Dass Adlerhorst bis Tag sechs des Rundenwettkampfs in der Gauoberliga A unbesiegt auf dieses Happy End zusteuerte, hing eng mit Pfaffenzeller zusammen, die einen beachtlichen Leistungssprung hingelegt hat. Traf sie 2018/19 noch durchschnittlich 380,7 Ringe, steigerte sie sich in der Hinrunde der derzeit unterbrochenen Saison auf 394 Ringe im Schnitt. Dreimal in Folge traf sie 395 von 400 möglichen Ringen. „Das war mit der Aufnahme in die erste Mannschaft mein größter Schritt”, findet Pfaffenzeller. Ein Schritt, für den sie hart gearbeitet hat. „Trainieren, sich dahinter klemmen und eine Menge Rücksprache mit den Kollegen”, beschreibt sie die Zutaten ihres Erfolgsrezepts. Bis zu drei Mal pro Woche übt sie am Schießstand, schießt Serie um Serie, feilt an ihrem Stand, zieht die Schussfrequenz an oder drosselt sie. Der Rest ist Reden. Veronika Pfaffenzeller, Simon Neukäufer, Daniel Gadletz und Franziska Abler, allesamt Sulzbacher Eigengewächse, sind mehr als nur Mannschaftskollegen, sie trainieren sich auch gegenseitig. Und - noch so eine Zutat des Erfolgs - sie vertrauen sich. „Wir kennen uns schon seit”, sagt die 21-jährige Pfaffenzeller und macht eine Pause, um zu überlegen. Dann beendet sie den Satz mit „eigentlich seit immer” und muss lachen. Wie so viele Teamsportler vermisst Pfaffenzeller mehr als nur das bloße Ausüben des Sports. Sie vermisst die Kollegen und das, wie sie es nennt, „Funktionieren als Mannschaft”. Trainieren ist derzeit unmöglich, die Wettkämpfe ruhen. Kontakt hat sie mit den anderen über eine WhatsApp-Gruppe. Die eine oder andere Nachricht wird wohl davon handeln, ob es weitergeht, wie es weitergeht und was geschieht, wenn es mit der Saison nicht mehr weitergeht. „Wir wollen am liebsten im klassischen Sinn aufsteigen”, betont Pfaffenzeller. Sprich: am Schießstand. Sulzbach weist derzeit einen Mannschaftsschnitt von 1534 Ringen auf. Kann Adlerhorst diesen Wert halten, wird sich das Quartett aller Voraussicht nach gegen die Meister aus den vier Gauoberligen durchsetzen, die neben dem Aichacher Titelträger um einen Startplatz in der Bezirksliga Nordwest kämpfen. Vergangene Saison wurde Sulzbach zwar ebenfalls Erster, allerdings fehlten auf den Aufsteiger, die mit 1538 Ringen im Schnitt überragende zweite Mannschaft von Tagberg Gundelsdorf, 16 Ringe. „Es wäre schon frustrierend, wenn es wieder nicht klappt”, stellt die Sulzbacherin fest. Seit die Runde vorerst abgebrochen wurde, habe sie allerdings nichts mehr darüber gehört, ob, wie und wann sie fortgesetzt wird. „Wir lassen uns überraschen”, kommentiert sie und ergänzt: „Ich fiebere dem Tag entgegen, an dem wir wieder loslegen können.” Jenem Tag, an dem sie weiter an ihrer herausragenden Form arbeiten kann. Mit 392,7 Ringen - zum Rückrundenauftakt gegen Oberbernbach erzielte Pfaffenzeller 386 Ringe - ist sie Bestschützin der Rundenwettkämpfe im Gau Aichach. Dabei war sie zunächst skeptisch, im Mannschaftswettbewerb zu schießen. Mit zehn Jahren überzeugte sie ihr Vater Martin, selbst ein Adlerhorst-Schütze, das mit dem Schießen einmal zu versuchen. Was mit Oster- und Nikolausschießen begann, mündete in regelmäßiges Training mit Jugendleiterin Erna Oswald. Pfaffenzeller ist damals zwölf und findet das alles „ganz nett”, wie sie heute sagt. Mit dem Alter aber „hat es angefangen, richtig Spaß zu machen”, erinnert sich Pfaffenzeller. „Als ich anfing, mich selber dafür zu interessieren, als sich der Ehrgeiz entwickelte, besser zu werden, und ich etwas erreichen wollte.” Gefördert von Erna Oswald und ihrem Vater, den sie bald überflügelte, kam Pfaffenzeller in den Erwachsenenbereich. 2017 stieg sie mit Sulzbach 2 in die Gauoberliga B auf, war mit 381,80 Ringen im Schnitt treffsicherste Schützin der Gauliga-Gruppe. Der Liga-Neuling wird in der Saison darauf Dritter, Pfaffenzeller ist auf Rang zwei der ligabesten Schützen (383 Ringe im Schnitt). In der Runde 2018/19 gab sie ihr Debüt in der ersten Mannschaft. In der aktuellen Runde, ihrem zweiten Jahr in der Gauoberliga A, schießt die 21-Jährige an Position eins und trifft ligaweit am besten. Was sie dabei auszeichnet, ist ihre unwahrscheinliche Ruhe. „In der Schülerzeit war ich oft sehr aufgeregt vor Wettkämpfen”, verrät Pfaffenzeller. „Ich dachte nur: Mein Gott, jetzt sieht jeder, wie du geschossen hast.” Dass das heute anders ist, begründet die Sulzbacherin, die als kaufmännische Sachbearbeiterin in Schrobenhausen arbeitet, schlicht mit der Erfahrung. Ihre Ruhe spiegelt sich auch in ihrer Art zu schießen wider. Pfaffenzeller lässt sich Zeit. Sie schießt langsam - oder besser: bedächtig. „Es liegt vermutlich an meinem Charakter, auf Nummer sicher zu gehen, damit auch wirklich ein gutes Ergebnis rauskommt”, sagt sie. Selbst wenn ihr direkter Konkurrent ein Tempo vorlegt, als gebe jede Sekunde Restzeit Extrapunkte, „lasse ich mich nicht aus dem Konzept bringen”, stellt die 21-Jährige fest, die oft die komplette Zeit ausreizt. Freilich spitzelt sie mal auf das Ergebnis ihres Gegners, gibt sie zu, aber das beeinflusst sie keinesfalls. Ruhe, Routine - „und, wenn's mal gar nicht läuft,, durchatmen”, heißen die Faktoren, die Pfaffenzeller so stark machen. Sie weiß, wie sie stehen muss, sie weiß, wie sie feinjustiert, sie weiß, was sie kann. Unlängst wurde sie für ihre Leistung als Aichachs Sportlerin des Jahres ausgezeichnet. „Als auf dem Ball des Sports mein Name vorgelesen wurde, dachte ich nur: Oh, krass”, beschreibt sie den Moment, als sie vom Votum der Jury erfuhr. Es war allerdings ein anderer Augenblick an jenem Abend, der viel aussagt über den Zusammenhalt des Sulzbacher Quartetts und darüber, wieso Pfaffenzeller momentan trotz ihrer überragenden Leistungen nicht über einen Wechsel zu einem höherklassig schießenden Team nachdenkt. Es war der Augenblick, in dem Adlerhorst Sulzbach zur Mannschaft des Jahres gekürt wurde. „So eine Einzelauszeichnung erlebt man schon nicht alle Tage”, sagt Pfaffenzeller: „Aber als wir dann gemeinsam ausgezeichnet wurden - das war wirklich überwältigend.” Gefühle, wie sie Pfaffenzeller vermutlich auch verspüren wird, wenn sie ihr Gewehr aus dem Schrank befreit, ihre Schießkleidung anlegt und mit ihren Kollegen endlich die Sulzbacher Erfolgsgeschichte zu Ende schreibt. „Wir wollen klassisch Meister werden” Schießen fand sie anfangs „ganz nett”