Der Jahresrückblick 2023 der Aichacher Zeitung
Veröffentlicht am 14.02.2017 12:00

Zuchtvieh: Fitter ohne Sex

„Aus züchterischer Sicht bietet die künstliche Besamung riesige Vorteile. Je mehr Nachkommen ein Bulle hat, umso genauer kann seine züchterische Veranlagung, sein Zuchtwert, anhand der Ergebnisse der Nachkommen geschätzt werden”, erklärt Wiedenmann. Im Gegenzug kann ein Landwirt durch die Auswahl des „passenden” Partners bestimmte Schwächen seiner Kuh planmäßig verbessern. Hat eine Kuh zum Beispiel zu kurze Zitzen, ist sie für das maschinelle Melken eher ungeeignet. Durch Zucht lässt sich das Euter-Manko aber bei den Nachkommengenerationen eventuell korrigieren.

„In der züchterischen Arbeit geht es um die Verbesserung einer Reihe von bedeutenden Merkmalen im Bereich Milchleistung, Milchqualität, Eutergesundheit, Fleischleistung, Vitalität, Fruchtbarkeit, aber auch die Beschaffenheit des Euters, des Bewegungsapparates und der Körperkonstitution”, zählt Friedrich Wiedenmann die wichtigsten Eigenschaften beim Fleckvieh auf. Insgesamt sind es mehr als 40 Einzelmerkmale, die bei der Bewertung herangezogen werden. Der Gesamtzuchtwert gibt an, ob es sich um einen Topvererber oder eine genetische Niete handelt. Gewonnen wird das Sperma übrigens nicht beim Zuchtverband, sondern in Besamungsstationen. Hier geht es eher unromantisch zu. Im sogenannten Sprungraum, ein weiß gekacheltes Zimmer mit Neonlicht, wartet eine Kuhattrappe auf den brünstigen Stier. Reicht die Attrappe, die aussieht wie ein Bock aus dem Schulsportunterricht, nicht aus, um den Stier auf Touren zu bringen, dient ein Unterstellbulle, ein anderes männliches Rind, als Anreiz. Mehrmals die Woche müssen die Super-Bullen ran, Samenspende im Akkord quasi, ein Geschäft, mit dem sich gutes Geldes verdienen lässt.


Von Thomas Winter
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