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Der Jahresrückblick 2023 der Aichacher Zeitung
Veröffentlicht am 23.08.2022 16:27

„Mancher Mangel ist hausgemacht” - CSU-Landtagsabgeordneter Bernhard Seidenath im Sommergespräch

Seit 2018 ist Bernhard Seidenath   der einzige Landtagsabgeordnete im Dachauer Land. Zum ersten Mal hat er sich mit der AICHACHER ZEITUNG zum Sommergespräch getroffen - im Garten der Tafernwirtschaft in Niederdorf.		Foto: Bastian Brummer (Foto: Bastian Brummer)
Seit 2018 ist Bernhard Seidenath der einzige Landtagsabgeordnete im Dachauer Land. Zum ersten Mal hat er sich mit der AICHACHER ZEITUNG zum Sommergespräch getroffen - im Garten der Tafernwirtschaft in Niederdorf. Foto: Bastian Brummer (Foto: Bastian Brummer)
Seit 2018 ist Bernhard Seidenath der einzige Landtagsabgeordnete im Dachauer Land. Zum ersten Mal hat er sich mit der AICHACHER ZEITUNG zum Sommergespräch getroffen - im Garten der Tafernwirtschaft in Niederdorf. Foto: Bastian Brummer (Foto: Bastian Brummer)
Seit 2018 ist Bernhard Seidenath der einzige Landtagsabgeordnete im Dachauer Land. Zum ersten Mal hat er sich mit der AICHACHER ZEITUNG zum Sommergespräch getroffen - im Garten der Tafernwirtschaft in Niederdorf. Foto: Bastian Brummer (Foto: Bastian Brummer)
Seit 2018 ist Bernhard Seidenath der einzige Landtagsabgeordnete im Dachauer Land. Zum ersten Mal hat er sich mit der AICHACHER ZEITUNG zum Sommergespräch getroffen - im Garten der Tafernwirtschaft in Niederdorf. Foto: Bastian Brummer (Foto: Bastian Brummer)

Noch ist es sommerlich warm. Vor der Kälte und dem Winter aber hat Seidenath Sorge, wie er erklärt. „Angst zu sagen, wäre alarmistisch”, meint der CSU-Mann. Dennoch müsse „alles an Energie zusammengekratzt werden”, wie er sagt - und damit ist er direkt bei dem Thema, das viele derzeit umtreibt. „Es wäre fatal, die Atomkraftwerke jetzt abzuschalten”, meint Seidenath und feuert damit die erste Breitseite in Richtung Bundesregierung. Der Vorsitzende des Bunds Naturschutz in Bayern, Richard Mergner, wirft der Union in Bund und Land eine Scheindebatte vor, wenn es um die AKWs geht. Die machten laut Angaben einiger Experten lediglich fünf bis sechs Prozent des Stroms und gerade mal ein Prozent der Wärmeversorgung aus. Eine Scheindebatte sieht Seidenath nicht. Es komme auf jedes Prozent an.

Dass auch er die Atomkraft als Auslaufmodell betrachte und den Ausbau erneuerbarer Energien vorantreiben wolle, schiebt der Abgeordnete direkt nach. Er will etwa eine Windenergiegenossenschaft gründen. Ein Partner bei der Planung ist der Markt Altomünster. Der dortige Bürgermeister Michael Reiter (FW) und dessen CSU-Kollegen im Gemeinderat „hängen sich so richtig rein”, berichtet Seidenath. „Windkraft wird es aber für diesen Winter nicht geben”, ist sich Seidenath sicher. Im Landkreis ist derzeit kein Windrad im Bau. Und selbst wenn noch Windkraftwerke oder Photovoltaikanlagen fertiggestellt würden, könnte die zusätzliche Energie gar nicht eingespeist werden. „Die Netze sind voll”, erklärt Seidenath und übt Kritik am eigenen Koalitionspartner im Freistaat: den Freien Wählern.

Wirtschaftsminister Aiwanger behindere den Bau neuer Trassen, Stichwort Süd-Link oder Südost-Link. Das seien keine populären Projekte, dafür notwendige. „Aber es dauert ewig”, moniert der Abgeordnete. Warum das Netz nicht während Seehofers Kabinett II von 2013 bis 2018 ausgebaut wurde, als die Union allein regierte, lässt Seidenath offen und verweist auf die Erfolge der CSU. Immerhin ist Wahlkampf. Doch obwohl das so ist, will Seidenath keine parteipolitischen Spielchen treiben oder „ideologische Diskussionen” anfeuern, wie er sagt. Generell übt er wenig Kritik am Koalitionspartner und spricht über die Menschen im Landkreis Dachau. „Oberste Priorität hat in diesem Jahr die Vorbereitung auf den Winter”, betont er. Dabei spiele Zusammenhalt eine wichtige Rolle. Im Landkreis Dachau gebe es den, sagt Seidenath - und das fraktionsübergreifend. „Wir haben die Möglichkeit, Turnhallen so auszustatten, dass sie mit Fernwärme beheizt werden können, damit die Leute sich aufwärmen können”, sagt der Abgeordnete. Ob es so weit kommt, könne er nicht sagen. Klar sei aber: „Wenn tatsächlich der Strom bei minus zehn Grad über mehrere Tage ausfällt, wird es kritisch.” Mit Holz unabhängig heizen könnten die wenigsten im Landkreis. Ohne Strom würden die meisten Heizungen nicht funktionieren.

„Im Februar oder März wird es zum Schwur kommen”, sagt Seidenath. Dann zeige sich, ob das Konzept zur Bewältigung der Krise im Landkreis funktioniere. Trotz der düster klingenden Rhetorik ist Seidenath aber optimistisch, wie er sagt. Immerhin habe der Landkreis gezeigt, dass er Herausforderungen gut meistere und die CSU, vertreten durch ihn selbst, dass sie Probleme angehe.

Hier wird der Abgeordnete ebenfalls konkret: Seit 2011 gibt es im Kreis ein Palliativteam, das von der Genossenschaft „Spezialisierte Ambulante Palliativ-Versorgung”, kurz SAPV, getragen wird. Hinzu kommen die Genossenschaft zur Stärkung der gesundheitlichen Versorgung, die den Hebammenstützpunkt trägt - und „Habt ein Herz für soziale Berufe”. Diese Genossenschaft mietet Wohnungen an, die Arbeitgeber in eben jenen Professionen an ihre Arbeitnehmer weitervermitteln können. Derzeit sind das sieben im Landkreis Dachau. Soziale Berufe, vor allem die der Pfleger, Physiotherapeuten und Medizinischen Fachangestellten (MFA) müssten attraktiver gemacht werden. „Das kann über derartige Anreize gelingen”, ist Seidenath überzeugt, der sich dafür eingesetzt hat, dass das Schulgeld bei der Ausbildung zum Physiotherapeuten abgeschafft wird, wie er sagt.

Der Fachkräftemangel im Allgemeinen, und der im Gesundheitssystem im Speziellen, beschäftigt den Politiker. Er betont aber auch: „Mancher Mangel im Gesundheitssystem ist hausgemacht.” Hebammen, Notfallsanitäter, Ärzte könnte es mehr geben, wenn die Rahmenbedingungen stimmen würden. Ganz konkret heißt das: „Im Jahr 2019 hatten wir 105 Ausbildungsplätze für Hebammen, aber 5000 Bewerberinnen.” Seit kurzem seien es 220 zugesagte Plätze bayernweit - und zudem ist die Ausbildung jetzt eine akademische. Und um mehr Sanitäter auszubilden, hat Seidenath ein Public-Private-Partnership-Konzept vorgestellt. Der Freistaat schafft die Ausbildungsstellen und stellt dafür Geld im Haushalt ein, Kliniken, die ebenfalls auf Sanitäter angewiesen sind, beteiligen sich daran. Immerhin kostet die Ausbildung eines Sanitäters im Schnitt um die 150 000 Euro. „Das wird der Landtag hoffentlich bald beschließen”, sagt Seidenath, den auch noch ein weiteres Thema umtreibt: Unruhen im Rest der Welt. „Wir leben derzeit eigentlich in einer multiplen Krise”, sagt er. Die Inflation fresse „die Errungenschaften wie das Baukindergeld”, die Pandemie sei noch nicht vorbei und in der Ukraine herrsche noch immer Krieg. „Wir dürfen nicht zulassen, dass wir Putin auf den Leim gehen und uns als Europa destabilisieren lassen.”

Wenn es um Stabilisierung geht, blickt Seidenath aber nicht nur in den Osten, sondern nach Afrika - und nicht ganz uneigennützig aus bayerischer Sicht. „Wir müssen zusehen, dass wir den Menschen in Ländern, aus denen sie fliehen, Perspektiven bieten - vor allem durch Bildung”, sagt der Politiker. Denn auch große Flüchtlingsströme könnten ein Land destabilisieren.

In Burkina Faso baut der Verein „Perspektiven für Burkina Faso” deshalb eine Schule, in Kokologo, westlich von Ouagadougou. Den Verein hat Seidenath vor einigen Jahren mit dem damaligen Fraktionskollegen, dem inzwischen verstorbenen Anton Kreitmair aus Großberghofen, gegründet. Kosten soll die Schule etwa 80 000 Euro.

„Im Landkreis Dachau entstehen gerade zwei Gymnasien”, ruft Seidenath in Erinnerung. Nehme man die Kosten dafür, könnte die Schule in Afrika 2000 Mal gebaut werden. „Wenn jeder Landkreisbürger 50 Cent hergeben würde, hätten wir schon alles beisammen”, wirbt Seidenath um Spenden. „Es wäre fatal, die Atomkraftwerke jetzt abzuschalten” Seidenath wirbt um Spenden für Burkina Faso


Von Bastian Brummer
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