Ausreichend Strom für 300 000 Haushalte liefern allein die 36 Wasserkraftwerke der Lechwerke (LEW) - jährlich eine Milliarde Kilowattstunden CO2-freien Strom. Doch mit der Stromerzeugung allein ist es nicht getan. Um die Energiewende gelingen zu lassen, steht ein massiver - und innovativer - Ausbau der Stromnetze an. Die LEW wollen in fünf Jahren 1,3 Milliarden Euro investieren, wie die LEW-Vorstände Dietrich Gemmel und Christian Barr nun während der Vorstellung der Jahresbilanz ankündigen.
Dabei liegt hinter den Lechwerken bereits ein Jahr der Rekordinvestitionen. Im Geschäftsjahr 2023 habe das Unternehmen 226 Millionen Euro eingesetzt und gleichzeitig 284 neue Mitarbeiter eingestellt, ebenfalls ein Höchststand für die Lechwerke. „Die Transformation ist eine Jahrhundertaufgabe”, erklärt LEW-Vorstand Barr die Anstrengungen.
Mittlerweile sind es mehr als 100 000 Erzeugungsanlagen, die an das Stromverteilungsnetz der Lechwerke angeschlossen sind. Die hohe Zahl kommt zustande, weil es sich vor allem um Photovoltaikanlagen handelt. Aber auch Wasserkraft-, Biomasse- und Windkraftanlagen sind dabei. Rein rechnerisch deckte die gesamte Stromerzeugung im Jahr 2023 fast 90 Prozent des Strombedarfs aller ans Netz angeschlossener Stromkunden. Der Bundesdurchschnitt liegt laut LEW bei etwa 52 Prozent.
Das bringt enorme Anforderungen an die Infrastruktur mit sich und diese werden weiter steigen, da stetig neue Erzeugungsanlagen dazukommen. Für 2023 verzeichnete die LEW-Verteilnetz 25 000 Anmeldungen für neue Photovoltaikanlagen verschiedener Größenklassen. Bis zum Ende dieses Jahrzehnts müsse die bestehende Netzinfrastruktur um etwa 50 Prozent erweitert werden und um Klimaneutralität zu erreichen, sei in den Folgejahren ein weiterer erheblicher Netzausbau notwendig. „Der Transformationsbedarf ist enorm. Wir müssen ihn so effizient wie möglich realisieren”, sagt Barr. Neben dem Ausbau von Leitungen und Anlagen gelte es, die Transparenz und Steuerbarkeit im System durch „Smartifizierung” zu erhöhen. Um die geänderten Anforderungen zu meistern, seien neue Lösungen gefragt, so Barr weiter.
Längst kommt in den Wasserkraftwerken Künstliche Intelligenz zum Einsatz für die Erzeugungsprognose. Im Projekt Flair - „Flexible Anlagen intelligent regeln”, entwickelte ein Team der Lechwerke gemeinsam mit Partnern aus Wissenschaft und Industrie einen Algorithmus, der es ermöglicht, den Verbrauch von Wärmepumpen und privaten Ladestationen für E-Autos an die lokale Erzeugungssituation anzupassen. So sollen die lokalen Netzressourcen optimal genutzt werden.
In einer Kooperation mit dem Betreiber des Übertragungsnetzes Amprion und dem Energiekonzern Eon wagen sich die Lechwerke an ein ambitionierte Pilotprojekt: der dezentrale Netzbooster. Durch den Einsatz von dezentral im Verteilnetz angeschlossenen Batteriemodulen mit einer Gesamtleistung von 250 Megawatt sollen Leitungen im Übertragungsnetz von Amprion höher ausgelastet und sogenannte Redispatch-Maßnahmen reduziert werden. Gemeint ist damit, dass falls eine Leitung im Übertragungsnetz zwischen Nord- und Süddeutschland ausfällt, die Stromerzeugung im Norden gedrosselt und im Süden Reserve-Kraftwerke aufwendig den Betrieb hochfahren müssen, um den Energiebedarf weiter zu decken. Durch den Einsatz des Netzboosters könnte das Hochfahren ganz vermieden oder zumindest verzögert werden.
Zusätzlich wollen die LEW in dem Projekt untersuchen, wie die Speicher im regionalen Netz zur Optimierung der Leitungsauslastung beitragen können.
Unterstützung bei ihren Vorhaben wünschen sich die Lechwerke von der Politik, etwa indem Regulierungen vereinfacht und Genehmigungsprozesse vor allem beim Leitungsbau beschleunigt würden. „Es ist an der Zeit, gemeinsam die Rahmenbedingungen so anzupassen, dass sie einen erfolgreichen, zügigen und wirtschaftlichen Umbau unseres Energiesystems möglich machen”, sagt Christian Barr.