Der Jahresrückblick 2023 der Aichacher Zeitung

Wehrtürme und Weltkriegsreste: Was die Archäologen am Augsburger Theater vermuten

Die Augsburger Stadtarchäologie hat ihr Personal aufgestockt, um die Sanierung des Dreispartenhauses zu begleiten. Die erste Grabungsphase beginnt im April. Im Abschnitt, auf dem später das Orchesterprobengebäude stehen soll, vermuten die Archäologen, auf Reste der alten Stadtmauer zu stoßen. Auch Kampfmittel-Reste sind auf dem Areal nicht ausgeschlossen.
Zehn Zeitreisende machen sich im April auf den Weg in die Vergangenheit. Zwei Stockwerke tief werden sie sich durch zurückliegende Epochen graben. Bewaffnet mit Schaufel, Kelle und Pinsel werden sie Funde aus dem Erdreich neben dem Augsburger Stadttheater zutage fördern.
Nicht nur die Sanierung des Dreispartenhauses, sondern auch die Archäologie ist ein Mammutprojekt. Die Überreste eines haarigen Urzeitelefanten wird man am Augsburger Kennedy-Platz wohl kaum ausbuddeln. Doch auch ohne eiszeitliche Ungetüme bereitet sich die Stadtarchäologie auf etwas Großes vor. Um die Generalsanierung und den Neubau des Theaters zu begleiten, werden zusätzlich zu den fünf Stammkräften vier Grabungskräfte und ein Grabungstechniker befristet eingestellt.
Bevor die zehn Zeitreisenden starten, ist jedoch noch eine Menge Papierkram zu erledigen. Die „Teilbaugenehmigung für den Baugrubenverbau steht noch aus”, erläutert Baudirektor Norbert Reinfuss. Er hat die Gesamtprojektleitung der Theatersanierung inne. Zwei Stockwerke tief reicht der Technikkeller, der zwischen Theater und Volkhartstraße entsteht. Lüftung, Heizungs- und Sprinkleranlagen werden darin untergebracht. Auch die Statik muss noch ausgearbeitet werden, soll doch über dem Keller einmal der Blickfang zur linken des Großen Hauses, das gläserne Orchesterprobengebäude, entstehen.
Der Beginn der archäologischen Grabungen sei daher „aktuell für April 2017 angesetzt, nach Erstellung des Verbaus der Baugrube”, erklärt Reinfuss. „Derzeit werden die vorab notwendigen Baumfällungen abgestimmt”, führt er weiter aus, zudem werde abgeklärt, wo Leitungen und Rohre verlaufen.
Ist all das abgestimmt, wolle man von der Kasernstraße aus beginnen, das Areal zu erschließen, „um einen möglichst störungsfreien Ablauf für die bestehende Verkehrsführung am Kennedy-Platz zu ermöglichen”, so der Plan. Stahlstützen werden dann in den Boden eingelassen, anschließend wird der Oberboden abgetragen.
Bis zu drei Meter tief müsse „intensiv archäologisch untersucht und dokumentiert werden”, beschreibt Reinfuss das Vorgehen. „Erst nach Abschluss dieser Arbeiten kann mit der tiefergehenden Bohrpfahlwand für den Technikkeller begonnen werden.” Freilich geschieht auch das begleitet von dem Archäologie-Team.
Sie rechnen damit, Reste der spätmittelalterlichen und frühneuzeitlichen Stadtmauer mit mindestens zwei Wehrtürmen und möglichen Kasematten, das sind Verteidigungsgänge, im Bereich der Grünfläche an der Volkhartstraße zu finden. Diese ist von 1860 an abgetragen worden. „Analog der Situation am Königsplatz, werden die Stadtmauerreste entsprechend befundet und dokumentiert, bevor der erforderliche Abbruch erfolgen kann”, erläutert der Baudirektor.
Ebenso verfahren die Grabungskräfte mit Resten von öffentlichen Gebäuden der Freien Reichstadt im Umfeld des ehemaligen Kornhauses.

Sechs Monate, so lange werden die zehn Zeitreisenden brauchen, so diese erste Grabungsphase nach Plan läuft.
Denn in Augsburg verbergen sich nicht nur Schätze der Vergangenheit im Boden. Noch etwas anderes - und das wurde einem an Weihnachten auf extreme Weise bewusst - könnte unter der Erde schlummern. „Das gesamte Gelände muss selbstverständlich auf Kampfmittel untersucht werden”, sagt Reinfuss und ergänzt: „Durch die 1944 erfolgten Bombentreffer im Bereich des Zuschauerhauses und Bühnenturms können grundsätzlich Kampfmittel-Rückstände auf dem Areal nicht ausgeschlossen werden.”


David Libossek
David Libossek

Sportredakteur

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