sei eine Geldstrafe angemessen. Er folgte dem Antrag von Staatsanwältin Melanie Ostermeier und verurteilte die Männer zu jeweils 130 Tagessätzen Geldstrafe. Entsprechend dem Einkommen zu je 40 beziehungsweise 45 Euro. Angeklagte gehören nicht zum rechten Spektrum Öfter, als man glauben würde, sorgen Hakenkreuze nicht nur als Schmierereien in Unterführungen, sondern wegen ihrer Verwendung im öffentlichen Raum für Aufsehen. In Goslar beispielsweise wurde beim Pflastern der Fußgängerzone dieses Symbol sichtbar. Anfang der siebziger Jahre baute die US-Navy eine Basis in Kalifornien. Erst als Google Earth Satellitenbilder veröffentlichte, bemerkte man die Hakenkreuzform des Baus. Nach Protesten wurde es umgebaut. Ein Kindergarten in Bregenz hat, betrachtete man ihn aus der Luft, die Form des Nazisymbols - auch noch nach der Renovierung 2016. (mg)


Von Monika Grunert Glas
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