Der Jahresrückblick 2023 der Aichacher Zeitung
Veröffentlicht am 31.01.2015 12:00

Mit 82 geht der Schmid Sepp in den Schiri-Ruhestand

Wenn er in Nostalgie schwelgt,   schaut sich Josef Schmid gerne die Zeitungsausschnitte der großen und wichtigen Spiele an, die er in seiner 58-jährigen Laufbahn gepfiffen hat.	Foto: Heribert Oberhauser (Foto: Heribert Oberhauser)
Wenn er in Nostalgie schwelgt, schaut sich Josef Schmid gerne die Zeitungsausschnitte der großen und wichtigen Spiele an, die er in seiner 58-jährigen Laufbahn gepfiffen hat. Foto: Heribert Oberhauser (Foto: Heribert Oberhauser)
Wenn er in Nostalgie schwelgt, schaut sich Josef Schmid gerne die Zeitungsausschnitte der großen und wichtigen Spiele an, die er in seiner 58-jährigen Laufbahn gepfiffen hat. Foto: Heribert Oberhauser (Foto: Heribert Oberhauser)
Wenn er in Nostalgie schwelgt, schaut sich Josef Schmid gerne die Zeitungsausschnitte der großen und wichtigen Spiele an, die er in seiner 58-jährigen Laufbahn gepfiffen hat. Foto: Heribert Oberhauser (Foto: Heribert Oberhauser)
Wenn er in Nostalgie schwelgt, schaut sich Josef Schmid gerne die Zeitungsausschnitte der großen und wichtigen Spiele an, die er in seiner 58-jährigen Laufbahn gepfiffen hat. Foto: Heribert Oberhauser (Foto: Heribert Oberhauser)

Es sind nicht körperliche Gebrechen, die Schmid zu diesem Schritt bewogen haben. Angesichts seiner 82 Jahre, für einen Schiri ein wahrlich biblisches Alter, ist er noch sehr gut beieinander. Seit er sich die Augen hat lasern lassen, liest er die Aichacher Zeitung wieder ohne Brille. Vielmehr haben ihn die technischen Errungenschaften zur Aufgabe einer bemerkenswerten Karriere gezwungen. Mit dem elektronischen Spielberichtsbogen, mit dem sich die Unparteiischen heutzutage auseinandersetzen müssen, kann Schmid nichts anfangen. Er hat, wie die meisten seiner Generation, keinen Computer zu Hause, geschweige denn ein Tablet oder ein Smartphone. Sein Enkel Valentin hat sich angeboten, dem Opa zu helfen. Aber das war dem dann der Aufwand zu groß. So hört Schmid auch wehmütig auf. Er macht kein Hehl daraus, dass er gerne noch eine Zeitlang Reserve- und Jugendspiele geleitet hätte. Das letzte „richtige” Punktspiel hat er kurz vor seinem „Achtzigsten” im August 2012 gepfiffen, Weilach gegen Gerolsbach 2 in der A-Klasse. Als passives Mitglied bleibt er den ostschwäbischen Referees aber erhalten.

Wenn Schmid zu Hause auf dem Küchentisch die Zeitungsausschnitte seiner großen Spiele vor sich liegen hat und von der Schiedsrichterei erzählt, dann ist alsbald von jenem Auftritt der Bayern am 3. Juni 1977 in Pipinsried die Rede. Es war der Höhepunkt in seiner Laufbahn, in der er bei 2000 Spielen aufgehört hat mitzuzählen. Schmid weiß alles noch so genau, als wär's gestern gewesen. Wie er sich beim FCP-Präsidenten Konrad Höß daheim in der Hausbar umgezogen hat (da der FCP damals noch kein Sportheim hatte, war für die Bayern das alte Feuerwehrhaus reserviert), wie er schnell zwei Elfmeter verhängte, die FCP-Torwart Erwin Will und Gerd Müller verwandelten, und wie er dem „Bomber der Nation” die gelbe Karte zeigte, als der eine Abseitsentscheidung von Linienrichter Max Stein anzweifelte. „Herr Müller, Sie sind verwarnt!” Diese Worte sind legendär. Am Ende siegten die Bayern (mit Dettmar Cramer als Trainer) vor 1500 Zuschauern 6:1.

Die Sechziger hat Schmid zwei Mal gepfiffen, in Hilgertshausen und Tandern, dazu Helmut Hallers letztes Spiel für den FC Augsburg in Hilgertshausen. Mit den Profis ist er prima ausgekommen. „Da gab's kaum Reklamationen”, blickt er zurück.

Das Wirken des gebürtigen Sielenbachers als Fußballer war überschaubar; als Bub hat er ein bisschen gebolzt, mehr nicht. 1957 hat er sich vom TSV-Vorsitzenden Franz Ullmann breitschlagen lassen, Schiedsrichter zu werden. Vom Lehrgang in jenem Jahr, zu dem sich acht Kandidaten angemeldet hatten, blieben außer ihm nur der spätere Obmann Simon Huber und der Aindlinger Walter Grimm, der immer zu den Spielen radelte, übrig.

Die Schiedsrichter waren damals eine noch rarere Spezies als heutzutage, ganze elf Mann umfasste die Gruppe Ostschwaben. Bis 1982 pfiff Schmid für seinen Heimatverein, ehe er nach Differenzen zum FC Laimering-Rieden wechselte, für den er inzwischen 32 Jahre die Einhaltung der Regeln überwacht.

Zehn Jahre hat Schmid in der Bezirksliga gepfiffen; das war in den „Siebzigern” die fünfthöchste Spielklasse. Als Linienrichter hat er es bis in die 2. Liga geschafft. Reich geworden ist er damit nicht. Als Assistent in einem Zweitligaspiel der Sechziger im Grünwalder Stadion bekam er 27 Mark.

Zwei Punktspiele hat Schmid abbrechen müssen, beide in der Bezirksliga. In Leitershofen zerriss ihm ein Spieler die rote Karte, die anfangs noch nicht aus Plastik war, beim zweiten Mal hatte ihn ein Kotterner, noch dazu ein Studenten-Nationalspieler, am „Krawattl”.

Obwohl er immer „auf Versöhnung” aus gewesen sei, charakterisiert Schmid sich selbst, sei er doch ein „harter Hund” gewesen. Nach der Devise „Ihr müsst es lernen” habe er bei den Jugendlichen noch strenger gepfiffen als bei den Erwachsenen. Versteckte Fouls haben ihn am meisten aufgeregt.

Widerwillig ist Schmid zu keinem Verein gefahren, dafür besonders gern in den Dachauer Raum, wo er einen viel besseren Ruf hatte als im Aichacher Gai. Deshalb sah ihn der dortige Spielleiter Birk auch für außergewöhnliche Einsätze vor. Wie dereinst Vierkirchen gegen Türk Dachau. Im Spiel zuvor hatte der Torhüter der Türken ein Messer aus dem Stutzen gezogen. „Da bin ich mit gemischten Gefühlen hin”, bekennt Schmid.

Für 50 Jahre Schiedsrichter hat Schmid vom Bayerischen Fußballverband die Ehrenmedaille in Gold erhalten, zum 80. Geburtstag wurde er vom Bayerischen Fernsehen für die Sendung „Wir in Bayern” nach München eingeladen. Pfeifen war sein Leben. In Griesbeckerzell hat er einmal zwei Jugendspiele hintereinander beaufsichtigt. „Der Huber Simon, unser Obmann, hat sich auf mich immer verlassen können”, sagt Schmid. Er hat auf seine Frau zählen können. Die hat sich um die beiden Söhne gekümmert, wenn er von Montag bis Samstag im Geschäft seines Bruders als Maurerpolier gearbeitet hat und am Sonntag zum Fußball verschwunden ist.

Die Spiele schaut sich Schmid heute natürlich immer noch unter dem Blickwinkel des Schiedsrichters an. Die Torkamera befürwortet er ebenso wie das Freistoßspray, und was die vielen Handelfmeter neuerdings angeht, sei die Mehrzahl unberechtigt, findet er.

Das in der Region nachlassende Interesse am Schiedsrichtern bedauert Schmid ausdrücklich. „Wenn der Obmann aus Wehringen kommt und der Vergnügungswart aus Rain, dann stimmt etwas nicht.” Er bewundert den Weilacher Sigi Strobl; was der alles mache, als Einteiler oder als Kassier. Gerade deshalb sieht er sich gewissermaßen verpflichtet, der Regelhüterzunft die Treue zu halten. Der fünf Jahre jüngere Aichacher Max Stein ist jetzt der älteste aktive Unparteiische der Gruppe.

Der Wunsch des Schmid Sepp wäre es, dass sein Enkel Valentin, 14, der bei den Klingener C-Junioren spielt, als Schiedsrichter in seine Fußstapfen tritt. Omas Begeisterung darüber hält sich in Grenzen. Zwei Spielabbrüche: Ein Fußballer zerriss die rote Karte, ein anderer hatte ihn am „Krawattl”


Von Heribert Oberhauser
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