Der Jahresrückblick 2023 der Aichacher Zeitung
Veröffentlicht am 29.08.2022 17:39

Mit 86 noch immer an der Uni

Ein Hörsaal der Ludwig-Maximilians-Universität in München. Die Vorlesungen dort können nicht nur junge Studierende besuchen, sondern auch Gasthörer, die immatrikuliert sind. Mehr als 1200 Seniorenstudierende verzeichnete die LMU vergangenes Semester.
Ein Hörsaal der Ludwig-Maximilians-Universität in München. Die Vorlesungen dort können nicht nur junge Studierende besuchen, sondern auch Gasthörer, die immatrikuliert sind. Mehr als 1200 Seniorenstudierende verzeichnete die LMU vergangenes Semester.
Ein Hörsaal der Ludwig-Maximilians-Universität in München. Die Vorlesungen dort können nicht nur junge Studierende besuchen, sondern auch Gasthörer, die immatrikuliert sind. Mehr als 1200 Seniorenstudierende verzeichnete die LMU vergangenes Semester.
Ein Hörsaal der Ludwig-Maximilians-Universität in München. Die Vorlesungen dort können nicht nur junge Studierende besuchen, sondern auch Gasthörer, die immatrikuliert sind. Mehr als 1200 Seniorenstudierende verzeichnete die LMU vergangenes Semester.
Ein Hörsaal der Ludwig-Maximilians-Universität in München. Die Vorlesungen dort können nicht nur junge Studierende besuchen, sondern auch Gasthörer, die immatrikuliert sind. Mehr als 1200 Seniorenstudierende verzeichnete die LMU vergangenes Semester.

Mair, der mit seiner Frau Centa im Altomünsterer Ortsteil Stumpfenbach lebt, ist einer von mehr als 1200 Seniorenstudenten der LMU. Und beileibe nicht der einzige Über-80-Jährige unter 50 000 Eingeschriebenen. Die Uni bietet zwar ein spezielles Vorlesungsprogramm für ältere Interessierte, Adolf Mair setzt sich aber auch gerne zu den jungen Studierenden in den Hörsaal, wenn ihn ein Thema anspricht. Warum er das macht? „Zur Erweiterung des geistigen Horizonts”, sagt er. „Und weil ich als Junger keine Gelegenheit hatte, mir das Wissen beizubringen.”Adolf Mair ist am Altomünsterer Vogelherd aufgewachsen, zusammen mit drei Geschwistern in einer kleinen Landwirtschaft. Ein gescheiter Kerl, ein wissensdurstiger, war er. Doch damals gab es weder in Aichach noch in Dachau ein Gymnasium. Wer eine höhere Schule besuchen wollte, musste aufs Internat. „Das haben sich in Altomünster bloß der Arzt, der Apotheker und vielleicht der Maierbräu leisten können”, erinnert er sich. Für ihn blieb bloß die Klosterschule, die die katholische Kirche auch deswegen betrieb, um Pfarrer zu rekrutieren. Man schickte ihn nach Scheyern. Aber der Bauernbub, der zum „Pfarrerbua” geworden war, blieb bloß drei Jahre lang auf dem Gymnasium: „Das hab ich nicht ausgehalten. Das war Freiheitsentzug.” Außerdem musste er jeden Morgen in die Messe, vertrug aber den Weihrauch nicht. „Ich bin immer fast ohnmächtig geworden.”Also ging er zurück in die heimatliche Volksschule. Er machte eine kaufmännische Ausbildung und besuchte die Aichacher Berufsschule, später eine Handelsschule. Schließlich landete er beim Zoll, arbeitete in München-Riem am Flugplatz, in Mittenwald an der Grenzstation, später in Fulda beim Hauptzollamt. Seine Berufskarriere lief reibungslos und endete als Diplom-Finanzwirt im Rang eines Zolloberamtsrates in der Oberfinanzdirektion München. Trotzdem: So richtig gebildet fühlte sich Mair nicht. Auch nicht als Pensionär.Der Eindruck, im Leben etwas verpasst zu haben, treibt viele Seniorenstudenten an. „Der wichtigste Grund für die Teilnahme ist der Wunsch nach Wissenserwerb auf wissenschaftlichem Niveau und Ausbau der Interessengebiete”, sagt Philipp Stolz, Sprecher der LMU. Dort wurde vergangenes Jahr eine Untersuchung zum „nachberuflichen Studium” durchgeführt. Befragt wurden Gasthörende zwischen 53 und 92 Jahren. Dabei gaben 91 Prozent an, sie wollen die eigenen Interessengebiete erweitern, immerhin jeder Vierte bestätigte die „Sinnsuche für das eigene Leben”. Nur gut zehn Prozent erwartete einen „wissenschaftlichen Erfahrungsaustausch mit den Dozent*innen”.

Ein Seniorenstudium bieten inzwischen viele Unis an, auch die Augsburger. Gasthörer sind für die allermeisten Lehrveranstaltungen zugelassen, es gibt zudem besondere Vorträge und Ringlesungen speziell für ältere Studierende. Wer teilnehmen möchte, muss Gebühren zwischen 100 und 300 Euro pro Semester entrichten. Ein Semesterticket für den öffentlichen Nahverkehr, wie bei den regulär Studierenden, gibt es allerdings nicht.Das Gasthörer-Studium kennt auch keine Prüfungen und Examen. Wer eine Zertifikatsstudium - also eines mit akademischem Abschluss - machen möchte, muss sich herkömmlich immatrikulieren. Das Alter setzt dabei keine Grenzen. In Eichstätt etwa gibt es eine ganze Reihe von älteren Eingeschriebenen, die nebenberuflich studieren, bestätigt Christian Klenk. Hebräisch zum Beispiel.Das Senioren-Studienprogramm für das Wintersemester 2022/23 hat Adolf Mair schon daheim liegen. Jetzt, da es nach den Corona-Einschränkungen wieder Präsenzveranstaltungen gibt, wird der Stumpfenbacher wieder in die akademischen Hallen nach München fahren. Im Studienführer hat er schon angekreuzt, was er dort hören will: Vorträge zu Tumorbiologie, Georg Büchner, Europäischer Ethnologie und über die Lehre des Philosophen Jürgen Habermas.

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