Der Jahresrückblick 2023 der Aichacher Zeitung
Veröffentlicht am 30.01.2015 12:00

Notorischer „Fofer”: Seit Jahrzehnten ohne Führerschein unterwegs

Zwischen April und Juni 2014 sei er an 22 Tagen von seinem Wohnort Gersthofen zu seiner Arbeitsstelle nach Rehling und zurück gefahren, warf ihm Staatsanwalt Andreas Roth vor. Benutzt habe er dabei ein Honda-Motorrad. Am 6. Mai 2014 blitzte man den Angeklagten zudem morgens gegen 8.30 Uhr bei Eurasburg auf der Autobahn Richtung München. Mit einem Firmenwagen unterschritt er damals den vorgeschriebenen Mindestabstand zum Vorausfahrenden um gerade mal 70 Zentimeter. So kam das aktuelle Verfahren überhaupt erst ins Rollen, sonst wäre man dem Mann eventuell nicht dahinter gekommen, dass er sich, trotz etwa einem Dutzend größtenteils einschlägiger Vorstrafen, erneut regelmäßig hinters Steuer setzte.

Anders als viele Angeklagte in ähnlichen Fällen, verzichtete der 37-Jährige auf jegliche Ausreden. Er gab das Fahren ohne Fahrerlaubnis zu. „Das stimmt schon. Ich hatte noch nie einen Führerschein. Ich habe Schwierigkeiten, was theoretische Prüfungen betrifft.” Richter Axel Hellriegel wunderte sich: „Nicht einmal einen tschechischen Führerschein?”, fragte er und wies darauf hin, dass inzwischen viele Leute dazu übergingen, sich diesen zu besorgen, wenn sie die deutsche Fahrerlaubnis verloren hätten. Mit mindestens sechs Monaten Wohnsitz im Nachbarland sei das auch legal; die Prüfung, ob das mit dem Wohnsitz stimme, obliege den tschechischen Behörden.

Der gelernte Heizungsinstallateur indes wurde zur Verhandlung in Aichach aus der Haft vorgeführt. Erst vorgestern war gegen ihn in Augsburg verhandelt worden. Weil man ihn zweimal beim Schwarzfahren in der Straßenbahn erwischt hatte - Schaden insgesamt 2,60 Euro - hatte man ihn zu vier Monaten Gefängnis ohne Bewährung verurteilt. Dagegen hatte er Berufung eingelegt, diese dann jedoch kurzfristig zurück gezogen. Derzeit brummt er, weil er eine Geldstrafe in Höhe von 2200 Euro wegen Urkundenfälschung nicht bezahlt hatte. Da die Datumsangaben in den Akten widersprüchlich waren, konnte Hellriegel diese Strafe nicht mehr einbeziehen, jedoch die Ahndung wegen des Schwarzfahrens.

Staatsanwalt Andreas Roth forderte dafür und für das Fahren ohne Fahrerlaubnis 13 Monate Haft. Er fragte, warum der 37-Jährige, wenn er schon die Geldstrafe nicht begleichen konnte, stattdessen nicht „Schwitzen statt Sitzen” beantragt hatte, also ein Abarbeiten der Strafe. Wie es schien, hatte der Angeklagte diese Möglichkeit irgendwie verbummelt. Auch jetzt nahm er das Urteil eher teilnahmslos und gleichmütig hin, obwohl zuhause seine schwangere Lebensgefährtin und ein Kind auf ihn warten. Zehn Monate Haft legte Axel Hellriegel gestern noch oben drauf. Der 37-Jährige akzeptierte den Richterspruch und ließ sich zurück in die JVA bringen. Vielleicht erstaunlich: Zwar bestand er die theoretische Prüfung nie, doch mit der Praxis scheint er gut klarzukommen. Jedenfalls sind von ihm, abgesehen von dem minimalen Verstoß gegen den Mindestabstand, keinerlei Verstöße gegen die Straßenverkehrsordnung oder gar Unfälle bekannt. „Machen Sie den Führerschein”, gab ihm Hellriegel mit auf den Weg. Auch, wenn ihm 2004 das Landratsamt quasi für immer die Fähigkeit, ein Fahrzeug zu führen, abgesprochen hatte: „So etwas ist nicht für alle Zeiten in Stein gemeißelt.”


Von Monika Grunert Glas
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